„Literatur-Woodstock“
Schriftsteller aus der Region lesen für einen guten Zweck
Fotos: Gudrun Schmidl
24.04.2015 / SCHENKLENGSFELD -
Der Termin am gestrigen Welttag des Buches war gut gewählt. Die Gemeinde- und Schulbibliothek in der Gesamtschule Schenklengsfeld bot den passenden Rahmen für eine Lesung, an der sieben Autorinnen und Autoren aus Bad Hersfeld, Rotenburg, Haunetal, Eitra und Wildeck teilnahmen. Tatjana Kröger aus Wildeck ist Literaturwissenschaftlerin und arbeitet als Vertretungslehrerin an der Blumenstein-Schule in Obersuhl und der Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld. Sie war maßgeblich an der Organisation und Durchführung dieser Veranstaltung beteiligt, die nach den Worten von Bürgermeister Stefan Gensler „für Schenklengsfeld nicht alltäglich ist“.
Tatjana Kröger gehörte aber auch zu den Autorinnen und las aus ihrem Buch „Das Jahr des Tigers“, das von ihrer achtmonatigen Solo-Überlandreise von Lissabon nach Singapur und zurück durch 32 Länder erzählt. Sie konzentrierte sich an diesem Abend auf die Erlebnisse in der Mongolei, mit 2,5 Millionen Einwohnern das am dünnsten besiedelte Land der Welt. Ein Land, sechs Mal so groß wie Deutschland, in dem die vollkommene Stille hörbar ist. Heidi Stenzel, die sich inzwischen auf das Schreiben von Krimis konzentriert, musste ihre Teilnahme krankheitsbedingt absagen. Tatjana Kröger las die von der Autorin ausgewählten Textpassagen aus „Gefangen im World Wide Web“ und machte damit auf das neueste Werk ihrer Schreibkollegin neugierig.
Ebenfalls in Wildeck zuhause ist Harald Weber, der als Bibliothekar an der Universitätsbibliothek in Kassel arbeitet, seit 25 Jahren seine Kurzgeschichten überwiegend im Internet veröffentlicht und nun an seinem ersten spannenden und rasant erzählten Fantasy-Abenteuer mit dem Titel „Agentin für Loki“ arbeitet. Rund fünfzig Literaturinteressierte konnten sich an diesem Abend davon überzeugen, wie viel schriftstellerisches Talent in unserer Region vorhanden ist. Da war für jeden Geschmack etwas dabei. Marlies Eifert verbrachte ihre Grundschulzeit in Eitra. „An meinen ersten Schultag vor ungefähr 70 Jahren erinnere ich mich überhaupt nicht“. Einige Schulstunden dagegen sind fest im Gedächtnis verankert, beteuert die Autorin und erzählt, dass Kriegsende, Besatzung und Vertreibung kein Gefühl von Unsicherheit und Verlorenheit bei ihr ausgelöst haben.
Frank Witzel aus Haunetal-Stärklos ist promovierter Germanist. Er arbeitet als Internet-Redakteur in der Pressestelle der Universität Göttingen. Zu Beginn seiner Lesung bekannte er sich als Stotterer. Wissend, dass das Lesen vor Publikum besondere Probleme bereitet, hat er seinen Lesebeitrag aus seinem ersten Roman „Rock, Rinder und die Posaunen der Poesie“ auf Band gesprochen und abgespielt. Das tat der Begeisterung über seine sprachgewaltige, leidenschaftliche und humorvolle fiktive Autobiographie keinen Abbruch, zumal die Lesung ein wahrer Hörgenuss war.
Lena schrieb das Buch gemeinsam mit ihrer Mutter Stefanie, aus Leidenschaft fürs Lesen und Schreiben und nicht zuletzt, um eine Krankheit zu verarbeiten, an der die sie gelitten hat. Beate Gliem aus Wildeck-Obersuhl übernahm charmant die Moderation, würzte diese mit passenden Zitaten und stellte kenntnisreich und ausführlich die teilnehmenden Autorinnen und Autoren und ihre Werke vor. Leider fehlte auch der angekündigte Schenklengsfelder Kriminologe, Historiker und Schriftsteller Dieter Schenk. Die Autorinnen und Autoren begeisterten nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Sie lasen für einen guten Zweck. Die Einnahmen werden für die Anschaffung neuer Literatur für die Schenklengsfelder Bibliothek verwendet.
Für diesen Zweck spendete auch der Hörgeräteakustik- und Augenoptikermeister Ullrich Gerlach großherzig. Er überreichte im Rahmen der Veranstaltung einen Scheck in Höhe von 500 Euro aus Anlass des 25-jährigen Bestehens seines Geschäftes „Optik-Akustik Gerlach“. Gut angelegtes Geld, von dem lesebegeisterte Bürgerinnen und Bürger und Schülerinnen und Schüler gleichermaßen profitieren. (Gudrun Schmidl) +++