Übelste antisemitische Facebookposts
37-Jähriger wegen Volksverhetzung zu 900 Euro Geldstrafe verurteilt
01.09.2015 / FULDA -
Wegen Volksverhetzung und Störung des öffentlichen Frieden durch Androhung von Straftaten wurde heute am Amtsgericht Fulda ein 37-Jähriger Arbeitsloser zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Es handelte sich um einen ebenso ungewöhnlichen wie abstoßenden Fall von übelster antisemitischer Hetze via Facebook. Der Angeklagte hatte gestanden, im Oktober 2014 in seinem allgemein öffentlich zugänglichen Account auf Facebook ein Schreiben verfasst zu haben, in dem er einer Frau Jennifer P., welche jüdischen Glaubens ist, den Tod durch das Giftgas „Zyklon B“ wünschte. In einer anschließenden Passage hatte der Angeklagte geschrieben: "6 Millionen zufriedener Kunden können nicht irren!", um damit zum Ausdruck zu bringen, dass er mit dem Mord der Nationalsozialisten an sechs Millionen Juden einverstanden sei. In einem weiteren Schreiben vom Januar 2015 veröffentlichte der Angeklagte wiederum in seinem allgemein öffentlich zugänglichen Facebook-Account einen Text, in dem er androht, in der Zukunft eine Vielzahl von „Untermenschen“ zu töten bzw. schwerst zu verletzen. Zur Anzeige gebracht wurden diese Einträge nicht von der mit dem Tod bedrohten, beschimpften und beleidigten Frau, sondern von einem besorgten Dritten.
Der nicht vorbestrafte Angeklagte, der auf einen Verteidiger verzichtet hatte, bekannte sich gleich zu Beginn der Verhandlung als schuldig. Die beiden Facebook-Eintragungen seien "selbst für meine Verhältnisse besonders bösartig" gewesen. Das sei durch nichts zu rechtfertigen und zu entschuldigen, er bedauere seine Einlassungen zutiefst. Zu seiner Entlastung beteuerte er dem Gericht, er sei weder Antisemit noch Rassist oder rechtsradikal. Stattdessen seien die Einträge durch vorhergehenden Alkoholkonsum und Selbsthass ausgelöst worden. Er sei nicht davon ausgegangen, dass irgendjemand das ernst nehmen werde. "Sehen Sie mich an: kein Mensch hat Angst vor mir, ich bin kein Terminator!"
Er könne selbst nicht glauben, dass er diese Texte geschrieben habe.
Richter Ulrich Jahn hielt dagegen, dass der Facebook-Account öffentlich zugänglich gewesen sei und mit einem martialischen Foto versehen war, auf dem ein Maskenmann mit einem großen Messer abgebildet war. "Niemand konnte wissen, dass dieser Eintrag angeblich harmlos gemeint war." Auch die angebliche Alkoholisierung des 37-Jährigen ließ Jahn nicht als Entlastung gelten, sondern wertete sie als Schutzbehauptung. In keinem der beiden Einträge sei auch nur ein einziger Tippfehler gewesen.
Staatsanwalt Greyer sah nach der Beweisaufnahme die Tatvorwürfe bestätigt. Für den Angeklagten spreche dessen Geständnis und die Tatsache, dass er nicht vorbestraft sei. Die verbale Radikalisierung sei tatsächlich dazu geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören und müsse mit einer erheblichen Geldstrafe sanktioniert werden. Er plädierte für 90 Tagessätze á 10 Euro.
Diesem Strafmaß schloss sich Richter Jahn in seinem Urteil an und wies eigens darauf hin, dass der Gesetzgeber für Eigentumsdelikte ein höheres Strafmaß vorsehe als für diesen Fall. Der 37-Jährige bedankte sich abschließend beim Gericht, er habe damit gerechnet, "ins Kittchen zu wandern". Er sei mit einem blauen Auge davon gekommen.
Die Verbreitung volksverhetzender Aussagen - ganz gleich, ob in der Öffentlichkeit oder im Internet ist nicht - wie offenbar viele der Verfasser irrtümlich glauben - vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. § 130 des Strafgesetzbuches sagt: "Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder 2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.+++ci/StGB