Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl

Migration, Integration, Menschenrechte: Wie soll es in Deutschland weitergehen?

Migration, Integration, Menschenrechte waren am Donnerstagabend das Thema im Stadtteiltreff "Wohnzimmer" der Fuldaer Innenstadt
Fotos: Rene Kunze

14.02.2025 / FULDA - Das offensichtlich wahlentscheidende Thema der anstehenden Bundestagswahl ist die Migration. Das zeigte auch die OSTHESSEN|NEWS-Umfrage zum Thema. Kein Wunder also, dass es bei der Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Stadtteiltreff "Wohnzimmer"in der Fuldaer Innenstadt genau darum geht: Migration, Integration und Menschenrechte.


Moderiert wurde die Veranstaltung von Herrmann Diel vom Hessischen Rundfunk. Auf dem Podium: Michael Brand (Direktkandidat der CDU), Tobias Müller (Vertreter der FDP), Marie-Louise Puls (Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen), Christine Fischer (Direktkandidatin der SPD) und Wolfgang Lörcher (Vertreter "Die Linke"). Doch eine Partei fehlt: "Es war eine demokratische Entscheidung unserer Teamsitzung, die AfD nicht einzuladen. Sie präsentiert bei den Themen keine passenden Lösungen, sondern eher rassistische Kommentare. Viele Anwesende haben migrantische Wurzeln und wir wollen, dass sie sich hier wohlfühlen", erklärte Jochen Kohlert, Projektleiter Stadtteiltreff Innenstadt, vorab auf O|N-Anfrage.

Migration, Einwanderung und Umgang

Die Diskussion wurde nach der Vorstellung der Kandidaten in drei große Themen geteilt. Zu Beginn wurde die grundsätzliche Einstellung gegenüber der Migration geklärt, wie die Einwanderung geregelt werden soll und wie man mit den Menschen umgeht, die bereits hier sind.

Grüne, SPD und Linke wünschen sich "humane Lösungen"

Der Aspekt, bei dem sich Puls, Fischer und Lörcher einig waren: Es werden "humane Lösungen" (Zitat Lörcher (Linke)) gewünscht. Dazu erklärte Puls (Grüne): "Migration ist eine Frage von Humanität und Arbeitskräftegewinnung. Wenn alle aus Syrien wieder gehen, wäre die Lage schwierig, vor allem in der Pflege." Fischer (SPD) ergänzte: "Es wird nicht mehr differenziert, warum die Menschen flüchten. Es sollte nämlich darum gehen, die Ursachen zu bekämpfen. Wenn wir alle kriminalisieren, werden wir dem Großteil unserer Bevölkerung nicht gerecht."

Auch Müller (FDP) sprach von einer Differenzierung: "Wir müssen unterscheiden, zwischen denen, die schutzbedürftig sind, und denjenigen, die es nicht sind. Dann sollte es darum gehen, die Menschen zu integrieren und nicht in ein Heim zu schieben." Brand (CDU) möchte derweil noch zwischen den gewünschten Arbeitskräften und den Flüchtlingen unterscheiden, gleichzeitig ist für ihn klar: "Illegale Migration soll in Deutschland und Europa keine Chancen haben."

Schuldfrage wird geklärt

Aus leider aktuellem Anlass wurde auch über den möglichen Anschlag in München und den Anschlag in Aschaffenburg gesprochen, um einer möglichen Schuldfrage auf den Grund zu gehen. "Die Polizei schiebt Überstunden vor sich her, aber mit neuen Problemen findet wieder Überforderung statt. Die Polizei braucht mehr Personal und mehr Befugnis", so Lörcher (Linke). Doch wie das erreicht werden soll, konnte er nicht sagen. Auch Fischer (SPD) sprach von der Überforderung der Polizei, weshalb neue Kräfte notwendig seien.

"Der Attentäter von Aschaffenburg hatte bereits seine Partnerin mit einem Messer bedroht, wurde aber nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie wieder auf freien Fuß gesetzt." Für Fischer fehlt auch der Austausch von Bund und Polizei. Müller (FDP) plädierte ebenfalls für mehr Zusammenarbeit mit dem Bund. Brand (CDU) sieht die Überforderung beim Staat und sagte gleichzeitig: "Genauso wie nicht jeder Flüchtling auch gleich ein Attentäter ist, so ist auch nicht jeder Flüchtling gleich eine Bereicherung." Puls (Grüne) konstatierte: "Die Schuld für die Anschläge liegt beim Täter."

Während des Gesprächs wurde zwar die Einwanderung von Flüchtlingen von denen der Arbeitskräfte unterschieden, doch zum Thema Arbeitskräfte fasste Moderator Diel zusammen: "Beim Kräftemangel sind sich alle einig, dass wir jegliche Arbeiter brauchen. Allgemein sollten die Behörden eine klare Sprache benutzen, um beispielsweise die Arbeitsbedingungen verständlich zu machen." Auch sind sich die fünf Kandidaten einig, Bürokratie einzudämmen und die Digitalisierung voranzubringen. Zur Klärung: Auch gebürtige Deutsche haben oftmals Probleme mit der "Beamten-Sprache".

Asylpolitik - ein Thema in Deutschland oder ganz Europa?

Beim Umgang mit Asylbewerbern gehen die Vorschläge allerdings wieder weiter auseinander. Die Idee der FDP lautete: "Wir stellen die Identität der Migranten fest und schauen, ob sie Anspruch darauf haben, hierherzukommen." Es solle also kontrolliert werden, ob ein Fluchtgrund besteht. Brand (CDU) sprach ebenfalls von Kontrolle: "An der Grenze soll schnell entschieden werden, wer aufgrund von Flucht oder als Fachkraft einreisen darf, dann kommt die Integration." Er betonte, die CDU wolle mehr Ordnung an den Grenzen, aber ohne diese zu schließen.

Die Linke denkt über die deutschen Grenzen hinaus. "Einwanderung kann nur als europäische Zusammenarbeit geleistet werden. Die Idee wäre, dass Länder und Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen, einen Zuschuss bekommen. Wir sollten innerhalb Europas kommunizieren." So ähnlich wollen auch die Grünen agieren: "Hier muss Europa zusammenarbeiten. Wir wollen das Grundrecht auf Asyl verteidigen und uns dafür einsetzen, schnelle, faire Möglichkeiten zu schaffen." Fischer (SPD) sprach ebenfalls von einer europäischen Lösung und sieht hier den Weg, des GEAS (Gemeinsames Europäisches Asylsystem). "Deutschland sollte keinen Alleingang in der Asylpolitk gehen."

Aktuell wünschen sich die Grünen mehr psychologische Unterstützung, für alle, die sie benötigen. Egal, ob Fluchterfahrungen oder nicht. Genau wie die SPD und die CDU wünschen sie sich außerdem genügend Deutschkurse, um die Integration weiter voranzubringen. Lörcher (Linke) machte auf ein weiteres Problem aufmerksam: "Die Abschlüsse der Migranten werden hier nicht anerkannt." Für die FDP ist die Selbstbestimmung der Migranten entscheidend, sie sollen gleichzeitig aber auch ein Angebot für Integration geboten bekommen. Für Brand, als Vertreter der CDU, ist einer Sache allerdings klar: "Wenn jemand keinen Aufenthaltstitel hat, soll derjenige das Land verlassen."

CDU und AfD arbeiten zusammen?

Abschließend bekamen die Gäste eine Möglichkeit, Fragen zu stellen. So war auch die aktuelle "Zusammenarbeit" der CDU mit der AfD Thema. Die CDU betonte, sie werde nie mit AfD zusammenarbeiten, dennoch stimmten beide für einen verschärften Migrationsantrag. So kam die Frage auf: "Folgt eine Koalition von CDU und AfD?" Für Brand (CDU) eine eindeutige Sache: "Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Die CDU ist der größte Gegner der AfD." Auf die Aussage folgte viel Widerspruch und Zwischenrufe.

Das Ziel der Podiumssitzung beschrieb Herrmann Diel zu Beginn wie folgt: "Wir hoffen, dass wir Ihnen mit der Entscheidung helfen können, wen Sie bei der kommenden Bundestagswahl wählen wollen." Das können Sie jetzt persönlich entscheiden. (Mia Schmitt) +++

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