NACHGEDACHT 101

Neue Weihnachtsbräuche ? - Gedanken von Christina LEINWEBER



14.12.2014 / REGION - Beim jüdischen Pessachfest gibt es den Brauch, einen Platz für eine zusätzliche Person mehr zu decken, die aber wahrscheinlich nicht als Gast beim Essen dabei sein wird. Die Juden decken zu ihrem Hochfest, bei dem feierlich an den Auszug der Israeliten aus Ägypten erinnert wird, einen Platz mehr für den alttestamentlichen Propheten Elia – dieser gilt im jüdischen Glauben als Vorbote des Messias. Elias Kommen wird im Judentum erwartet – dies wird mit dem freien Platz deutlich gemacht.


Ein Platz mehr am Tisch – das ist doch sehr gastfreundlich. Ich habe mir schon oft überlegt, wie es wäre, wenn unser Weihnachtsfest am Heiligabend auch mit dieser Tradition erneuert werden würde. Genug Essen ist ja meistens da und ein zusätzlicher Platz ist auch noch frei zu bekommen. Allerdings sollte der Platz für eine Person sein, die Weihnachten vielleicht allein wäre oder für eine Person, die gar nicht die Möglichkeit hat, so ausgiebig und festlich zu feiern, wie wir es doch meistens tun. Weihnachten „verkommt“ bei leider vielen Familien zu einem Geschenkefest. Das größte Geschenk - Jesu Kommen in die Welt - wird aber beiseite gekehrt.

Deswegen sollten wir einmal überlegen, wie wir von diesem Geschenkewahn wegkommen und mit einer anderen Geste würdigen, was an Weihnachten tatsächlich wichtig ist. Eine Möglichkeit – wie oben erwähnt – wäre es doch, jemanden einzuladen, dem wir eine wahrliche Freude damit machen würden. Oder wir könnten jemanden beschenken, der nicht das zehnte Paar Socken nötig hat. Ich habe mir vorgenommen, jemandem einen Brief zu schreiben, der niemals mit Worten von mir rechnen wird. Ich hoffe diese Person freut sich von Herzen. Versuchen wir also, ein paar neue Weihnachtsbräuche einzuführen, die über Lebkuchen- und Gänseessen hinausgehen. Arbeiten wir doch einmal an der Basis der Weihnachtsbotschaft und schenken Liebe und Zuneigung. (Christina Leinweber) +++

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - hat inzwischen ihr 1. Staatsexamen in der Tasche und ist seit Anfang November 2013 im Schuldienst des Landes Hessen. Ihre Tätigkeit als Kolumnistin bei osthessen-news.de möchte sie auch in Zukunft fortsetzen. Sie selbst bezeichnet sich als liberal-theologisch und kommentiert (seit 101 Wochen) in der Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++


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