Arbeitgeber ohne Herz?

Am Tag der Beerdigung ihres verunglückten Sohnes die Kündigung bekommen

Am Tag der Beerdigung ihres verunglückten Sohnes hat Alexandra Sauer die Kündigung bekommen
Fotos: ci

10.05.2025 / FULDA - Der Fall, der am Freitag vor dem Arbeitsgericht Fulda verhandelt wurde, ist brisant. Alexandra Sauer ist Diplom-Kauffrau und hat für einen IT-Dienstleister in Kalbach gearbeitet. Wegen starker Arthrose musste ihr operativ ein neues Kniegelenk eingesetzt werden, da das Kniegelenk komplett zu versteifen drohte. Als sie gerade sechs Tage aus der Klinik zurück war, verunglückt ihr einziger Sohn tödlich. Natürlich ist die Mutter seelisch am Boden zerstört und eigentlich nicht in der Lage, klar zu denken. Sie wird psychologisch und medizinisch intensiv und engmaschig von Psychotherapeuten und Ärzten behandelt.



In dieser absoluten Ausnahmesituation kündigt der Arbeitgeber ihr per Teams-Call das Anstellungsverhältnis und das ausgerechnet am Tag der Beerdigung ihres Sohnes, obwohl er selbstverständlich über die desolate Situation seiner Arbeitnehmerin Bescheid wusste. "Ich habe erstmal nach Luft schnappen müssen", sagt Alexandra Sauer. Wie nennt man ein solches Verhalten des Arbeitgebers? Herzlos und unempathisch dürfte noch untertrieben sein.

Was menschlich geboten ist, demonstriert Richter Wolfram Dylla zum Auftakt der Verhandlung im Arbeitsgericht: Er spricht der Klägerin zunächst unumwunden sein Beileid und Mitgefühl zum Verlust ihres Sohnes aus. Dann geht es um die Kündigungsschutzklage, die Verletzung der Fürsorgepflicht und eine so genannte Treuwidrigkeit. Eine treuwidrige Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Dies kann der Fall sein, wenn die Kündigung auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruht.

Eine Entschuldigung der Firma steht bis heute aus.

Doch der Justiziar des beklagten Arbeitgebers ist angesichts dieser Rechtslage keineswegs auf Konfrontation aus, sondern versucht, sich gütlich zu einigen. Eine Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses streben wohl beide Seiten nicht an, das Tischtuch ist zerschnitten. "Das wird wohl nix mehr werden mit Ihnen", konstatiert auch Richter Dylla trocken. So endet das Verfahren in einem Vergleich beider Seiten. Die 55-jährige Klägerin bekommt ein Monatsgehalt als Abfindung, zusätzlich 1.000 Euro Spesen ausbezahlt und ein "wohlwollend qualifiziertes" Zeugnis vom ehemaligen Arbeitgeber, dem sie sicher keine Träne nachweint. Eine Entschuldigung der Firma für das unterirdische Verhalten ihrer Arbeitnehmerin gegenüber steht bis heute aus. (ci) +++

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