Bestattung Nau meistert den Alltag

Mehr Corona-Tote im Vogelsberg: Bestattungsunternehmen in Pandemie-Zeit

Arbeit in Schutzanzügen: Derzeit für das Team von Bestattung Nau Alltag.
Fotos: Bestattung Nau

14.01.2021 / ALSFELD - Wohl niemand hätte mit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 damit gerechnet, dass wir jetzt, knapp ein Jahr später, an so einem kritischen Punkt stehen. Das Gesundheitssystem ist überlastet, Intensivstationen kommen an ihre Grenzen. Und die derzeitige Situation zerrt auch am Nervenkostüm aller Bestatter in Deutschland. Wie uns das Alsfelder Unternehmen Nau bestätigt.



"Wir haben am Anfang der Pandemie mit dieser Entwicklung nicht gerechnet - aber wir haben es möglicherweise befürchtet", blickt Bestatterin Susanne Nau im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS zurück. Zu Beginn des letzten Jahres erschütterten uns die Bilder aus China, später dann aus Italien oder anderen EU-Ländern, wo bereits im Frühjahr die Corona-Verstorbenen extrem hoch waren. Doch spätestens seit November sind auch die Bilder aus deutschen Krankenhäusern erschreckend - in Hessen stirbt derzeit alle 19 Minuten ein Mensch an oder mit Corona.

Große Herausforderungen

Das Bestattungsunternehmen aus dem Vogelsbergkreis hat mit diesen steigenden Zahlen seit Herbst 2020 ebenfalls zu kämpfen. "Die momentane Situation ist für uns alle neu - Schutzanzüge, Einwegoveralls, FFP2-Masken - ja, das haben wir ohnehin in unserem Bestand. Dass wir diese Schutzausrüstungen jedoch so oft benutzen müssen, war für uns anfangs auch sehr befremdlich", so Nau. Seit dem Anstieg der Corona-Verstorbenen muss das Bestattungsunternehmen im gesamten Tagesverlauf noch flexibler sein. "Überführungen von Covid-Verstorbenen müssen zeitlich anders und spontaner durchgeführt werden. Das hängt u.a. auch mit Terminvorgaben in Kliniken ab, die ihren Zeitplan ebenfalls umorganisieren und anpassen müssen."

Vieles hat sich in dieser Zeit verändert - dennoch versucht Nau mit ihrem vierköpfigen Team, in einem persönlichen Gespräch mit den Angehörigen alles Erforderliche zu klären. Auch wenn in der hauseigenen Trauerhalle anstatt bis zu 40 Personen derzeit maximal zehn Personen Platz finden können, will das Bestattungsunternehmen Nau weiterhin professionell agieren, um jedem Verstorbenen einen würdevollen Abschied zu gewähren. "Fehlender Gesang bei Trauerfeiern wird durch reines Orgelspiel oder das Abspielen von Musik ersetzt, oftmals erklingt ein Lieblingslied des Verstorbenen."



"Zerrt an den Nerven"

Dennoch ist es für das Team derzeit alles andere als leicht, der Corona-Lage Herr zu werden. "Es zerrt mitunter schon an den Nerven - zumal die Infektionszahlen nicht wirklich sinken. Außerdem musste in den vergangenen Wochen bereits geplante Trauerfeiern terminlich abgesagt und umorganisiert werden, da sich beispielsweise Familienangehörige in Quarantäne begeben mussten. "Dies bedeutet, dass die gesamte Organisation wieder rückgängig gemacht wurde: Pfarrer, Gemeinde- oder Stadtverwaltung, Organisten, Floristen – alle müssen über die kurzfristige Absage – und die spätere Neuplanung - der Trauerfeier informiert werden." Auch das Thema Desinfektion und Reinigung von Büro- und Geschäftsräumen, Bestattungsfahrzeugen und Kühlraum hat seit letztem Jahr eine noch höhere Priorität und bedeutet einen Mehraufwand für das gesamte Team. 

"Doch auch unter außergewöhnlichen, schwierigen und vorgegebenen Bestimmungen möchten wir den Angehörigen die Sicherheit geben, dass wir diese Herausforderung meistern."

Einen Appell hat Susanne an alle Corona-Leugner oder diejenigen, die die Krankheit verharmlosen: "Einfach mal die Nachrichten und Situationsberichte aus Krankenhäusern, Kliniken, Intensivstationen und Pflegeheimen ernst nehmen und realisieren, wie sehr sich die Mitarbeiter und Pflegekräfte bis zur Erschöpfung und der Gefahr einer eigenen Erkrankung um das Leben der Patienten aufopferungsvoll bemühen. Das sind keine gestellten Szenen, das ist der tägliche Kampf um das (Über-)Leben von Mitmenschen." (Luisa Diegel) +++

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