„Telefonjoker“ gegen Sprachbarrieren
Gärtnerei HARTMANN gibt syrischen Flüchtlingen eine Chance
12.01.2015 / FULDA -
„Internationalität“, sagt Wilhelm Hartmann, „ist für uns völlig normal.“ Menschen unterschiedlicher Herkunft und Nationalitäten gibt der Inhaber der Gärtnerei Hartman gerne die Chance, in seinem Betrieb Wurzeln zu schlagen. Ob Ukraine, Algerien oder Syrien – für den 41-Jährigen ist es nicht ausschlaggebend, woher jemand kommt, sondern welche inneren Werte er mitbringt. „Loyalität, Zuverlässigkeit und die Motivation müssen stimmen“, weiß Hartmann aus seiner über 20-jährigen Erfahrung als Firmenchef. „Alles andere kann man lernen.“ Selbst Sprachbarrieren lassen sich mit der entsprechenden Einstellung, etwas Flexibilität und der modernen Technik überwinden, wie der 41-Jährige jüngst feststellen durfte. Ein „Telefonjoker“ ist derzeit Hartmanns As im Ärmel! Der Joker heißt Daméa Mekhael. Die Syrerin lebt seit geraumer Zeit in Bad Brückenau, ist der deutschen Sprache mächtig und schlägt seit Oktober per Telefon die sprachliche Brücke zwischen den Mitarbeitern des Gärtnereibetriebes und ihren beiden Schwägern Vanis Malki (52) und Viken Malke (45).
Die Brüder sind mit Frau und Kindern vor elf Monaten aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. Seit Oktober letzten Jahres arbeiten sie für Wilhelm Hartmann. „Einen Monat lang waren beide auf 450- Euro-Basis tätig. Inzwischen arbeiten sie halbtags im Winterdienst“, erläutert der Firmenchef. Mit den vergleichsweise einfachen Winterdiensttätigkeiten sind Vanis Malki, der in seiner Heimat als Bauingenieur gearbeitet hat, und dessen Bruder Viken, gelernter Installateur, eigentlich nicht ausreichend gefordert. Dennoch sind die Brüder sehr zufrieden und vor allem dankbar dafür, überhaupt arbeiten zu dürfen, und ihren Teil zur Sicherung des Lebensunterhaltes der insgesamt 10-köpfigen Familie beitragen zu können.
Für Hartmann und dessen Organisatorischen Leiter Frank Himmel sind die Syrer und der nicht alltägliche „Telefonjoker“ ein Glücksgriff. „Ich kann Frau Mekhael sogar morgens um 4.30 Uhr anrufen und sie übersetzt ganz geduldig“, erzählt Frank Himmel. Geduld brauchen alle Beteiligten, denn wenn man „Internationalität“ leben will, braucht es unter anderem Zeit für den Spracherwerb. „Hier sind nicht nur Sprachkurse nötig, sondern auch die Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, sich Zeit zu nehmen, um Begriffe zu erklären und zu wiederholen“, weiß Frank Himmel. Die Malki-Brüder haben bereits einen Sprachkurs bei Anette Wiederhold absolviert, die Deutsch als Fremdsprache an der Volkshochschule des Landkreises Fulda unterrichtet. Sie war es auch, die den Kontakt zwischen den Brüdern und Wilhelm Hartmann hergestellt hat.
Für Dr. Heiko Wingenfeld (CDU), der im Rahmen seiner Oberbürgermeisterkandidatschaft den Fuldaer Betrieb besucht hat, ist das sozial engagierte Unternehmen ein Vorzeigebeispiel für gegenseitiges Verständnis, Respekt und Toleranz. „Trotz aller Schwierigkeiten werden hier die Chancen und Potenziale ausländischer Mitarbeiter gesehen“, freut sich der OB-Kandidat. „Auch wenn es schon eine Vielfalt von Sprachkursen gibt, werden wir uns von politischer Seite noch mehr kümmern müssen.“ So seien beispielsweise schnelle und unkomplizierte Hilfen bei sprachlich bedingten Problemsituationen ebenso notwendig wie Sprachkursangebote, die gut mit den Arbeitszeiten zu vereinbaren seien. „Die Chancen“, so Dr. Wingenfeld, „können nur genutzt werden, wenn die Unternehmen auch praktische Unterstützung von der öffentlichen Hand bekommen.“+++