Spitzenpolitiker und Promis ausgespäht

Größter Hacker-Angriff in der BRD! Anklage gegen 22-jährigen Johannes S.

Ärger über deren Äußerungen hatte der 20-jährige Hacker als Motiv für seinen Datenklau und Erpressungsversuche von Prominenten angegeben
Symbolbild: pixabay

26.05.2020 / ALSFELD - Der Fall hatte im Januar 2019 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: Johannes S., ein 20-jähriger Hacker aus Homberg/Ohm (Vogelsbergkreis) hatte in bis dahin unbekanntem Ausmaß über mehrere Jahre hinweg die Daten von Spitzenpolitikern, Prominenten und Journalisten ausgespäht  - darunter auch die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und über 1.000 weiteren Personen des öffentlichen Lebens.


In Hessen waren mehr als 60 Spitzenpolitiker von dem Leak betroffen, darunter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Zum Teil wurden deren Privatdaten, Fotos und Korrespondenz über ein Twitter-Konto als eine Art Adventskalender veröffentlicht. Der noch bei seinen Eltern wohnende Schüler versuchte mit den gehackten Daten, die Ausgespähten zu erpressen. Als Motiv hatte er nach seiner Festnahme Ärger über Äußerungen seiner Opfer angegeben.

Generalstaatsanwaltschaft erhebt Anklage

Jetzt hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) – beim Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Alsfeld Anklage gegen den 22-jährigen deutschen Staatsangehörigen wegen des Verdachts des Ausspähens und der Veränderung von Daten, der Vorbereitung des Ausspähens von Daten, der Fälschung beweiserheblicher Daten, der Datenhehlerei, der falschen Verdächtigung, des Vortäuschens von Straftaten, der versuchten Erpressung sowie wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Bundesdatenschutzgesetz erhoben.

Dem Angeschuldigten wird insbesondere vorgeworfen, in der Zeit von August 2015 bis Januar 2019 in 73 Fällen personenbezogene Daten (insbesondere Telefonnummern, Anschriften, Kreditkartendaten, Bildaufnahmen und Kommunikation) von Politikern, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens ausgespäht zu haben. Zur Verschaffung der Zugangsdaten soll der Angeschuldigte in mehreren Fällen E-Mail-Anbieter unter Nutzung der Passwortrücksetzungsfunktion über seine Berechtigung getäuscht haben. In weiteren Fällen soll der Angeschuldigte die bereits von Dritten ausgespähten Zugangsdaten von Geschädigten auf einer illegalen und von US-amerikanischen Behörden im Januar 2020 abgeschalteten Hacker-Webseite angekauft haben. Durch den Zugang zu den E-Mail-Konten und Online-Profilen der Geschädigten soll es dem Angeschuldigten möglich gewesen sein, den Geschädigten durch Änderung der Passwörter den Zugriff auf ihre Accounts zu verwehren und die in den Profilen hinterlegten persönlichen Daten unberechtigt zu verwenden.

In dem Zeitraum vom 01.12.2018 bis 24.12.2018 soll der Angeschuldigte die erlangten persönlichen Daten, darunter die von 993 Politikern, mittels des von ihm benutzten Twitter-Account "@_0rbit" mit dem Nutzernamen "G0d" im Rahmen eines von ihm so bezeichneten "Adventskalenders" veröffentlicht haben (sogenanntes "Doxxing").

Die Links zu den veröffentlichten persönlichen Daten der Geschädigten soll er unter Verwendung eines von ihm übernommenen Twitter-Accounts eines auf der Plattform YouTube aktiven Künstlers am 03.01.2019 erneut veröffentlicht haben.

Dem Angeschuldigten wird zudem die versuchte Erpressung von sechs Abgeordneten des Deutschen Bundestages vorgeworfen. Er soll versucht haben, die Geschädigten unter Hinweis auf die drohende Veröffentlichung ihrer Daten zur Zahlung von Bitcoins im Wert von etwa 900 Euro zu veranlassen.

Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift zudem zur Last gelegt, in drei Fällen der Polizei im Juni 2016 und im Dezember 2018 per E-Mail angeblich bevorstehende Bombenanschläge und Amokläufe vorgetäuscht zu haben sowie im September 2017 und im Oktober 2018 in zwei Fällen durch falsche Verdächtigungen Ermittlungsmaßnahmen gegen eine andere Person initiiert zu haben.

Informationen zu der ZIT


Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) wurde am 01.01.2010 als Außenstelle der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit Sitz in Gießen errichtet. Seit dem 08.07.2019 hat die Zentralstelle ihren Sitz in Frankfurt am Main. Sie besteht derzeit aus einem Leitenden Oberstaatsanwalt als Leiter, einem Oberstaatsanwalt und 10 Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. Die ZIT ist erster Ansprechpartner des Bundeskriminalamtes für Internetstraftaten bei noch ungeklärter örtlicher Zuständigkeit in Deutschland oder bei Massenverfahren gegen eine Vielzahl von Tatverdächtigen bundesweit.

Als operative Zentralstelle bearbeitet die ZIT besonders aufwendige und umfangreiche Ermittlungsverfahren aus den Deliktsbereichen: Kinderpornografie und sexueller Missbrauch von Kindern mit Bezug zum Internet, Darknet-Kriminalität (Bekämpfung krimineller Darknet-Plattformen sowie des Handels mit Waffen, Drogen und Fälschungsgütern im Darknet), Cyberkriminalität im engeren Sinne (Hackerangriffe, Datendiebstahl und Computerbetrug), Hasskriminalität im Internet (Hate Speech). Sie ist darüber hinaus für Aus- und Fortbildung von Richtern, Staatsanwälten und Polizeibeamten zuständig. Die ZIT ist zudem das deutsche Gründungsmitglied in dem Judicial Cybercrime Network, einem europäischen Netzwerk der Justizbehörden zur Bekämpfung der Internetkriminalität. (ci/pm)+++

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