Geist der Vergangenheit lebt

Saisonauftakt in Schloss Fasanerie - Südflügel nach Restaurierung in altem Glanz

Die Tapete mit mehrschichtigem Druck war im 19. Jahrhundert eine Innovation - Sie wurde aufwändig restauriert

02.04.2015 / EICHENZELL - In neuem Glanz, aber nicht einfach grob übermalt erstrahlt der Südflügel von Schloss Fasanerie. Ein Jahr lang war er geschlossen und für die Besucher unzugänglich. Umso größer ist jetzt sicherlich der Nachholbedarf, schließlich gibt es viel zu sehen. Stattliche 1,2 Millionen Euro sind in die umfangreichen Sanierungsarbeiten geflossen und das hat sich nach Museumsdirektor Dr. Markus Miller definitiv gelohnt.

Ein Rundgang durch die neun sanierten Räume offenbart die vielen Schönheiten des Schlosses, die einen direkt ins 18. Jahrhundert zurückversetzen. Dabei bleiben viele Arbeiten, die zum stimmigen Gesamtauftritt beitragen, den Besuchern verborgen. „Wir haben vom Dachstuhl bis zum Fußboden saniert“, erklärt Dr. Miller gegenüber OSTHESSEN|NEWS. Das war auch dringend nötig, denn die Deckenbalken waren von Hausschwamm befallen. Die Elektrik war ebenfalls mehr als überholt – teilweise lagen noch alte Kabel mit Textilhülle in den Wänden. Neben der Elektronik wurde auch das Sicherheitssystem erneuert. Nun sind Bewegungsmelder kaum erkennbar in das Gesamtbild eingefügt und stören das Auge nicht.



Das hat schließlich viel Besseres zu tun. Neben den versteckten Veränderungen erstrahlen die sichtbaren Bereiche nun ebenfalls in altem Glanz. Durch die „vorsichtige Sanierung“, die der Südflügel erfahren hat, ist ein Großteil der ursprünglichen Materialien erhalten geblieben. Der Südflügel wurde somit eher zurück zu seinem Ursprungszustand geführt als neu herausgeputzt zu werden – eine wichtige Maßnahme, da das Museum dadurch seinen besonderen Charakter behält. „Man fühlt sich hier so, als hätte der Landgraf gerade den Raum verlassen“, sagt Miller mit einem Lächeln.


Revolutionäre Wandgestaltung sorgfältig wieder hergestellt


Die aufwändigen Textilbehänge hatten mit der Zeit teils erheblichen Schäden genommen. So ist die Tapete im Musikzimmer eine der frühesten Tapeten aus dem 19. Jahrhundert. Damals war sie revolutionär, denn sie war eine der ersten nicht-textilen Wandgestaltungen, die schichtweise gedruckt statt gemalt wurde. So konnten ganze Serien erstellt werden. Die besondere Tapete in Schloss Fasanerie hatte jedoch bereits einen großen Riss und andere Beschädigungen. Sie kostete die Fachleute eine Menge Arbeit.

Im Philippsruhe Zimmer, welches direkt an das Musikzimmer angrenzt, wurden ebenfalls Wände und Decke saniert. Hier hielt aber auch der technische Fortschritt Einzug. Kaum erkennbare LED-Leuchten verstärken den Glanz der Glasprismen des Kronleuchters und setzen zudem die Gemälde ganz neu in Szene. Die LEDs erzeugen nun das Licht, das früher Kerzen erzeugten, die ebenfalls noch am Leuchter sind und nicht durch elektrische Kerzen ausgetauscht wurden.

Eine Wandbespannung aus Damast wurde von den Textilrestauratoren behutsam wieder hergestellt. Bestehende Fäden wurden dazu neu geordnet und kaum sichtbar mit speziell gefärbten zusätzlichen Fäden verstärkt. Hier wurde nichts ersetzt.



Um möglichst nah an den Originalzustand heranzukommen, hat sich die Leitung von Schloss Fasanerie zu einem großen Schritt bei der Wandgestaltung einer kleinen Kammer entschlossen. Hier zierte die Wände bis vor der Restaurierung ein Wandbehang in einem Goldton. Dieser, soviel war bekannt, hatte aber ursprünglich einen Grünton. Daher ließ man die originale, grünen Wandbespannung von einer Spezialfirma in Italien – bis auf die moderne Berechnung mit original Webtechnik aus dem 18. Jahrhundert - nachweben.

Die Fußböden, die teils von groben Fugen durchzogen waren, die über die Jahre gewachsen waren, wurden nicht einfach abgeschliffen. Ungewollte Zwischenräume wurden von den Profis ausgebessert und der Boden komplett behandelt und gewachst, so dass er seinem Ursprungszustand angenähert daherkommt, anstatt aufpoliert auszusehen.



Die Holzschränke der Bibliothek schließlich waren bereits von Schimmel angegriffen worden, der neben der Substanz der Schränke auch die Ledereinbände der Bücher bedrohte. Daher wurden auch sie komplett saniert.

Auch von außen zeigt sich die Veränderung erkennbar. So präsentiert sich der Südflügel nun, pünktlich zum Saisonstart, wieder in strahlendem weiß, wie schon im 17. Jahrhundert. Besonders gelegen war Dr. Miller an der Sanierung des Ehrenhofs. Bereits bei seinem Dienstantritt sei dieser sanierungsbedürftig gewesen. Nun ist er wieder wunderschön gepflastert und das vor allem ebenmäßig. Die wilde Pflasterung, die charakteristisch war, ist erhalten geblieben, lediglich der mittlere Streifen als Zufahrt wurde etwas enger gepflastert, um Besuchern mit Rollstuhl oder Rollator den Zugang zu erleichtern. Schließlich sollen sie das Museum, wie auch die vielen geplanten kulturellen Veranstaltungen der noch jungen Saison möglichst problemlos erreichen können.

Nach dem Südflügel wird nun der Nordflügel restauriert und wird daher in diesem Jahr auch nicht zugänglich sein. Ebenfalls 1,2 Millionen an Fördergeldern sind davor bereits im Topf – ein Einsatz, der sich lohnt. Weitere Informationen unter: www.schloss-fasanerie.de (Sabrina Ilona Teufel)+++

X