Die Frau mit der Erdbeere auf dem Dach
Bei Eva SACHS kommt zuerst der Spargel und danach die süßen Früchtchen

06.05.2015 / PETERSBERG - Erst kommen die Spargel, dann die Erdbeeren. Wenn Eva Sachs den März hinter sich hat, wird sie schon ganz nervös. Dann dauert es nicht mehr lange, bis ihr Chef Wolfgang Würfl sie anruft und den frischen Spargel aus der Gegend um Lieblos bei Gelnhausen anbietet – und das grüne Verkaufshäuschen am Eingang zur Alten Ziegelei in Petersberg aufstellen lässt. Die 55-Jährige aus Stöckels macht das schon seit 23 Jahren mit– und Spaß hat sie noch immer dran.
Heute morgen läuft das Geschäft eher schleppend an. „Montags“,sagt sie, „montags dauert es immer ein bisschen, die meisten haben sich ja am Wochenende eingedeckt“. Zeit, sich in eine Ecke der Hütte, gut getarnt hinter Erdbeemarmeladengläsern, zurückzuziehen und sich schnell mal einem Sudoku-Rätsel zu widmen, bis der nächste Kunde kommt. „Was kostet der Spargel?“ ist trotz eines großen Preisschildes direkt vor den Plastikkisten mit den begehrten Stangen, die Standardfrage zu jeder Tageszeit. Eva Sachs gibt bereitwillig Auskunft. 10,90 Euro muss der Liebhaber des zarten Gemüses schon auf die Theke legen – für ein Kilo. Kein schlechter Preis.
Man sieht der Stöckelserin an, dass ihr die Arbeit Spaß macht, zumal jetzt in der Spargelphase die Öffnungszeiten noch familienverträglich sind. Raus muss Eva Sachs dennoch jeden Morgen um halbfünf: Zehn Kühe stehen im Stall der Nebenwerwerbs-Landwirtschaft, die sie mit ihrem Mann managt – und eine Ziege. Die wollen allesamt morgens schon gefüttert, gemisted und wenn das Wetter es zulässt, auf die Weide getrieben sein. Dann erst sind die Spargel an der Reihe.
Daran ist heute am Verkaufshäuschen in der Alten Ziegelei in Petersberg noch nicht zu denken. Ein älteres Paar kommt vorbeigeschlendert, hat für Spargel keine Augen, der Blick geht Richtung Erdbeeren. „Die gucken nur“ sagt Eva Sachs. Und so ist es. Nach einigen Minuten trollen sich die beiden. Zu teuer. Eva Sachs kennt ihre Pappenheimer. Auch die Stammkunden, die teilweise schon seit 20 Jahren zu ihr kommen. Bis mitte Mai wegen des Spargels. Und von da an bis zum Ende der Erdbeer-Saison Mitte/Ende Juni. Und dann erst prangt auf dem Dach ihrer Hütte die große rote Erdbeere, die weithin sichtbar macht: Hier gibt’s was Leckeres auf die Hand.
In zwei Jahren hat Eva Sachs Silbernes bei Spargel und Erdbeern. Die 25 Jahre will sie auf jeden Fall noch vollmachen. Und danach vielleicht rund um die Uhr das sein, was sie jetzt schon außerhalb der Spargel- und Erdbeersaison ist: Hausfrau, Nebenerwerbsbäurin und Oma.(Thomas Witzel)+++