Migranten leben im Keller

Corona-Alarm im Musikerviertel: Rettungswagenteam informiert Ordnungsamt

Volle Schutzmontur: Die Bewohner des Hauses müssen die Personalien angeben, werden über nötige Corona-Maßnahmen informiert
Fotos: O|N/Henrik Schmitt

27.09.2020 / FULDA - Aufruhr am späten Donnerstagnachmittag in der Fuldaer Schumannstraße: Ordnungsamt und Polizei stehen vor einem unauffälligen Haus, Beamte und Einsatzkräfte ziehen sich weiße Schutzanzüge über. Gemeinsam betreten sie das Grundstück, klopfen an die Eingangstür. Nach und nach werden alle Bewohner ins Freie gebeten, Personalien aufgenommen.


Was war geschehen?

Nach Informationen der Stadt Fulda handelte sich bei dem Einsatz um den Vollzug der Corona-Verordnungen durch das städtische Ordnungsamt im Auftrag der zuständigen Gesundheitsbehörde. Die Polizei wurde zur Unterstützung hinzugezogen.

Wie OSTHESSEN|NEWS erfuhr, musste am früheren Tag eine Person mit Corona-Verdacht und starken Symptomen vom Rettungsdienst abgeholt werden. Die Besatzung des Einsatzwagens wunderte sich über die Wohnsituation ihres Patienten – und informierte das Ordnungsamt.

Am Nachmittag lag das Ergebnis des Covid-19-Schnelltests vor: Der Mann, der ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, hat Corona. Das Ordnungsamt fuhr in die Schumannstraße und nahm die Personalien der Bewohner auf, versuchte, alle Kontaktpersonen zu ermitteln und klärte die Menschen über nun nötige Verhaltensregeln auf. Anwohner berichten, dass es an der Adresse bereits häufiger zu Polizeieinsätzen gekommen sei – wohl aus diesem Grund war die Polizei beim Einsatz dabei.

Menschen leben im Keller

Die Pressestelle der Stadt Fulda bestätigt, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes zusätzlich eine Ortsbegehung vorgenommen hätten. Dabei sei festgestellt worden, dass im Keller mehrere Personen in jeweils kleinen Räumen mit Schrank und Bett ohne Außenfenster lebten. "Es gibt ein gemeinsames WC und eine Dusche. Die vom Ordnungsamt dort angetroffenen drei Personen waren ordnungsgemäß gemeldet und sind berufstätig." Die Räumlichkeiten im Keller seien jedoch baurechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig.  "Gegen den Hauseigentümer wurde daher ein baurechtliches Verfahren eingeleitet", so Johannes Heller, Pressesprecher der Stadt.

Insgesamt sind in dem Haus, in dem bis vor wenigen Jahren eine Kirchengemeinde untergebracht war, 33 Personen gemeldet. Bei dem Gebäudekomplex handelt sich um ein unterkellertes Mehrfamilien-Wohnhaus mit drei Wohnungen aus den 1960er Jahren sowie um einen kleineren Neubau (ohne Keller), der im Jahr 2016 (nach Verkauf der Immobilie an einen Privatinvestor) als Wohnhaus für Studierende genehmigt wurde.

Adresse polizeibekannt

"Studenten haben hier nie gewohnt", erklärt eine Anwohnerin auf Nachfrage von O|N. "Vom ersten Tag an war es ein stetiges Kommen und Gehen, in dem Haus lebten bis heute ausschließlich Menschen beispielsweise aus Afrika oder Rumänien, die sonst keine Wohnung finden." Die Frau, die selbst Migrationshintergrund hat, erzählt, dass es an dieser Adresse bereits häufiger zu Polizeieinsätzen gekommen sei. "Letztens habe ich selbst die Einsatzstreife gerufen, als sich ein paar Männer mitten auf der Straße geprügelt haben." Auch mehrere Briefe seinen von Anwohnern an das Ordnungsamt geschickt worden (liegen OSTHESSEN|NEWS vor), in denen auf unhaltbare Zustände aufmerksam gemacht worden sei. "Der Sommer war grässlich. Die Leute haben im Hof fast jeden Abend gegrillt und gefeiert, eine Frau, die dort lebt, hat immer wieder bis in die tiefe Nacht herumgebrüllt." Gebessert habe sich seit den Hinweisen aus der Nachbarschaft allerdings nichts. "Und dem Hausbesitzer, den hier niemand wirklich kennt, interessiert das alles sowieso nicht", fügt sie aufgebracht hinzu. "Dem geht es offensichtlich nur ums Geld."

Weitere Covid-19-Fälle?

Der Landkreis Fulda erklärt am Freitagnachmittag, dass es bisher einen bestätigten Corona-Fall im Haus im Musikerviertel gibt. Drei weitere Menschen stünden als unmittelbare Kontaktpersonen unter Quarantäne, müssten noch zum Covid-19-Test. Einen Grund, auch die restlichen Bewohner nun in häusliche Isolation zu schicken, sieht die Behörde bisher nicht.

Am frühen Freitagabend, bestätigen Augenzeugen, fährt wieder ein Krankentransportfahrzeug auf den Hof und holt Bewohner ab. Mehrere Mieter stehen danach im Eingang zusammen – ohne Abstand oder Mundschutz. (mr) +++

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