NACHGEDACHT 126
Normal versus exzentrisch - Gedanken von Christina LEINWEBER
07.06.2015 / REGION -
Pauschalurlaub, Samstagsautoputz, Tatortsonntag, Kartoffelsalat am Heiligabend. Klingt normal. Macht doch jeder! Irgendwann kommt die Zeit, in der wir tun, was jeder tut. Was die Mehrheit macht. Was ganz normal ist. Ich bin gerade in genau dem Alter, in dem ich mich frage, wo aber all die Exzentrik aus meiner Schul- und Studentenzeit hin ist. Ich meine mit exzentrisch, anders sein zu wollen und gegen den Strom zu schwimmen. Eben bloß nicht normal sein! – Das war in meiner Schulzeit der größte Wunsch für das Erwachsenenalter: Niemals sein wie alle anderen.
Geht wirklich alle Exzentrik in einem Einheitsbrei an Normalität im Laufe des Lebens baden?! Woran liegt das? Wann entscheiden wir uns dazu, Außergewöhnliches - vielleicht auch Verrücktes - sein zu lassen? Ein Grund könnte sein, dass mit dem Eintritt in die Welt der Erwachsenen – und das ist ganz häufig die Arbeitswelt – der jugendliche „Leichtsinn“ verloren geht. Die Arbeitswelt fordert von uns ein hohes Maß an Verantwortung. Sie ist eine neue Variable im Leben, die auch auf unser Wesen Einfluss nimmt.
Außerdem fordert die Gesellschaft von uns Uniformität. Ein jugendlicher Paradiesvogel wird vielleicht noch belächelt, aber ein erwachsener Paradiesvogel wird nicht ernst genommen. Mit „Normal-Sein“ kommt man wahrscheinlich besser durchs Leben. Aber auch glücklicher? Bedeutet Normalität vielleicht die Abwesenheit von Glück, wenn sich die Jugendlichen doch so sehr davor fürchten? Ich denke nicht: Nur weil etwas normal ist, heißt es nicht, dass es nicht enorm glücklich machen kann. Ich freue mich sonntags immer sehr auf den Tatort. Genauso wie auf den Kartoffelsalat nach Omas Rezept.
Es hängt doch viel mehr immer davon ab, welchen Wert wir unserem Leben und unseren Handlungen zuschreiben. Selbst wenn jeder es macht, macht es doch Spaß?! Normal muss nicht immer schlecht bedeuten. Und ab und zu einmal exzentrisch sein und gegen den Strom schwimmen, ist doch viel spannender, wenn es nicht Normalität ist (Christina Leinweber). +++