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OFC Kickers: Die bewegte und bewegende Geschichte eines Traditionsvereins

Rot und weiß: das ist Kickers Offenbach
Fotos: OFC-Medienteam

30.09.2022 / OFFENBACH - Kickers Offenbach? Was verbindet man als Fußballer mit dem Traditionsverein? DFB-Pokalsieger 1970, tolle Atmosphäre auf dem Bieberer Berg, auch und besonders unter Flutlicht, treue Anhänger und Fanscharen, Bundesliga-Skandal, Spieler wie Hermann Nuber, Sigi Held, Erwin Kostedde, Trainer wie Aki Schmidt, Gyula Toth oder Lothar Buchmann - und manches mehr. Kurzum: Auch für OSTHESSEN|NEWS ist es die gleichermaßen bewegte wie bewegende Geschichte eines Traditions- und Kultvereins. 


121 Jahre ist der OFC Kickers alt, seine Mitgliederzahl beläuft sich auf 2.845. Bis in die 1960er-Jahre hinein waren die Kickers, wie sie landauf, landab nur genannt werden, gefühlt immer in der seinerzeit jeweils höchsten Spielklasse vertreten - alleine sechsmal wurde der OFC Meister der Gauliga. Und in den 1950er-Jahren zweimaliger Deutscher Vize-Meister. 1950 unterlagen die Kickers 1:2 gegen den VfB Stuttgart, 1959 mit 3:5 nach Verlängerung gegen den Rivalen vom Main, den "großen Bruder" Eintracht Frankfurt.

50.000 strömten beim DFB-Pokalsieg ins Niedersachsenstadion

Dass der Name Kickers Offenbach noch heute eine solch sportliche Reputation hat, liegt gewiss auch an den Erfolgen in Pokal-Wettbewerben. Der größte: 1970 wurde der OFC DFB-Pokalsieger - als Zweitligist. In Hannover siegte er mit 2:1 gegen den Bundesligisten 1. FC Köln. 50.000 Zuschauer strömten ins Niedersachsenstadion - seinerzeit eine tolle Kulisse - und erlebten die 2:0-Führung der Offenbacher mit. Karl-Heinz Winkler und Horst "Pille" Gecks trafen. Keeper Karlheinz Volz hielt zehn Minuten vor dem Ende einen Foulfelfmeter des später dem Alkohol verfallenen Werner Biskup. OFC-Cheftrainer war der Dortmunder Aki Schmidt.

In der ersten Runde des Europapokals scheiterten die Kickers am FC Brügge. Dreimal erreichten die Offenbacher das Halbfinale des DFB-Pokals (1973, 1974, 1990). Schwenk zu den Punktspielen: Als 1963 die Bundesliga eingeführt wurde, war der seinerzeit namhafte OFC wegen seltsamer Koeffizienten-Wertung des DFB nicht dabei - er spielte fortan in der zweiklassigen Oberliga Süd. Fünf Jahre später aber stieg Kickers Offenbach erstmals in die Bundesliga auf. Das war das Gute. Das Schlechte: Er entwickelte sich zur "Fahrstuhl-Mannschaft". Immerhin aber sprang auf dem Weg dorthin der kostbarste Erfolg und die beste Platzierung der Vereinsgeschichte heraus: 1973 wurde der OFC Siebter der Bundesliga. 

Stigma Bundesliga-Skandal - Canellas enthüllte, OFC stieg ab

Mittendrin aber das Stigma, unter dem Kickers Offenbach etwas zu knabbern hatte: "der Bundesliga-Skandal". 1971 enthüllte OFC-Präsident Horst-Gergorio Canellas, dass im Abstiegskampf bei einigen Spielen geschoben wurde. Canellas war selbst auf Bestechungsvorwürfe eingegangen und hatte, um die beweisen zu können, selbst Tonband-Aufnahmen erstellt. Die Folgen: Canellas wurde von allen DFB-Ämtern enthoben, der Verein zum Zwangsabstieg verurteilt. 

Die Kickers erholten sich schnell, Spieler wie Erwin Kostedde, Fred Bockholt oder Sigi Held kamen - später noch Manfred Ritschel, Amand Theis oder der Österreicher Josef Hickersberger. Und in den 1970er-Jahre blieben die Kickers im Gespräch in Fußball-Deutschland - bis Mitte der 1980er-Jahre gehörte der OFC sieben Spielzeiten der Bundesliga an. Ein Rückgriff noch auf den 1. April 1974: Da schossen die Offenbacher die Bayern aus München mit 6:0 ab. Ausgerechnet im Frankfurter Waldstadion. Egal: Es war der höchste OFC-Sieg in der Bundesliga-Geschichte.

Doch die Aufs und Abs im Verein waren ebenso krass wie Gesetz. Mitte der 1980er ging's hinab bis in die Oberliga Hessen, dann wieder hinauf in die neu eingeführte Regionalliga Süd. Ende der 1990er-Jahre erreichte der OFC wieder die Zweite Liga, ehe es wieder nach unten ging. Immerhin waren sie 2008 Gründungsmitglied der 3. Liga. Führungskrise, Neuwahl und Lizenzentzug folgten - bis Kickers Offenbach fünf Jahre darauf einen Neubeginn in der Regionalliga Südwest in Angriff nahm. In den letzten Jahren befindet sich der Verein in einer Neu-Ausrichtung. 

Doch für all diese Zahlen, denen jede Menge Tradition, ein gehöriges Stückchen Kult und viel Schweiß anhaften, kann sich der OFC am Freitagabend nichts kaufen - wenn es gegen die SG Barockstadt in der Regionalliga Südwest um Punkte geht. (wk) +++

Kultstätte Bieberer Berg

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