NACHGEDACHT 106
„Leben wir in der besten aller möglichen Welten?“ - Gedanken von Christina LEINWEBER
18.01.2015 / REGION -
Warum sind die Menschen böse und nicht nur gut? Die Frage „Warum gibt es das Böse?“ ist besonders jetzt - angesichts von Terror und Gewalt in der Welt - aktuell. Und wie passt Gottfried Wilhem Leibniz´ These „Wir leben in der besten aller möglichen Welten.“ dazu? Viele Fragen und die Antworten darauf werfen neue Fragen auf. Es gibt zwei Begründungsmodelle, die ich ihnen nur ansatzhaft vorstellen möchte, denn um die Gänze dieser Theorien zu verstehen, bedürfte es mehr als ein paar Zeilen.
Die Theologie spricht von „free will defense“, wenn sie erklären möchte, dass Gott uns frei geschaffen hat. Der Mensch kann sich gegen oder für Gott entscheiden. Er kann also in gutem Sinne handeln und sich quasi für das Göttliche, das Gute, entscheiden, oder er entscheidet sich dafür, schlechte Handlungen zu vollziehen. Schlechte Handlungen sind demnach von Gott nicht gewollte Freiheitsverfehlungen. Natürlich möchte er, dass wir in seinem Sinnen handeln. Wie das allerdings von uns ausgelegt wird, ist wieder eine Sache der Freiheit und muss nicht immer richtig sein. Man bedenke: Nicht alle Religionen haben das gleiche Verständnis von Gott.
Leibniz´ These wurde natürlich kritisiert, besonders, da er behauptete, dass das Böse in der Welt sei, um das Gute zu erkennen. Das stimmt zwar, aber wir brauchen doch nicht wirklich immer das Böse, um das Gute wirklich anzuerkennen?! Wie kann man dann behaupten, dass unsere Welt dennoch so in Ordnung ist, dass unsere Welt nicht dem Untergang geweiht ist, sondern mit ihren zwei Seiten – böse und gut – existenzielle Berechtigung hat?
Die „free will defense“ erfährt noch eine Konkretisierung in der „natural law defense“, die auf Leibniz fußt. Nicht wörtlich übersetzt heißt sie auch „Keine-bessere-Welt-Hypothese“. Hier geht es mehr um die Legitimation der Naturgesetze der Welt. Grundsatz der Theorie ist, dass die Naturgesetze Freiheit ermöglichen müssen und sie deswegen notwendig sind. Sie müssen immer gleich sein. Ein Beispiel: Ich kann niemanden vor dem Ertrinken retten, wenn sich die Naturgesetze in diesem Moment willkürlich ändern würden, indem beispielsweise das Wasser seinen Aggregatzustand plötzlich in Eis verwandeln würde. Weitergehend ist eine plausible Erklärung für diese Theorie, dass alle Naturgesetze zur Entstehung des Menschen geführt haben, demnach ist auch nur eine Veränderung der Gesetze unmöglich. Zusammenfassend: Die Welt funktioniert nach den richtigen Gesetzen.
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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - hat inzwischen ihr 1. Staatsexamen in der Tasche und ist seit Anfang November 2013 im Schuldienst des Landes Hessen. Ihre Tätigkeit als Kolumnistin bei osthessen-news.de möchte sie auch in Zukunft fortsetzen. Sie selbst bezeichnet sich als liberal-theologisch und kommentiert (seit 106 Wochen) in der Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++