Strenge Bewachung für die Bewacher
Historiker Dr. Gerhard Sälter zur "Rolle der DDR-Grenzpolizei"
Foto: PA-Archiv
15.04.2025 / GEISA/RASDORF -
Gegründet nach Vorgabe der sowjetischen Besatzer, dienten die Grenzpolizisten in der DDR nicht nur der Überwachung und Abschottung, sondern auch der ideologischen Absicherung des SED-Apparates. Ihr Wirken hatte weitreichende Folgen für die Bevölkerung, insbesondere in den Grenzgebieten. In einem informativen Vortrag in der Gedenkstätte Point Alpha analysierte der Historiker Dr. Gerhard Sälter nicht nur die Entstehung, Aufgaben und politische Bedeutung der Grenzpolizei. Vor rund 100 interessierten Besuchern im Haus auf der Grenze nahm er vor allem das Innenleben der sogenannten "Helden der Grenze" unter die Lupe.
Bereits 1946 patrouillierten freiwillige Hilfskräfte in einer Sollstärke von 2.500 Mann gemeinsam mit Sowjetsoldaten die noch durchlässige 1.400 Kilometer lange Grenze in einem insgesamt 7.000 Quadratkilometer großen Sperrgebiet. "Das war nicht viel, da nur zwei Grenzer pro Schicht einen ein Kilometer langen Abschnitt im Auge haben konnten", rechnete Dr. Sälter vor. Das änderte sich schnell. Bis Ende 1961 wuchs die Zahl der Grenzpolizisten um das zwanzigfache auf 50.000. Beim Aufbau hatte der Staat allerdings mit Problemen zu kämpfen: Unmotiviertes und ungebildetes Personal, schlechte Ausrüstung und knappe Verpflegung gehörten zum Arbeitsalltag. Um den Personalmangel zu kompensieren wurden in Absprache mit dem großen Bruder aus Moskau gar 5.000 Kriegsgefangene mit Zügen aus den Straflagern in Sibirien angekarrt.
Die Jahre 1952 und 1961 bilden Zäsuren in der Geschichte, denn sie bedeuteten die sukzessive Schließung der Grenzen und für Tausende die Zwangsumsiedlung. Junge Männer sollten ihre Waffe am "Eisernen Vorhang" nun auch gegen Flüchtlinge richten. Mit Einführung der Wehrpflicht und der Angliederung des bewaffneten Organs an das Ministerium für Staatssicherheit und an das Verteidigungsministerium schaffte die DDR klare militärische Strukturen. Die Demarkationslinie sollte für die Feinde des Sozialismus undurchdringlich werden. Tatsächlich aber sperrte die DDR die Menschen im eigenen Herrschaftsbereich in einen von der Grenzpolizei streng kontrollierten Käfig. "Es ist verrückt", formulierte es Sälter, "dass dabei die Bewacher – die Polizisten –, die eigentlich für Sicherheit da sind, streng überwacht werden."
Begrüßt wurden alle Gäste eingangs von Philipp Metzler. Der Vorstand und Studienleiter der Point Alpha Stiftung hob die Bedeutung des Themas heraus für alle die Berührung mit der DDR-Diktatur hatten, besonders für die grenznahe Bevölkerung aber auch für Point Alpha. Dr. Gerhard Sälter stellte er als langjährigen Wissenschaftlichen Mitarbeiter der Gedenkstätte Stiftung Berliner Mauer vor, der sich intensiv mit der Geschichte der DDR-Grenztruppen sowie des Bundesnachrichtendienstes (BND) befasste. Seit Januar 2025 leite er die Abteilung Vermittlung und Forschung des Stasi-Unterlagen-Archivs im Bundesarchiv. (nia/pm) +++