Festspiel-Stars im Portrait (19)

Da steckt Musik drin: Rudolf KRAUSE ist der Kraft der Sprache verfallen

Rudolf Krause, der in der „Komödie der Irrungen“ Balthasar, den Goldschmied, verkörpert, fühlt sich sehr wohl in Bad Hersfeld.
Fotos: Stefanie Harth

31.07.2015 / BAD HERSFELD - Zuerst verfiel er der Musik, genauer gesagt: einem Steinway-Flügel. Das Tasteninstrument in der Aula zog den jungen Schüler magisch an. „In den Pausen habe ich mich an den Flügel gesetzt und auf diesem ohne Noten – nur nach meinem Gehör – gespielt“, erinnert sich Rudolf Krause an seine Kindheit zurück, der in Dieter Wedels Inszenierung der „Komödie der Irrungen“ Balthasar, den Goldschmied, mimt. Als ihm seine Eltern auf Anraten seines Musiklehrers – „ein wundervoller Mensch, der mein Talent entdeckte und förderte“ – eine Elektro-Orgel schenkten, war es um den gebürtigen Karlsruher geschehen. „Ich hockte stundenlang davor.“

Es folgten ein Klavier und ein Engagement als Statist bei der Oper in Hannover. „Irgendwann, mit 16 oder 17 Jahren, stieg ich in die ‚Edelstatisterie‘ auf, ergatterte peu à peu kleinere Rollen“, sagt der Festspieldarsteller, der auch den Nicht-Theatergängern ein Begriff dank seiner Rolle als Hauptkommissar André Langner in der Krimi-Reihe „Unter Verdacht“ sein dürfte. „Ich habe auf der Bühne damals viel improvisiert, zudem war ich Mitglied in der Theater AG meiner Schule.“ Trotz seiner großen Liebe zur Musik, entschied sich Rudolf Krause für die Schauspielerei. Der Musik kehrte er dennoch nie vollends den Rücken: „Ich wirkte regelmäßig bei kleinen, freien Musikproduktionen mit.“ Auch bei der „Komödie der Irrungen“ wartet der 51-Jährige, der mittlerweile Berlin sein Zuhause nennt, mit einer kleinen Gesangseinlage auf. „Das bereitet mir einen Riesen-Spaß“, betont er.

Überhaupt hat Rudolf Krause, der sich in den letzten Jahren überwiegend dem Fernsehgeschäft widmete, seit seinem Engagement bei den Bad Hersfelder Festspielen wieder mehr Lust auf Theater, auf Literatur. „Die Theatersprache ist eine sehr kraftvolle, intensive Sprache. Sie steht ganz im Gegensatz zu unserer – oftmals verhuddelten – Alltagssprache, die den Gehalt der Worte nicht ganz zu fassen bekommt“, unterstreicht der Schauspieler, den es reizt, wieder mit der Kraft der Sprache, in der jede Menge Musik stecke, arbeiten zu dürfen. „Theater muss uns erwischen – wie die Musik –, indem die Sprache wiedergefunden wird.“

Erwischt – im positiven Sinne – haben ihn die Festspiele, die Stiftsruine und die Lullusstadt. „Als ich den gigantischen Innenraum des altehrwürdigen Gemäuers betrat, habe ich ordentlich geschluckt. In mir keimte sofort ein Gefühl von Lust und Freude auf, hier spielen zu dürfen. Die komplette Ruine vermittelt eine unnachahmliche Atmosphäre, aufnehmend und voller Geborgenheit“, sinniert Rudolf Krause, der zum ersten Mal bei den Bad Hersfelder Festspielen mitwirkt und bis dahin noch nie mit Dieter Wedel zusammengearbeitet hatte. „Die Zeit war stimmig, der Ort und die Arbeit waren gut.“

Vollends identifiziert hat sich der Berliner auch mit seiner Rolle des jüdischen Goldschmieds Balthasar. Eine Figur, die in einer islamistisch angehauchten Welt versucht, zu überleben und besonders darum bemüht ist, alles korrekt zu machen. Ein Konfliktschlichter, der in eine unangenehme Situation gerät und immer zwischen den Stühlen sitzt. „Wie er, bin ich persönlich nicht verrückt auf lautstarke Auseinandersetzungen – das stört mich“, sagt Rudolf Krause. „Mir ging es in der ‚Komödie der Irrungen‘ von Anfang an darum, den Menschen Balthasar zu zeigen, für den das Schlichten eine Überlebenstaktik ist.“

Neben dem Spiel in der Stiftsruine, genießt Rudolf Krause die wenigen Tage, die er noch in der Festspielstadt verweilt. „Ich fühle mich hier sehr wohl. Ich wohne in einem schönen Häuschen mit Garten, die Leute sind unglaublich nett.“ Als wohltuend empfindet er das Flair, das die Lullusstadt verströmt. Seine Lieblingsorte, der Stiftsbezirk und der Kurpark, strahlen seiner Meinung nach Harmonie und Ruhe pur aus. „Im Gegensatz zu Berlin, verläuft hier alles erheblich langsamer“, meint der Darsteller, der sich vorstellen könnte, im nächsten Jahr wieder Teil des Festspielensembles zu sein. „Entsprechende Gespräche laufen bereits“, verrät er.

Ab Montag – am Sonntagabend enden mit der „Komödie der Irrungen“ und der Verleihung des Zuschauerpreises die 65. Bad Hersfelder Festspiele – nimmt sich Rudolf Krause „ein bisschen frei“. Ende September heißt es für ihn: ab nach München. Bis in den Dezember hinein wird in der bayerischen Landeshauptstadt unter der Regie von Andreas Herzog eine Doppelfolge von „Unter Verdacht“ abgedreht. „Ich weiß noch nicht, was mich als Hauptkommissar André Langner dort erwarten wird“, erzählt er. „Ich bin mächtig gespannt auf das Thema, das herausgepickt wurde.“ Mit Sicherheit ein Thema, das sich stark am Alltag orientiert. Denn darin liegt für Rudolf Krause der Reiz des Fernsehens. (Stefanie Harth) +++

Harmonie und Ruhe: Einer seiner erklärten Lieblingsorte in der Festspielstadt ist der Stiftsbezirk.

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