StadtLesen gestartet
Stimmenvielfalt und feine Ironie: Rufus Beck liest John Irving am Borgiasplatz
Fotos: Mediennetzwerk Hessen/Sabrina Mehler
05.07.2025 / FULDA -
Bücher unter freiem Himmel, ein lauer Sommerabend und ein Schauspieler, der mit seiner Stimme ganze Welten erschafft: Besser hätte der Auftakt der Veranstaltungsreihe "StadtLesen" am Borgiasplatz in Fulda kaum klingen können.
Rufus Beck las aus dem Romanklassiker "Garp und wie er die Welt sah" von John Irving. Beck, bekannt durch seine legendären Hörbuchfassungen von "Harry Potter", bewies einmal mehr, warum man ihm stundenlang zuhören möchte. Mit Witz, Wärme und viel szenischer Gestik ließ er Irvings skurrile, melancholische und manchmal völlig durchgeknallte Figuren lebendig werden. Protagonist Garp, der Schriftsteller mit ziemlich kompliziertem Leben, und andere Romanfiguren waren plötzlich ganz nah – als säßen sie selbst auf einem der vielen bunten Lesesessel oder in einer der Hängematten auf dem Platz.
Bevor Beck zu lesen begann, sprach er über die Vielschichtigkeit des Romans. Dieser handele von gesellschaftlichen Themen wie Ausgrenzung aufgrund von Anderssein, aber auch von "feministischen Terroristen" und einer Frau, die "ähnlich wie die Jungfrau Maria ein Kind will, aber keinen Mann dazu". Irvings Werk selbst sei wie eine Matrjoschka, ein ineinander schachtelbare russische Puppe: "Es gibt verschiedene Formen der Erzählung – über Kurzgeschichten, Drehbücher und autobiografische Elemente."
Die bundesweite Veranstaltungsreihe "StadtLesen", bei der Fulda für vier Tage zur Open-Air-Bibliothek wird, läuft noch bis Sonntag. Wer will, kann auf den aufgestellten Lesemöbeln Platz nehmen und in mehr als 3000 Büchern schmökern, die in Büchertürmen stehen – von Kinderbuch bis Lyrikband. Die Kulisse: der historische Borgiasplatz, eingerahmt von Barock und Sommerflair.
Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) hatte zu Beginn deutlich gemacht, wie gut sich dieses Event, das nun schon zum zweiten Mal in Fulda stattfindet, in die Reihe weiterer Literaturveranstaltungen der Stadt wie etwa "Literatur im Stadtschloss" einfüge. In der heutigen Welt gebe es häufig Oberflächigkeit, der Populismus sei auf dem Vormarsch, der Sinn für Tiefgang gehe verloren: "Literatur ist deshalb wichtig, weil sie dazu einlädt, sich auf einen Perspektivwechsel einzulassen." (Sabrina Mehler) +++