Gütetermin am Landgericht

Meinung oder Werbung? Arztgemeinschaft klagt gegen Kollegen



15.07.2015 / FULDA - Vor dem Fuldaer Landgericht trafen sich am Mittwochvormittag Konkurrenten, die sich „eigentlich gut verstehen“, wie sie einander im Sitzungssaal V versicherten. Es geht um die Äußerungen eines bekannten Fuldaer Arztes, der sich - auf einer von ihm bezahlten Werbefläche in der örtlichen Zeitung – zur Situation der medizinischen Notwendigkeit und Qualität von Operationen geäußert hatte.



Er behauptete dort, „dass Ärzte, die nicht im reinen Anstellungsverhältnis im Krankenhaus arbeiten, immer der größten Versuchung unterlägen, durch mehr Operationen mehr zu verdienen“ und „dass es nicht selten Praxisärzte gibt, die an drei oder mehreren Krankenhäusern operieren, damit sie ihre Erlöse maximieren. Nach der Qualität dieser Versorgung fragt keiner“.

Die Klägerin, eine Praxisgemeinschaft, „führt durchaus Leistungen aus, die der Beklagte ebenfalls anbietet“, wie der Vorsitzende Richter Reinhard Rützel sagte. Er sieht den Beklagten in der Öffentlichkeit in erster Linie als Mediziner, weniger als Privatperson wahrgenommen. Die Kardinalfrage sei, ob der Angeklagte als ein konkurrierender Arzt eine solche Aussage treffen dürfe. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main habe eine Verletzung der hessischen Berufsordnung für Ärzte gesehen: Die Aussage sei eine unzulässige vergleichende Werbung.

Der Beklagte äußerte sich in diesem Gütetermin zur Sache. Er gab zu bedenken, dass die Fuldaer Kollegen von der Aussage nicht betroffen seien. „Meine Meinung, nach der Patienten zu oft und zu schnell operiert werden, wird auch von der Bundesregierung und Krankenkassen gestützt.“ Das sei keine Werbung, sondern Patientenaufklärung. „Meine Meinungsfreiheit lasse ich mir nicht beschneiden – und wenn ich bis zum Bundesverfassungsgericht muss“, kündigte er an.

Der die Klägerin vertretende Rechtsanwalt Dirk Hartmann erklärte: „Es geht nicht um ein Verbot der Meinung. Die Äußerung ist subjektiv verständlich, objektiv aber nicht zutreffend.“ Seine Mandantschaft sieht sich im Wettbewerb durch die Äußerung benachteiligt.

Da es am Mittwoch zu keiner gütlichen Einigung kam, wird der Zivilprozess fortgesetzt. (Anna Medlin)+++

Richter Reinhard Rützel

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