GRENZLAND (5)
Was war "VEB Horch und Guck" ? - die unselige Spitzelei der Stasi - VIDEO
Fotos: pixelio Jochen Sievert
07.11.2014 / REGION -
Was bezweckte das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS oder kurz Stasi) mit den meist heimlich generierten Geruchsproben? Speziell ausgebildete Hunde - so genannte Differenzierungshunde - konnte einen Tatverdächtigen auf diese Weise erschnüffeln. Wenn Flugblätter auftauchten oder irgendwo "staatsfeindliche Parolen" gesprayt wurden, war der Kreis der Verdächtigen von vornherein begrenzt. Mit der Geruchsprobe war die Wahrscheinlichkeit, den Täter schnell zu überführen, sehr hoch.
Wer schon einmal in der Berliner Normannenstraße die Büroeinrichtung des letzten Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke und die Exponate seiner im Volksmund VEB Horch und Guck genannten Spitzelbehörde besichtigt hat, wird die brisante Mischung aus Grausen und Lächerlichkeit kaum vergessen: Absurdes wie die rostige Gießkanne mit eingebauter Kamera, um den Gartennachbar zu überwachen, Wanzen aller Art und die himmelschreiende Banalität von ungezählten Berichten über den Alltag von Familienmitgliedern, Kollegen und Bekannten, die dennoch entsetzliche Konsequenzen für den Ausgespähten haben konnten und hatten.
Für einen im Westen geborenen und Aufgewachsenen ist es kaum vorstellbar, eigentlich ständig jedem Mitmenschen zu misstrauen und jede seiner eigenen Äußerungen zu jeder Zeit zu kontrollieren. Kinder durften das, was daheim in der Familie Systemkritisches gesagt wurde, auf keinen Fall in der Schule erzählen. Schon die Antwort auf die vermeintlich harmlose Frage eines Lehrers, ob die Fernsehuhr vor den Nachrichtensendungen Punkte oder Striche statt Ziffern hatte, konnte verhängnisvoll sein: die vor der Aktuellen Kamera - der DDR-Nachrichtensendung - hatte nämlich Punkte, die der Tagesschau Striche - und schon war man beim verbotenen Westfernsehkonsum ertappt worden.
Die Methode der Zersetzung
Mit Chuzpe der Anwerbung entgangen
Dass man sich trotz dieser unvorstellbaren Allgegenwart von Bespitzelung der Stasi auch widersetzen und erfolgreich entziehen konnte, zeigt das Beispiel einer damals 30-Jährigen aus einer kleinen Gemeinde bei Leipzig. Nachdem sie von einem Führungsoffizier genötigt worden war, Berichte über ihre Kollegen im Betrieb zu fertigen, ging sie schnurstracks in die Kantine und rief laut über alle Köpfe: "Stellt eich mal vor, ich bin heute von der Stasi angeworben worden und bin jetzt IM hier im Kollektiv. Ist das nicht toll? Ich gebe Euch einen aus!" Vom Führungsoffizier hat sie danach nie wieder etwas gehört und wurde in Ruhe gelassen. Über solche Chuzpe verfügten aber sicher nur die Wenigsten - Angst, Misstrauen und das Gefühl, dem Staat ohnmächtig ausgeliefert zu sein, überwogen. Und das zu Recht, wie die meisten DDR-Bürger, aber auch viele Wessies mit Ostkontakten spätestens aus ihrer Stasi-Akte erfuhren.+++Carla Ihle-Becker