"Super emotionale Karriere" geht zu Ende
Fußball-Star Sebastian KEHL (35) über Zukunft, Privates und "seinen BVB" - VIDEO
Fotos (10): Christian P. Stadtfeld
20.06.2015 / TANN -
454 Profi-Pflichtspiele hat Sebastian Kehl absolviert, 33 Tore geschossen. Er ist schon jetzt eine Borussen-Legende. Einzigartig macht ihn seine persönliche, herzliche Art - ein besonderer Schatz, den ihm seine Eltern von der Rhön aus immer wieder mit auf den Weg gegeben haben. "Den Stallgeruch werde ich mein ganzes Leben behalten - und darüber bin ich ganz froh." Und sein Credo, sein Ehrgeiz, der "große innerliche Antrieb" haben ihm immer geholfen: "Wenn ich etwas anfange, beende ich es auch."
Stolz ist der 35-Jährige auf seine Karriere. Und das kann er auch: "Ich bin immer wieder zurückgekommen - auch in schwierigen Zeiten. Ich denke nur an meine Verletzungen. Ich hätte mir nie vorstellen können, deswegen aufzuhören - aus Überzeugung und von meinem Herzen aus." Die vielen Momente beim BVB, mit der Mannschaft, der National-Elf - es ist eigentlich unglaublich. Kehli - so nennen ihn die Fans - spricht von "Glück, Zufriedenheit und Stolz". Die Zeit Revue passieren lassen - dazu hatte Sebastian Kehl noch keine Zeit. "Seit dem verlorenen Finale in Berlin habe ich noch keine Ruhe und Zeit gefunden, mich mal zwei Stunden in den Sessel oder Garten mit einer Flasche Wein zu setzen, um zu überlegen, was passiert ist." Er ist aber sicher: "Dieser Moment wird kommen."
Sebastian Kehl lebt mit seiner Lebensgefährtin Tina Krüger und den beiden Kindern Luis (8) und Leni (5) in Dortmund. "Wir haben dort ein Haus gebaut, die Kinder sind dort geboren - wir fühlen uns in Dortmund sehr wohl." Wenn die Familie zusammen ist, sei das immer ein "toller Moment". In Lahrbach - "meiner Heimat" - kann ich Mensch sein und mich frei bewegen. Ein Auge hat der Fußball-Profi auch auf die heimischen Clubs: Borussia Fulda, TSV Lehnerz, SV Flieden.
Von einer "super emotionalen Karriere" spricht Kehl. "Es war alles dabei: Geschichten, wo es voll auf die Nuss gab, Ärger mit dem Schiedsrichter, Rote Karten, Fehlentscheidungen." Sicher hätte man den ein oder anderen Titel noch holen können - "aber ich weiß nicht, ob mich das glücklicher gemacht hätte". Aus voller Überzeugung sagt der 35-Jährige: "Ich habe das richtige Datum für meinen Abschied gewählt.
"Ich habe alles erlebt - von der Meisterschaft bis zur Fast-Insolvenz und dann wieder der Weg zum Champions-League-Finale." Das ist "echte Liebe" zu Dortmund. "Treue ist hier glaube ich das richtige Stichwort." Kehl ist Kompromisse eingegangen, nahm auch Gehaltsverzicht in Kauf: "Das waren harte Jahre. Die hohe Anerkennung habe ich mir in dieser Zeit verdient und erarbeitet. Der BVB und Dortmund haben mich ins Herz geschlossen und umgekehrt." Die Fans wird der 35-Jährige vermissen. "Vor allem der Abschied in der Südtribüne beim letzten Heimspiel war sehr emotional. Das werde ich nie vergessen."
ZUKUNFT
Jetzt geht es erstmal in den vierwöchigen USA-Urlaub mit den Kindern. "Wir verbringen das erste Mal so lange Zeit miteinander. Darauf freuen wir uns sehr." Dann kommt die Weltreise: Sebastian Kehl will durch einzelne Länder mit dem Rucksack ziehen. "Das habe ich schon lange im Kopf. Letztens habe ich ein Weltreise-Buch gefunden, das mir mein Freund Christian Meister zum 32. Geburtstag geschenkt hat. Er hat auf der ersten Seite meinen Wunsch festgehalten." Jetzt sei die richtige Zeit dafür gekommen, sich diesen Wunsch zu erfüllen.
"Ich möchte die Möglichkeit nutzen, um ein bisschen mehr über mich zu erfahren, aber auch die Kultur und die Menschen besser zu verstehen. Ich bin gespannt, was diese Reise mit mir machen wird und ob ich mit dem Alleinsein überhaupt klar komme." Was Kehl 2016 macht, steht noch nicht fest. Fakt ist: er will den Trainerschein machen. Sein soziales Engagement etwa beim regionalen Projekt "SMOG - Schule machen ohne Gewalt" oder "Schule ohne Rassismus" will der Promi weiterführen. "Ich nutze meinen Promi-Status hier aus, will Vorbild sein und Hilfestellungen leisten - auch in Zukunft."