Ein Relikt vergangener Tage

Warum Frauen beim Fußball keinen Eintritt zahlen

Weibliche Zuschauer am Fußballfeld: Eintritt zahlen diese üblicherweise keinen.
Archivfotos: O|N/Carina Jirsch

15.05.2021 / REGION - Die Preisgestaltung auf den Fußballplätzen wirkt wie aus der Zeit gefallen. Noch immer ist die Frau als Einnahmequelle bei vielen Vereinen verpönt. Doch warum ist das so? In anderen Sportarten werden weibliche Fans zur Kasse gebeten.



Gruppenliga Fulda: Männer zahlen vier Euro Eintritt. Frauen keinen. Lediglich ab der Verbandsliga aufwärts werden weibliche Fans zur Kasse gebeten. Bei vielen Amateurvereinen spielt die Frau am Kassenhäuschen als Einnahmequelle also keine Rolle – oder nur eine bedingte. In den oberen Ligen muss sie oft nicht den vollen Preis zahlen. Diese Tatsache stieß der SG Schlüchtern bereits 2019 böse auf. Die Forderung: Frauen sollen immerhin die Hälfte des Eintritts berappeln. Das Ergebnis: Keiner der anwesenden Vereine bei der Gruppenliga-Rundenbesprechung in Fulda folgte dem Vorschlag.

Doch woran liegt das? Dafür reicht ein Blick zurück in 1970er-Jahre oder früher. Frauen am Fußballplatz? Ein seltenes Bild. Beweise liefern alte Sportfotos, auf denen kaum bis keine weiblichen Fans zu sehen sind. Der Frauenanteil bewegte sich unter zwei Prozent. Frauen waren keinesfalls unerwünscht. Sie hatten schlichtweg keine Zeit. Sie waren mit Hausarbeit und der Kindererziehung beschäftigt. An den Sportplatz gingen nur die Männer. Eine andere Zeit eben. Doch als Relikt aus dieser Zeit hat sich in den unteren Amateurklassen eine Gepflogenheit erhalten: Der Eintritt kostet für Frauen weniger bis gar nichts.

In den vergangenen Jahren hat sich aber einiges geändert. Die Frauenquote an den Sportplätzen steigt. Etwa 25 Prozent der Fans in den deutschen Bundesligastadien sind weiblich. Tendenz steigend. Für ein Spiel im Profifußball zahlen Frauen und Männer denselben Preis. Warum also unterscheiden die Amateurclubs noch zwischen den Geschlechtern? "Weil es schon immer so ist. Es ist quasi eine alte Tradition", erklärt Fuldas Kreisfußballwart Thorsten Beck. Bei etwaigen Sitzungen lassen Vereine herausblicken, dass sich an dieser Geldpolitik nichts ändern solle.

Einheitliche Lösung wird angestrebt

"Es weiß ja niemand, ob Frauen dann immer noch mit an den Sportplatz gehen und sich Vereine ins eigene Fleisch schneiden würden", ergänzt Beck. Sollte das Thema bei Vereinen noch einmal aufkommen, sollten sie diesbezüglich bei ihren Mitgliedern ein Stimmungsbild einholen. Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass Frauen Kaffee, Kuchen oder Würstchen konsumieren und somit ebenfalls als Einnahmequelle gesehen werden müssen. Grundsätzlich können die Ligen für sich entscheiden, ob Frauen abkassiert werden sollen. "Wir streben allerdings eine einheitliche Lösung für den Fußballkreis Fulda an", betont der Kreisfußballwart. Es sollte also nicht sein, dass die Vereine der KOL Mitte Eintritt für Frauen nimmt, die der A-Liga Rhön aber nicht.

Spannend hingegen ist ein Blick in andere Sportarten. Im Handball wird zum Beispiel vom Verband festgelegt, dass Frauen für ein Spiel zahlen. "Ich sehe keinen Grund dafür, warum sie nicht zahlen sollten", sagt René Wingenfeld. Das Vorstandsmitglied der Handballer von FT Fulda bekräftigt allerdings, dass die Eintrittspreise für ein Handballspiel geringer seien. "Zudem haben uns noch keine Beschwerden erreicht. Die Zuschauer sehen es als eine Unterstützung für den Verein", ergänzt Wingenfeld. Wie im Handball gibt es im Volleyball ebenfalls am Kassenhäuschen keine Unterscheidung zwischen Mann und Frau. Nur der Fußball bildet eine Ausnahme – mit einem Relikt aus einer anderen Zeit. (Michel Ickler) +++

Hinweis:
Dieser Artikel ist zuerst auf torgranate.de erschienen.

Bei vielen Amateurvereinen spielt die Frau am Kassenhäuschen als Einnahmequelle also keine Rolle – oder nur eine bedingte.

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