Restriktives Gesetz

Großes Geschenk: Organspende ist ein Akt tiefster Menschlichkeit

Leider gibt es in Deutschland immer noch viel zu wenige Organspender
Symbolbild: O|N Archiv/ Laura Struppe

05.11.2025 / REGION - Es ist eines der größten Geschenke, das ein Mensch einem anderen machen kann: die Spende eines Organs. Eine Organspende ist ein Akt tiefster Menschlichkeit. Sie kann Leben retten, wenn alle anderen medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und dem Tod einer Person in der Rettung eines anderen Menschen einen Sinn geben.


Deutschland hat ein restriktives Organ-Spendegesetz

In Deutschland gilt derzeit die sogenannte Entscheidungslösung. Das bedeutet, dass eine Organspende nach dem Tod nur dann möglich ist, wenn die betreffende Person zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Liegt keine persönliche Erklärung vor, dürfen die nächsten Angehörigen stellvertretend entscheiden. Dieses Modell wird seit Jahren kontrovers diskutiert, denn viele andere europäische Länder setzen bereits auf die Widerspruchslösung. Dort gilt jeder Bürger grundsätzlich als Spender. Wer nicht als Spender gelistet sein möchte, muss der Organspende aktiv widersprechen. Oft wird diese Frage seitens des Staates beim Erreichen der Volljährigkeit einmalig abgefragt. Viele Medizinerinnen und Mediziner fordern seit Langem, auch in Deutschland zur Widerspruchslösung überzugehen.

Der Hintergrund ist eindeutig: Der Mangel an Spenderorganen ist dramatisch. In den vergangenen Jahren haben mehrere politische Initiativen versucht, eine entsprechende Gesetzesänderung durchzusetzen. Bislang waren diese Bemühungen jedoch ohne Erfolg. Neben der Organspende nach der Todesfeststellung gibt es die Möglichkeit der Lebendspende. Diese ist derzeit nur bei engen Verwandten oder sehr nahestehenden Personen erlaubt und wird im Einzelfall ethisch geprüft. Doch auch hier ist Bewegung in die Debatte gekommen. Ein aktueller Referentenentwurf zur Änderung des Transplantationsgesetzes soll künftig mehr Spielraum schaffen.

Reform dringend erforderlich

Die Zahlen verdeutlichen, wie dringend eine Reform ist: Allein im Jahr 2024 warteten in Deutschland mehr als 8.000 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan. Die Wartezeiten sind hierzulande deutlich länger als in anderen europäischen Ländern. Das führt zu insgesamt höheren Therapiekosten, beispielsweise durch technisch aufwendige und kostspielige Organersatzverfahren wie die Dialyse, oder zum Tod der wartenden Person, bevor ein Organ zur Verfügung steht. Der neue Gesetzesentwurf sieht vor, dass künftig auch anonyme Nierenspenden sowie sogenannte Kreuz- oder Kettenspenden erlaubt werden. Dabei kann beispielsweise ein immunologisch nicht kompatibler Angehöriger seine Niere an eine andere Person spenden, während der eigene Verwandte im Gegenzug von einem anderen Spender profitiert – quasi eine Spende über Kreuz. Für viele Dialysepatienten wäre das eine enorme Verbesserung ihrer Überlebenschancen und Lebensqualität.

Organspende bleibt, trotz aller technischen Fortschritte, ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Medizin. Keine Maschine kann die Funktion eines menschlichen Organs vollständig ersetzen. Für viele Schwerkranke ist eine Transplantation die letzte Hoffnung auf Leben. Deutschland steht im europäischen Vergleich weiterhin auf einem der hinteren Plätze, wenn es um Organspenden geht. 2024 wurden 2075 Organe verpflanzt. Davon waren fast ein Drittel Lebendorganspenden. Reformen sind überfällig um diese Zahl bei 8000 wartenden Patienten zu steigern, ebenso wie eine offene, sachliche Debatte über die Einführung der Widerspruchslösung. Nur wenn Gesellschaft und Politik gemeinsam handeln, kann das Geschenk des Lebens mehr Menschen erreichen. Auf diesem langen Weg ist der aktuelle Vorstoß ein erster, wichtiger Schritt. (Adrian Böhm) +++

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