Zum 1. Oktober

Pappert übernimmt Bäckerei Hisserich: "Die Kleinen haben heute keine Chance"

Die Traditionsbäckerei wird fortgeführt: Andrea und Georg Hisserich mit Manfred Klüber (v.li.)
Fotos: Marius Auth

28.09.2022 / BAD SALZSCHLIRF - Seit 1985 ist die Bäckerei Hisserich in Bad Salzschlirf, das heißt: um drei Uhr morgens aufstehen, und zwar an sechs Tagen in der Woche. Seitdem das Solebad geschlossen ist, schauen Andrea und Georg Hisserich immer häufiger in den leeren Gastraum. Zum 1. Oktober übernimmt die regionale Bäckerei-Kette Pappert - und Hisserichs können sich als Verpächter in den Ruhestand verabschieden.


Das Ehepaar hatte sich bereits 1983 in der Fuldaer Heinrichstraße mit einer Bäckerei selbstständig gemacht, in Bad Salzschlirf gab es weniger Bäckerkonkurrenz und einen brummenden Kurbetrieb, deswegen ging es ab 1985 in der Riedstraße 13 in Bad Salzschlirf weiter, zuerst gepachtet, 1991 wurde das Haus gekauft: "Das waren Zeiten: Wir haben damals mittags aufgesperrt, in einer halben Stunde war das Café voll mit Gästen, vor allem Kurgäste. Die Schattenseite: Morgens um drei Uhr geht es raus, an sechs Tagen in der Woche. Aber das ist jedem Bäcker klar", erklärt Georg Hisserich, dessen Urgroßvater bereits Bäcker war.



Manfred Klüber nickt. Der Geschäftsführer der regionalen Bäckerei-Kette Pappert kann auf inzwischen 143 Filialen im Umkreis von 90 Kilometern schauen - zusammen mit dem traditionellen Konkurrenten Happ wurde der Markt weitgehend aufgeteilt: Massenproduktion ermöglicht Effizienz, von der Kleinbäcker nur träumen können. "Nicht die Großen fressen die Kleinen: Wer heute nicht mehrere Standbeine hat, wird schon von den Energiekosten gefressen, gerade in der letzten Zeit. Komplexe Managementstrukturen, Organisation und Controlling ermöglichen es uns, agil zu agieren. Hisserichs sind auf uns zugekommen - und können nach Jahrzehnten der harten Arbeit den Ruhestand genießen."



Georg Hisserich ist 68 Jahre alt, Ehefrau Andrea 65. Das morgendliche Ritual bisher: Von der darüberliegenden Wohnung um 7 Uhr morgens nach unten laufen, ein selbstgebackenes Brötchen mit Kaffee - bis die Kundschaft kommt: "Dann müssen wir springen. Ab Oktober hoffen wir auf eine andere Lebensqualität - es wird Zeit. Brötchen essen ohne dingdong - vielleicht sogar mal um 8 Uhr, oder um 9", freut sich Andrea Hisserich.



Für Pappert ist der Standort attraktiv: Als Grundversorger sind nur noch Tegut und Happ vor Ort, trotzdem gibt es drei Kliniken, deren Gäste versorgt werden wollen, eigene Cafeterien sind selten geworden. Zudem steht ein Thermeninvestor in den Startlöchern - auf absehbare Zeit könnte der Kurbetrieb wieder anfangen zu brummen: "Wir werden die komplette Einrichtung erneuern. Ähnlich wie in anderen Filialen können Gäste eine helle und moderne Atmosphäre erwarten. Wir bieten, wie gehabt, Tagesgastronomie vom Frühstück mit Rührei über Frikadelle und Leberkäse bis zu Salatkonzepten. Nur bis 18 Uhr, kein Abendgeschäft", so Klüber. (mau) +++

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