Die Wut-Alten machen Alters-Mut
Benefizveranstaltung mit dem Kabarett „Kabbaratz“
Fotos: Gudrun Schmidl
27.04.2015 / SCHENKLENGSFELD -
„Kann man auf diesen Stühlen nach einer Hüft-OP gut sitzen? Ist die steile Treppe vor dem Bürgerhaus mit einem Rollator oder sogar einem Rollstuhl zu bewältigen“? Diesen Fragen mussten sich über 140 Besucher stellen, die am Sonntag der Einladung des DRK-Ortsvereins Schenklengsfeld zur Benefizveranstaltung mit dem Darmstädter Kabarett-Duo „Kabbaratz“ gefolgt sind. Die Antwort hatten Evelyn Wendler und Peter Jörg Hoffmann natürlich parat: „Schenklengsfeld ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und somit altenfeindlich“!
Gudrun Ernst, der Vorsitzenden des Ortsvereins, ist es gelungen, das Duo mit ihrem Anliegen zu überzeugen. Einmal im Jahr stellen sich die beiden, die schon in Montana und Mineapolis, in Moskau und Minsk mit ihren Programmen begeisterten, in den Dienst der guten Sache. Vor allem bei Projekten, die keine große Lobby haben. Dazu gehört auch die Ausbildung der Therapiehundeteams, die in Schenklengsfeld erfolgreich durchgeführt wird und natürlich auch Geld kostet. Durch ihre Besuche in Kindergärten, Schulen, Behinderteneinrichtungen und vor allen Dingen in Pflegeheimen ermöglichen die Therapiehundeteams vielen Menschen den wohltuenden Kontakt mit den Hunden.
Für die weitere Arbeit mit den Therapiehunden, aber auch für das Publikum, das sich von dem Programm „Mach´s gut Alter! – denn die anderen werden immer jünger“ schnell begeistern ließ. Sie folgten den beiden auf dem Weg vom Schnuller zum Rollator mit lautem Gelächter und immer wieder Zwischenapplaus, wurden dabei bestens unterhalten und mit vielen Wahrheiten konfrontiert. Früher war alles besser? Von wegen. Die Navigationsgeräte hießen Beifahrer. Die Welt war lokalisiert. Wenn ein Verliebter versprach - für dich gehe ich bis ans Ende der Welt – war Eiterfeld gemeint. Kommunikativ war jeder isoliert, man erfuhr nicht, dass der Partner vor der H-Milch im Aldi stand. Es gab kein „Deutschland sucht den Superstar – und somit auch keine Vorbilder.
Witzige Solobeiträge mit hoher Pointendichte von Evelyn Wendler und Peter Jörg Hoffmann wechselten mit genialen Sketchen. Wenn das Duo die Zukunft ihrer Tochter Johanna, die in Südamerika auf der Suche nach sich selbst von Dünnschiss geplagt wird, akribisch verplant, ist Lacher auf Lacher garantiert. Die Frage nach altersgemäßer Kleidung endet nahezu in der Beziehungskatastrophe. „Der Säugling trägt einen Strampler, der frisch Verstorbene ein Leichenhemd, dazwischen ist viel möglich“. In diesem Programm geht es um die Vergangenheit der Älteren, die Zukunft der Jüngeren und die allen gemeinsame Zeit der Gegenwart. „Kann ich als Ältere überhaupt vom Jung sein reden“? fragt Evelyn Wendler und nennt einen Vergleich. „Kann man von Hunger reden, wenn man satt ist“?
Mit ihrer Gesangseinlage brachten die beiden „streitbaren Alten“ das Bürgerhaus endgültig zum Kochen. „Auf Leute am Stock habt ihr keinen Bock. Wir sind alt, aber nicht depp – das ist der Rollator-Rap“. Mit einigen Gedächtnislücken, mit der Drohung, dass sie an der Supermarktkasse mit ganz viel Münzgeld vor uns stehen und dem Ansinnen, dass sie ihren Fernseher soooo laut stellen, dass sie ihre nervenden Nachbarn nicht mehr hören können. Die beiden Kabarettisten im besten Alter bewiesen gut eineinhalb Stunden lang eindrücklich, dass die „Alten“ immer noch Zähne zeigen können: „Wir müssen sie nur aus dem Glas holen“. (Gudrun Schmidl) +++