Idee passt, Finanzierung nicht
Hotel ENGEL insolvent - "Wir brauchen mehr Luft - das Konzept funktioniert"
Fotos: Julius Böhm
26.03.2015 / HILDERS -
So richtig normal und funktionell ist das Hotel Engel in Hilders (Landkreis Fulda) nicht. Das Haus ist sehr verschachtelt, es gibt keinen Aufzug und die Zimmer sind alle sehr verschieden, mit Ecken und Kanten, wo sie laut Lehrbüchern von Architekten sicher nicht hingehören. Genau das ist es aber, was den "LeistStyle" 518 Meter über dem Alltag ausmachen soll. "Unser Hotel ist nicht perfekt. Das soll es auch nicht sein, denn die kleinen Kompromisse, die Besonderheiten machen unser Konzept ehrlich und symphatisch", ist sich Geschäftsführer Björn Leist (37) sicher, der das Hotel samt Metzgerei und Gaststube mit seinem Bruder Bastian (33) leitet.
Die Idee des Unternehmes lautet: alles regional, alles aus einer Hand
Die Gäste können zwischen vier verschiedenen Zimmerkategorien und drei Restaurants samt Metzgerei wählen. "Hier ist es noch wie früher. Unsere Gäste können den Ochsen auf der Weide stehen sehen und Rhöner Spezialitäten von gut bürgerlich bis exquisit genießen. Das ist eine große Bandbreite - jeder kann seinen Wunschaufenthalt nach dem Baukastenprinzip zusammenstellen." Kleinigkeiten aus dem eigenen Haus runden das Gesamtbild ab - so werden vergoldete Knochen aus der Metzgerei als Deko verwendet und dienen als Schlüsselanhänger für die Zimmerschlüssel. Über die Nachfrage könne er sich nicht beklagen. Eine Jahresauslastung von über 40 Prozent sei für Hilders äußerst passabel. Lediglich die Altlasten vom Umbau belasten das operative Geschäft.
"Image der Rhön existiert nicht"
Auch fühlt sich der Koch und Hotelier von der Region etwas allein gelassen. "Viele Hotels machen ein eigenes Marketing. Viel besser wäre eine gebündelte Variante für die gesamte Region Rhön. Wenn erst einmal mehr Gäste kommen, braucht man sie sich nur noch herauspicken", sagt der 37-Jährige. In seinen Augen habe die Rhön kein richtiges Image. "Mit dem Schwarzwald, dem Harz oder Tirol verbindet man etwas - mit der Rhön zu wenig. Viele Leute wissen nicht, dass man hier nicht nur wandern kann, sondern die Region auch Vieles mehr bietet. Momentan kommen die Gäste für zwei oder drei Tage. Es gibt aber genug zu entdecken, um eine ganze Woche in der Rhön zu bleiben." Man sei nicht auf die Hilfe einer Dachmarke angewiesen, jedoch müsste man dann nicht mehr so viel "strampeln".
Der Hotel-, Restaurants- und Metzgereibetrieb werde im Augenblick ganz normal weitergehen. "Unsere 19 Mitarbeiter sollen sich keine Sorgen machen. Wir wollen unserer Idee unbedingt weiterführen, weil sie funktioniert." Das Haus ist bis zum Ende des Jahres gut ausgelastet. Vorschläge zur Weiterentwicklung gibt es auch schon. Die Brüder Leist arbeiten an einer Dachterrasse und einem Außenbereich für die Gäste. Bleibt nur die Frage, ob die Geldgeber den nötigen Spielraum für die Investitionen gewähren. (Julius Böhm) +++