"2020 noch lange in Erinnerung"

Waldwirtschaftsplan: Wieder ein Katastrophenjahr für den Ulrichsteiner Stadtwald

Große Käferholzmengen lagern zurzeit an vielen Waldwegen, wie hier in der Gemarkung Feldkrücken.
Fotos: Dieter Graulich

01.03.2021 / ULRICHSTEIN - Ohne größere Aussprache verabschiedeten die Ulrichsteiner Stadtverordneten am Freitagabend im Innovationszentrum den Walwirtschaftsplan für das Jahr 2021. Möglich geworden war dies durch eine umfangreiche und detaillierte Information durch den Revierleiter Peter Kraus in den Beratungen des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Land- und Forstwirtschaftsausschusses. "Das Jahr 2020 wird uns noch lange in Erinnerung bleiben", hatte Forstamtmann Kraus, bei der Schilderung vom dramatischen Absterben ganzer Fichtenbestände im Vogelsberg und auch im Bereich des Stadtwaldes Ulrichstein betont.



Seit dem 18. Januar 2018 als der "Orkan Friedericke" auch über Hessen tobte, sei keine "normale" Bewirtschaftung des Stadtwaldes mehr möglich. Sturmereignisse, Trockenheit und die extrem hohe Borkenkäferpopulation führten zu einem ungewöhnlich schnellen Schadensverlauf. So mussten im Stadtwald Ulrichstein in den Monaten Mai bis September 2020 über 6.000 Festmeter Käferfichten gefällt und vermarktet werden. Es entstanden dabei über 20 Hektar neue Wiederaufforstungsflächen. Im Februar 2021 sei der Einschlag mit dem Harvester wiederaufgenommen worden. Fast 4.000 Festmeter Schadholz müssten nach jetzigem Stand noch eingeschlagen werden, wobei das sicherlich noch nicht das Ende der Kalamitätsaufarbeitung ist.

Es sei noch nicht absehbar, welche, und ob überhaupt, ältere Fichtenbestände im Stadtwald Ulrichstein überleben werden. Eine gewisse Hoffnung resultiere aus den recht hohen Niederschlagsmengen der vergangenen Monate.

Holzpreise fallen

Neben dem Holzeinschlag stelle auch die Vermarktung des Holzes ein großes Problem dar, so Förster Kraus. Der Markt sei mit Holz überschwemmt und der Preis bis in den Spätherbst 2020 immer weiter gefallen, wobei zudem einzelne Sortimente bei der Fichte nur schwer absetzbar waren. Die Corona-Pandemie führte bei zeitweisen Exportbeschränkungen im ersten Halbjahr 2020 noch zu einer Verschärfung der ohnehin schon prekären Situation.

Ein Mehraufwand komme seit dem 1. Januar 2021 auf die Stadt Ulrichstein, sowie auf alle anderen Privat- und Kommunalwaldbetriebe in Hessen mit einer Waldfläche von über 100 Hektar zu. Aus kartellrechtlichen Gründen darf die Holzvermarktung nicht mehr über Hessen Forst erfolgen, sondern muss durch den Waldeigentümer selbst oder gegebenenfalls über eine Holzverkaufsorganisation erfolgen.

Trotz aller Probleme schlossen die vergangenen 30 Jahre, ohne Ausnahme mit einem positiven Betriebsergebnis ab. Insgesamt konnte so ein Nettoüberschuss von 2,369 Millionen Euro dem städtischen Haushalt zugeführt werden. Darüber hinaus wurden rund 4 Millionen Ökopunkte im Wert von etwa 1,2 Millionen Euro generiert.

Waldwirtschaftsplan: Negatives Ergebnis 

Detailliert ging Kraus dann auf den Waldwirtschaftsplan 2021 ein, der, vor allem aufgrund der anhaltend niedrigen Holzpreise, mit einem negativen Betriebsergebnis von kalkuliert -6.941 Euro abschließt. Dabei stehe im Mittelpunkt des Planwerkes wieder die Kalamitätsbewältigung. Borkenkäferbestände müssten geräumt und entstandene Freiflächen wieder aufgeforstet werden.

Die Größe und Vielzahl dieser Freiflächen machten dabei eine Aufforstung über mehrere Jahre hinweg erforderlich. Die Wahl der richtigen Baumart sei dabei entscheidend für die Begründung einer neuen, klimastabilen Waldgeneration, die auch dem Waldbesitzer langfristig einen angemessenen Ertrag sichert. Neben den "klassischen" Baumarten, wie Douglasie, Weißtanne, Erle, Bergahorn, Kirsche und Roteiche, seien auch Baumarten, wie Schwarznuss, Robinie, Baumhasel und Esskastanie, auf geeigneten Standorten, eine gute Alternative für den Waldumbau und erhöhten die gewünschte Baumartenvielfalt in unseren Wäldern. Gerade auch auf sogenannten forstlichen Grenzstandorten sollten auch der natürlichen Sukzession Fläche überlassen werden.

Zu den Planzielen des Waldwirtschaftsplanes 2021 gehören weiterhin die Sicherung der bereits angelegten Kulturen durch Nachpflanzen und der Schutz gegen Wildschäden. Die Gliederung und die Pflege der jungen Nadel- und Laubholzbestände und die Fortführung der Wegeinstandsetzung, der durch die Holzabfuhr stark beanspruchten Forstwege, bilden weitere Schwerpunkte.

Im Einzelnen führte der Forstmann weiter aus, dass der diesjährige Waldwirtschaftsplan Einnahmen in Höhe von 59.847 Euro und Ausgaben in Höhe von etwa 66.788 Euro aufweise.

"Wald ist unser aller Kulturgut"

Schwerpunkte auf der Ausgabenseite die Aufwendungen für Wiederaufforstungen, Nachbesserungen, Jungwuchspflege und den Schutz der bereits angelegten Kulturen. Hier sind rund 30.400 Euro vorgesehen, wobei der Anteil am Schutz gegen Wildschäden mit 11.900 Euro, etwa 18 Prozent an den Gesamtausgaben betrage. Durch die in diesem Jahr geplanten Kulturen vergrößere sich die wieder aufgeforstete Waldfläche auf über 145 ha. Bedingt durch den raschen Kalamitätsfortschritt betrage die noch nicht beplante Aufforstungsfläche zurzeit rund 23 Hektar.

Revierleiter Peter Kraus mahnte: "Der Wald ist mehr als ein Wirtschaftsfaktor, ein Rohstofflieferant oder ein Arbeitsplatz. Der Wald ist entscheidend für die Lebensqualität des Menschen. Er schützt unser Trinkwasser, ist ein Rückzugsgebiet von zahlreichen bedrohten Tier- und Pflanzenarten, sorgt für reine Luft und bietet den gestressten Menschen Erholung, gerade auch in der aktuellen Pandemiesituation. Der Wald ist unser aller Kulturgut, ein Stück Heimat im besten Sinne. Wir Menschen haben in unserem eigenen Interesse eine Verpflichtung den Wald zu erhalten, ihn nachhaltig zu bewirtschaften und der "Natur" Raum zu lassen". (gr) +++

Harvester und Rückezug räumen eine Fichten-Kalamitätsfläche im Bereich Feldkrücken.\r\n\r\nDabei fällt der Harvester die abgestorbenen Fichten und schneidet sie auf die gewünschte Länge ein, während der Rückezug das Holz an den Lkw-fähigen Weg transportiert.

Trocknis und Borkenkäferbefall können Fichtenbestände in kurzer Zeit zum Absterben bringen, wie hier in der Gemarkung Ulrichstein.

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