Zeichen der Erinnerung und Wertschätzung

Schüler der Richard-Müller-Schule: rote Rosen für Zwangsarbeiter

Die Köpfe hinter dem Projekt: (von links)Gunter Geiger, Michaela Wolfschlag, Christina Fladung, Herbert Ritz, Rolf Pauthner, Daniela Theurer und Daniel Schrimpf.
Fotos: Katholische Akademie Fulda

06.07.2025 / FULDA - Gedenken an Zwangsarbeiter: Schülerinnen und Schüler der Richard-Müller-Schule Fulda beschäftigten sich drei Tage lang mit den Schicksalen von Zwangsarbeitern, die auf dem Gräberfeld des Fuldaer Zentralfriedhofs bestattet sind. Zum Abschluss legten sie Rosen an den Steinkreuzen nieder – als stilles Zeichen der Erinnerung und Wertschätzung.



Die Katholische Akademie des Bistums Fulda hatte bereits zum dritten Mal das Projekt mit der Schule und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) zu einer Kooperation zusammengebracht. Akademiedirektor Gunter Geiger nennt die Stadt und vor allem Christina Fladung von der Friedhofsverwaltung, die das Projekt auf dem Friedhof vorbehaltlos unterstützt.

"Viele von ihnen waren nicht älter als ihr"

Geiger verwies darauf, dass das Projekt in weitere Veranstaltung der Akademiearbeit eingebunden ist. So gab es einen Akademieabend zum Todesmarsch von Zwangsarbeitern aus dem "KZ Katzbach" in Frankfurt nach Hünfeld. Und am 8. Mai fand eine groß angelegter Aktionstag zum Kriegsende/ der "Stunde null" auf dem Fuldaer Universitätsplatz statt.n Für Daniel Schrimpf, Regionalbeauftragter des Volksbunds ging es beim Projekt darum, auf die Bedeutung der Gräber von Zwangsarbeitern als "Lernort" hinzuweisen. Die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe zwölf erfuhren, was es bedeutete, Zwangsarbeiter gewesen zu sein.

"Viele von ihnen waren nicht älter als ihr", sagte als Vertreter der Stadt Dr. Thomas Bobke an die jungen Menschen gewandt. Sie hätten sich nicht vorstellen können, dass sie einmal in Fulda beerdigt würden. So bedrückend das Schicksal der Zwangsarbeiter auch gewesen sein mag, sieht Michaela Wolfschlag (Leiterin der Abteilung Berufliches Gymnasium an der Richard-Müller-Schule) in dem Projekt etwas Gutes. Denn dass junge Menschen sich damit befassen, sei ein Hoffnungszeichen. Vor allem, wenn es mit der Erkenntnis einhergehe, da Haltung zu zeigen, wo Menschen ihre Würde genommen wird.

Evangelischer Dekan Dr. Thorsten Waap, mit 17 Jahren als Zwangsarbeiter nach Frankreich

"Wenn du gütig und mit Würde behandelt wirst, dann wirst du auch selbst gütig", erinnerte der evangelische Dekan Dr. Thorsten Waap an die Erkenntnis eines Freundes. Dieser kam mit 17 Jahren als Kriegsgefangener/Zwangsarbeiter in eine Bauernfamilie nach Frankreich, die ihn menschlich behandelte. So aß er am Tisch der Familie mit, obwohl dies untersagt war. Und als er krank war, hielt die Familie das geheim, um ihn zu schützen. Der katholische Dechant Stefan Buß erinnerte an seinen Urgroßvater, der in Frankfurt einen Friseursalon betrieb. Von russischen Zwangsarbeitern, die auf der Straße arbeiteten, erfuhr er, dass sie daheim Friseure waren. Er schaffte es, dass sie in seinem Laden arbeiteten. Und auch im Keller versteckten Juden die Haare schnitten.

Danach berichteten die Schüler aus Ihren fünf Arbeitsgruppen, den Beginn machte Tim Schleicher, der über Millionen von Zwangsarbeitern, die im Krieg vor allem von Polen oder den Gebieten der Sowjetunion nach Deutschland gebracht wurden, um dort zu arbeiten. Zu Beginn noch freiwillig. Allerdings wurden ihnen dann die Pässe abgenommen und sie konnten daher nicht mehr in ihre Heimat zurück.

"Sie wurden eher wie Müll entsorgt"

Die Gruppe seines Mitschülers Kevin Baumgart hat einen Blick auf die Zwangsarbeiter in Fulda gelegt. So arbeiteten diese vor allem in den Fabriken von Mehler, dem Emaillierwerk und bei den Gummiwerken. Bei letzteren waren 1943 von den etwa 1200 Beschäftigten 750 Zwangsarbeiter. Zeitzeuge Herbert Ritz berichtete den Schülern, dass er damals von Zwangsarbeitern in der Nachbarschaft erfuhr. Sie lebten in einem Lager außerhalb der Stadt, bekamen wenig zu essen, mussten zu Fuß in die Fabrik laufen – und dies an sechs Tagen bei jeweils zehn Stunden Arbeitszeit. Sie wurden ständig beaufsichtigt, Fehler bestraft, auch mit körperlicher Gewalt. Auch Briefe schreiben war ihnen untersagt – ebenso wie private Kontakte zur Bevölkerung.

"Sie wurden eher wie Müll entsorgt", sagt der Schüler Steven Lorenz zu den gestorbenen Zwangsarbeitern. Das Naziregime erlaubte auch Massengräber. Sie konnten nicht nur auf dem Friedhof bestattet werden, sondern auch an anderen Stellen. Der Transport der Toten und die Bestattung wurden von der Wehrmacht übernommen, damit es von der Bevölkerung nicht gesehen wird. Und es gab keinen Hinweis auf eine Grabstätte.

Bis heute ist nicht bekannt, wer etwa auf dem Grabfeld der Zwangsarbeiter auf dem Zentralfriedhof begraben liegt. Deshalb stehen nicht auf allen Steinkreuzen Namen und Lebensdaten, erläutert Schülerin Fabienne Zentgraf. Dieser Entwürdigung begegnet sie und ihre Mitschüler und alle Projektbeteiligten mit einer einfachen Geste. Sie legen rote Rosen an die Steinkreuze. (mis/pm) +++

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