25 Jahre Mauerfall (Folge 8)

Gefoltert im STASI-Knast: "Deine Menschenrechte zählen hier nicht" - VIDEO


Archivbild: Verein Gedenkstätte Amthordurchgang Gera e.V.

31.10.2014 / FULDA/GERA - „Es ist schon ein Schock, wenn Du merkst, Du bist einer Macht ausgeliefert, die Du nicht benennen kannst. Du weißt nur: alle Rechte, die Du sonst hast, zählen hier nicht.“ Diese Erfahrung musste Frank Karbstein in der DDR machen, als er für drei Monate in Untersuchungshaft saß. Der Puppenspieler kam mit Anfang zwanzig in das thüringische Städtchen Gera, weil er ein Engagement am Theater hatte. Das, was ihm am DDR-Staat nicht passte, hat er in seine Theaterstücke eingebaut. Die Stasi hat das beobachtet. Im April 1984 wurde er abgeholt und in die politische Haftanstalt Gera eingesperrt. Niemand wusste, wo er ist.



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Gera in Thüringen, April 1984: Männer in dunkler Kleidung klingeln morgens 05:30 Uhr an der Tür des jungen Frank Karbstein. Er solle zu einer Befragung mitkommen. Er wird in ein Trabi gesetzt und in die politische Haftanstalt Amthordurchgang Nummer 6 gebracht. „Als dieses riesige Tor dann hinter mir ins Schloss fiel mit so einem lauten Geräusch, da wusste ich: da ist mehr“, so Karbstein. In einer stundenlangen Vernehmung wurde der junge Puppenspieler zu sämtlichen Dingen seines Lebens befragt und erst nach mehr als 12 Stunden kam man zum eigentlichen Punkt der Verhaftung: den Flugblättern.

Karbstein hatte in einem kleinen, vertrauten Kreis beschlossen, nicht nur politisches Theater zu machen, sondern mit einer Flugblattaktion für Frieden und Pazifismus und gegen die Aufrüstungspläne der DDR zu protestieren. Ein inoffizieller Mitarbeiter hat die Freunde an das Ministerium für Staatssicherheit verraten. Die Folge war die Untersuchungshaft.

In der Haftanstalt wurde den Häftlingen nicht nur ihre Kleidung und ihr Name abgenommen und durch einen Häftlingsanzug und eine Nummer ersetzt, es gab auch andere Foltermethoden: so gab es eine fest vorgeschriebene Schlafposition, die bei Nichteinhaltung mit Schlafentzug bestraft wurde und die komplette Isolation. Nachdem auch Karbstein eine Woche lang mit keiner Menschenseele gesprochen hatte, wurde er verhört. „In diesem Moment ist man ja froh, überhaupt mit jemandem zu sprechen“, erinnert sich Karbstein an die Zermürbungsmethoden. „Ich will nicht sagen, dass man zerbricht, aber es bricht etwas in einem“, so Karbstein. „Der Glaube an die Menschheit und an einen Staat, der sich rühmt, für die Zukunft des Menschen einzustehen, fällt vollkommen in sich zusammen“.


Nachdem Karbstein nach neun Monaten (davon drei weitere in Haft in Chemnitz) endlich auf Bewährung freigelassen wurde und die Mauer 1989 fiel, gründete er in den 90er Jahren einen Verein, der sich dem Gedenken an die Opfer der Untersuchungshaftanstalt verschrieb. Der „Verein Amthordurchgang Gera e.V.“ arbeitet die Stasi-Akten der Inhaftierten auf und führt Zeitzeugengespräche, um die damaligen Verhältnisse zu dokumentieren. Der Verein hat es geschafft, das Torhaus der ehemaligen Haftanstalt zu erhalten und als Gedenkstätte weiter zu nutzen. „Das ist auch für die Zeitzeugen ganz wichtig“, so Museumsführer Martin Klause. „Sie sehen dann, dass ihre Erinnerungen nicht verloren sind, sondern dass es einen Ort gibt, an dem sie darüber sprechen können und wo es dokumentiert wird.“

Informationen, weitere Zeitzeugengespräche und Fotos der ehemaligen Haftanstalt gibt es unter http://www.torhaus-gera.de/index.php/de/ (Anne Baumann) +++

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