"Wir sind entsetzt"
Stimmen aus der Region zum Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke
Foto : CDU Kreisverband Fulda
07.05.2024 / REGION -
Nach dem Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke am Wochenende ist das Entsetzen nach wie vor groß (OSTHESSEN|NEWS berichtete). Der Vorfall löste eine Debatte über Gewalt im Wahlkampf aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fordert sogar mehr sichtbare Polizeipräsenz, "um Demokraten an Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen zu schützen." Doch wie sehen das unsere heimischen Politiker?
"Fulda ist nicht Dresden"
"Der Angriff auf Matthias Ecke hat uns geschockt. In Brand gesteckte Plakate, das Parteibüro mit Pferdescheiße beschmiert und Rassismus am Wahlkampfstand. Auch in Fulda kann man manches Unschöne oder sogar strafbare erleben", so der SPD-Politiker Julius Vogel auf O|N Anfrage am Montag. Er betont jedoch: "Klar ist: Fulda ist nicht Dresden. Ich spüre hier noch deutlich mehr miteinander. Aber man hat das Gefühl, dass sich die Fronten verhärten. "Gegen die Feinde unserer Grundordnung müssen wir Demokraten zusammenstehen"
Auch für den Kreisvorsitzenden der CDU, Frederik Schmitt, ist der Vorfall ein Zeichen: "Bis hier hin und nicht weiter: So darf es nicht weitergehen. Unsere Demokratie lebt vom respektvollen Umgang beim Ringen um den besten Weg. Die extremen politischen Ränder treten unsere Grundwerte mit Füßen. Auch wir erleben es in den letzten Jahren beispielsweise immer wieder, dass Plakate zerstört, entwendet oder mit radikalen Parolen beschmiert werden." "Demokratie unter Polizeischutz kann auf Dauer nicht funktionieren"
Sebastian Koch von der FDP schreibt auf O|N-Anfrage: "Demokratie unter Polizeischutz kann auf Dauer nicht funktionieren. Demokratie wird am besten verteidigt, indem sie gelebt wird. Die deutschlandweit zu beobachtenden Attacken auf Politiker wollen meiner Meinung nach verhindern, dass sich Menschen politisch engagieren. Ich hoffe auf einen gegenteiligen Effekt und freue mich über jeden der sagt: Jetzt erst recht, jetzt schließe ich mich einer Partei an. Ich zumindest werde natürlich weitermachen. Es geht in den anstehenden Wahlkämpfen nicht mehr nur um Programme und Personen, sondern auch um die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen."
Geforderte Maßnahmen und die Debatte "kommen viel zu spät"
"Schauen wir nach Hessen: Hier sprechen die Fakten leider für sich: 2023 registrierte das Landeskriminalamt 192 Angriffe auf Politiker. Am stärksten betroffen waren die Grünen (86) und die AfD (44). 2022 waren es insgesamt 55 Angriffe. Das entspricht fast einer Vervierfachung der Angriffe von 2022 auf 2023. Die Stimmung in der Politik ist aufgeheizt und es wird weiter Öl ins Feuer gegossen", schreibt Stadtverordnete Elke Hohmann (Volt). "Natürlich vorrangig von der AfD und ihren Vorfeldorganisationen. Aber auch das Spitzenpersonal von CDU/CSU und den Freien Wählern befeuert die Enthemmung und den Hass gegen politische Gegner: Vor allem sind hier Aiwanger, Linnemann, Merz und Söder zu nennen. Am anderen Ende des politischen Spektrums passiert genau das Gleiche. Das spaltet auch Teile der Gesellschaft, die sich ebenfalls teilweise radikalisieren. Jeder Angriff auf Politiker ist verabscheuungswürdig. Der Angriff auf Matthias Ecke ist besonders niederträchtig. Die von Nancy Faeser geforderten Maßnahmen unterstütze ich. Ebenso die damit einhergehende Debatte. Beides kommt aber viel zu spät. Der Mord an Walter Lübcke geschah am 1. Juni 2019. Fast fünf Jahre ist das her. Was ist in Hessen zwischenzeitlich geändert worden? Wenig. Und nein, selber haben wir bei Volt Osthessen seit Beginn des Straßenwahlkampfes keine Anfeindungen oder Übergriffe erleben müssen." "Angriff auf die Demokratie"
"Wir leben in einer Demokratie, dazu gehört es, die Meinungen Anderer zu respektieren. Für mich sind Übergriffe auf Politiker und ihre Helfer dramatisch. Ich sehe dies im übertragenen Sinne als einen Angriff auf die Demokratie", betont Deborah Müller-Kottusch, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen/Volt. Auf die Frage hin, ob sie selbst schon solche Erfahrungen durchleben musste, antwortete sie: "Beleidigungen und Beschimpfungen sehe ich uns schon seit geraumer Zeit an Wahlkampfständen ausgesetzt. Körperliche Übergriffe habe ich nicht erlebt. Kollegen und Kolleginnen berichteten auch von Beschmieren oder Zerstören von Eigentum und Bedrohungen." "Es müssen Konsequenzen folgen
Für die Jusos in Fulda ist dieser Angriff auf die Demokratie nicht zu tolerieren. "Wir müssen alles tun, um solche Übergriffe zu verhindern!", stellt die stellvertretende Vorsitzende Mia Klein fest. Es sei ermutigend, dass so spontan viele Menschen erneut für die Demokratie aufgestanden sind und in Berlin und Dresden ein deutliches Zeichen gesetzt haben. Gleichzeitig müsse aber auch die Mitverantwortung der AfD durch ihre hasserfüllte Sprache betont werden. "Das sind die Geister, die Herr Gauland rief!", so der Vorsitzende der Jusos Fulda Niclas Goldbach. (ms) +++