Von Enttäuschung bis Erleichterung!

Politische Reaktionen auf Söder-Rückzug - "Laschet wird es schwer haben"

Von Enttäuschung bis Erleichterung: Was sagen die heimischen Politiker zum Laschet-Sieg?
Foto: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON

21.04.2021 / REGION - Die Enttäuschung bei der großen Mehrheit der Christdemokraten in Osthessen über die Entscheidung für Armin Laschet als Kanzlerkandidat der CDU ist aktuell deutlich spürbar. Denn die Politprominenz in Stadt und Landkreis Fulda, dem Vogelsbergkreis und dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg hatte sich im Vorfeld öffentlich stark für Markus Söder positioniert. Nach dessen Rückzug von seinen Kanzlerambitionen müssen sich die hiesigen Kommunalpolitiker neu orientieren. OSTHESSEN|NEWS hat auch am Dienstag bei den heimischen Christdemokraten nachgefragt, mit welchen Gefühlen und Aussichten sie jetzt auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf blicken.
 
Landrat Bernd Woide (Landkreis Fulda)
: "Meine persönliche Präferenz war klar - ich hätte mir Markus Söder als Kanzlerkandidat der Union gewünscht, weil ich dessen politisches Profil, seinen Auftritt und seine Art, Deutschland zu repräsentieren, für sehr aussichtsreich eingeschätzt habe. Aber Politik ist nun mal kein Wunschkonzert, es hat keinen Sinn, gefallenen Entscheidungen hinterherzuweinen. Für den uns bevorstehenden Lagerwahlkampf zwischen dem bürgerlichen Parteien und dem grün-rot-roten eher linken Spektrum müssen wir jetzt die Reihen schließen und solidarisch mit dem sein, der uns anführt. Denn keine Frage, beide Kandidaten können es. Armin Laschet führt nicht erst seit gestern das bevölkerungsreichste Bundesland an. Wir werden ihn auf jeden Fall im Wahlkampf unterstützen."

Bürgermeister Dag Wehner (Stadt Fulda) in seiner Funktion als stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender: "Der CDU-Kreisverband Fulda ist froh darüber, dass die intensive Diskussion über die Frage der Kanzlerkandidatur nunmehr abgeschlossen ist und mit Armin Laschet ein erfahrener und erfolgreicher Ministerpräsident für dieses wichtige Amt als Kandidat der CDU/CSU zur Verfügung steht. Die Debatte der vergangenen Tage hat deutlich gemacht, dass wir als Union zwei respektable Kandidaten in den eigenen Reihen haben, die aus unterschiedlichen Perspektiven Chancen oder Risiken im Hinblick auf die Bundestagswahl aufweisen.

Der CDU-Kreisverband Fulda hat keine eigenständige Position in dieser Frage eingenommen. Ich vermute allerdings, dass bei einer Mitgliederbefragung die Sympathien deutlich bei Markus Söder gelegen hätten.

Es ist erfreulich, dass beide Kandidaten heute betont haben, dass es ab jetzt darum gehen muss, die Kräfte zu bündeln und als CDU/CSU unsere Ideen, Ziele und Konzepte für die aktuellen Herausforderungen klar zu formulieren. Die Menschen in unserem Land erwarten Antworten auf drängende Zukunftsfragen, und darauf gilt es alle Kräfte zu konzentrieren."

Ehemaliger Landrat Fritz Kramer (Landkreis Fulda): "Ich habe ja bereits vor einer Woche Zweifel an Markus Söders Glaubwürdigkeit geäußert - und fühle mich jetzt natürlich bestätigt. Wenn er die heutige Äußerung schon vor einer Woche gemacht hätte, hätte man sich den ganzen Streit und Ärger sparen können. Jetzt steht Armin Laschet als Kanzlerkandidat vor der extrem schweren Aufgabe, die Basis, die ihn ja mehrheitlich abgelehnt hat, zu gewinnen. Wir können die Bundestagswahl gewinnen, wenn sich jetzt in einem Feld-Gottesdienst (der letzten Segnung vor der Schlacht) wirklich alle auf Einmütigkeit einschwören lassen."

Dr. Jens Mischak, Erster Kreisbeigeordneter des Vogelsbergkreises: "Dass ich einer Kandidatur von Markus Söder persönlich näher gestanden habe, ist kein Geheimnis. Jetzt gilt: Wir werden alles dafür tun, dass Armin Laschet Bundeskanzler wird. Jedem Bürger muss klar sein, dass es jetzt um die Frage geht, ob Deutschland von einer grünen Kanzlerin Annlena Baerbock oder einem erfahrenen Ministerpräsidenten Armin Laschet regiert wird. Es geht um keinen Schönheitswettbewerb, sondern um Kompetenzen, Verantwortung und Vertrauen. Wo dort die Vorteile sind, dürfte auf der Hand liegen."

Michael Brand, Mitglied des Bundestags: "Es war aus Sicht der Union das wichtigste, dass diese für Mitglieder und Wähler unerträgliche Woche mit einer Entscheidung zu Ende gegangen ist. Es wurde zurecht gesagt, dass wir über zwei Vorsitzende von CDU und CSU verfügen, die beide Kanzler können. Nach der endgültigen Entscheidung gestern haben sich der CSU-Vorsitzende und Befürworter Markus Söders, erfreulich schnell und auch entschieden hinter unserem Vorsitzenden Armin Laschet versammelt. Damit können wir den politischen Kurs der Mitte stärken und Deutschland vor einem Linksruck bewahren. Wer sich jetzt mehr mit der Debatte nach innen anstatt mit dem Kampf um den weiteren Kurs unseres Landes beschäftigt, der hätte den Ernst der Lage wirklich nicht verstanden. Egal, wer welche Priorität vorher hatte - nach der Entscheidung und mit der Unterstützung des starken bayerischen Ministerpräsidenten gilt jetzt: Das Rennen Schwarz gegen Grün ist eröffnet, und wir werden um die Unterstützung durch die breite bürgerliche Mitte gegen ein wirklich sehr linkes grünes Programm werben, und darum kämpfen müssen. Es geht nicht um Frau oder Mann, Annalena oder Armin - sondern es geht um Links-Bündnis oder politische Mitte. Das muss jede und jeder wissen.

Andreas Börner, Kreisvorsitzender der CDU Hersfeld-Rotenburg: "Die Kandidatenfindung war alles andere als eine Glanzleistung. Die Kommunikation und Außendarstellung haben unserer Partei geschadet und insbesondere, dass die Inhalte der gestrigen Bundesvorstandssitzung fast im Liveticker von einem Vorstandsmitglied an Bild weitergegeben wurden, ist katastrophal und spricht für sich. Dementsprechend ist auch das Ergebnis mehr als enttäuschend: Die Nominierung von Armin Laschet hat einen sehr faden Beigeschmack. Die Stimmung an der Basis und in den Umfragen wurde scheinbar vollkommen ignoriert und der auch aus meiner Sicht chancenreichere Kandidat Markus Söder wurde verhindert. Dies hätte man alles umgehen können, wenn man den Prozess frühzeitig gestartet und auch die Mitglieder in den Kreisverbänden mitgenommen hätte. So wird es schwer, die Basis für den Wahlkampf zu motivieren. Das allerwichtigste ist jetzt aber, dass die Personaldiskussionen aufhören. Die Menschen in unserem Land beschäftigen momentan größere Probleme als die Frage, wer Kanzlerkandidat der Union wird."

Thomas Hering, CDU-MdL: "Auch wenn diese Entwicklung absehbar war, bin ich wirklich sehr enttäuscht. Jetzt geht es doch um ein Zeichen des Aufbruchs und das habe ich bei Markus Söder deutlicher wahrgenommen. Aber auch Armin Laschet ist ja nicht erst seit gestern auf der politischen Bühne präsent, er hat bewiesen, dass er Wahlen gewinnen und Regierungsverantwortung übernehmen kann. Nach all den Wirrungen im Vorfeld geht es jetzt darum, geschlossen für christdemokratische Werte einzutreten und das Beste für unser Land herauszuholen."

Markus Meysner, CDU-MdL: "Trotz aller Enttäuschung gilt es jetzt, sich zusammenzuraufen und nach vorne zu schauen. Ich möchte aber auch nicht verhehlen, dass ich es bedauerlich finde, dass der mehrheitlichen Meinung der Parteibasis wieder nicht Rechnung getragen wurde."



Dr. Katja Leikert, CDU-MdB für den Wahlkreis Hanau und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Ich freue mich über die Entscheidung für Armin Laschet als Kanzlerkandidat der Union. Ich habe ihn als ehrlichen Vermittler, verlässlichen Teamplayer und überzeugen Pro-Europäer kennengelernt. Ich vertraue ihm. Aus den Diskussionen der vergangenen Tage können wir als Partei insgesamt nur lernen. Es braucht klare Entscheidungsprozesse, gerade in Konfliktsituationen. Und: Man kann nicht plötzlich die Regeln ändern, wenn man schon auf dem Spielfeld steht. Das wird ein spannender Wahlkampf, alle Karten liegen nun offen auf dem Tisch. Als Union setzen wir uns für ein echtes Modernisierungsjahrzehnt ein. Die Themen Digitalisierung, Klimaschutz und ein erfolgreicher Neustart für unsere Wirtschaft nach Corona stehen dabei auf der Agenda weit oben."

Michael Reul, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der CDU Kreistagsfraktion Main-Kinzig:"Die Entscheidung zwischen zwei möglichen Kandidaten ist gefallen. Der Bundesvorstand hat sich entschieden und Markus Söder hat die Entscheidung akzeptiert. Somit ist die Grundlage für den Wahlkampf gelegt. Ich hätte Söder allerdings für einen geeigneteren Kandidaten gehalten. Die Entscheidung hat aber eine große Unruhe in der Mitgliederschaft ausgelöst."

"Marc Dechant, MIT Fulda: "
Die Mitglieder der Mittelstandsvereinigung haben sich in Fulda mehrheitlich mündlich für Markus Söder ausgesprochen. Er verfügt über weit höhere Zustimmungswerte in der CDU und bei der Bevölkerung, somit wurde die Chance verpasst mit einer mutigen Entscheidung die Wahlaussichten für die Bundestagswahl zu verbessern. Der Sieg, den Armin Laschet im Bundesvorstand errungen hat, ist gegen die CDU-Basis erkauft, daher wird es jetzt schwierig alle Mitglieder und die Wähler weiter für eine vernünftige Politik der CDU zu begeistern. Gerade aber für die anstehende Bundestagswahl ist es wichtig eine Grün-Rot-Rote Regierung zu verhindern und nach der Corona-Krise die anstehenden gewaltigen Aufgaben durch eine mittelstandsfreundliche Politik der Mitte zu bewältigen."

Volker Bouffier, Ministerpräsident in Hessen: "Ich gratuliere Armin Laschet zur Kanzlerkandidatur, und bedanke mich bei Markus Söder und der CSU für ihre Haltung. Nur, wenn die Union zusammensteht, werden wir erfolgreich die Bundestagswahl im September dieses Jahres bestreiten. Wir haben am Montag eine sehr ausführliche und gründliche Bundesvorstandsitzung der CDU gehabt, bei der das gesamte Meinungsspektrum innerhalb der Union zur Sprache kam. Danach hat der Bundesvorstand Armin Laschet ein klares Votum für die Kanzlerkandidatur mit auf den Weg gegeben. Es bedeutet einerseits Vertrauen in die Person und in die Kompetenz von Armin Laschet und anderseits eine große Verantwortung für die Union insgesamt." (Carla Ihle-Becker) +++


X