Während der Corona-Krise

MIT Fulda zur aktuellen Situation der mittelständischen Unternehmen

Jürgen Diener, Vorsitzender beim MIT-Kreisverband Fulda
Archivfoto: O|N

25.05.2020 / FULDA - Die Corona-Krise bestimmt seit mehr als acht Wochen das öffentliche und wirtschaftliche Leben nicht nur in Deutschland. Private Haushalte, die öffentliche Hand und insbesondere Unternehmen haben in den vergangenen Wochen erhebliche Belastungen verkraften müssen. Der Vorstand der MIT Fulda hat unter Führung von Kreisvorsitzenden Jürgen Diener die aktuelle Lage analysiert und aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen, Empfehlungen und Forderungen für die Wiederaufbauzeit erarbeitet. Es geht insbesondere um mehr Freiheit in der sozialen Marktwirtschaft.  


 

Analyse der aktuellen Situation

  
Der erzwungene Shutdown hat die Wirtschaft in Deutschland fast vollständig lahmgelegt und bei den Unternehmen riesige Einbußen in Umsatz und Ertrag erzeugt. Die Politik hat in dieser außerordentlichen Krisensituation schnell und angemessen reagiert. Durch die Finanzhilfen für die Wirtschaft konnten die durch die umfassenden Einschränkungen bedingten Liquiditätsprobleme abgefedert werden.  

Die Demokratie hat insgesamt funktioniert. Fast über alle Parteigrenzen hinweg wurden die notwendigen Maßnahmen wie beispielsweise die Kontaktsperren gemeinsam getragen. Die staatlichen Instanzen haben zum Wohl der Bürger effizient zusammengewirkt. Die in manchen Verlautbarungen oder Veranstaltungen herumwabernden Verschwörungstheorien entbehren jeder Grundlage.  

Für einige Bereiche der Wirtschaft werden noch zusätzliche Hilfsprogramme benötigt, wenn die dort vorhandenen Strukturen nicht nachhaltig zerstört werden sollen. Hier sind ganz besonders die Veranstaltungs- und die Reisebranche zu nennen. In beiden Segmenten kämpfen viele mittelständische Unternehmen um das Überleben. 
  
Erfreulicherweise hat sich in weiten Bereichen der mittelständischen Wirtschaft gezeigt, dass eine gute Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht. Viele individuelle Lösungen konnten im Konsens zwischen Unternehmern und Beschäftigten gefunden werden, immer mit der Zielrichtung, die Betriebe und damit die Arbeitsplätze zu erhalten. Dieses Zusammenwirken hat hervorragend funktioniert, auch ohne staatlichen Dirigismus.  

Auch hat sich gezeigt, dass in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft entstandene Probleme auch ohne detaillierte staatliche Anordnung oder verschärfte Gesetzgebung gelöst werden können. Die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger hat sich in der Krise als wirksames Instrument bewährt. Kontaktsperren wurden in weit überwiegendem Maß eingehalten, auch ohne strafbewährtes Eingreifen der staatlichen Autorität.  

Schlussfolgerungen 

Aus dieser Erkenntnis müssen Schlussfolgerungen für die zukünftige gesellschaftliche und wirtschaftspolitische Entwicklung gezogen werden. Es muss darüber nachgedacht werden, ob bestimmte Strukturen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben verändert werden müssen. Politik sollte wieder mehr auf Eigenverantwortung aufbauen, nicht jedes Problem muss "sozialisiert" werden. Staatliche Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit der Wirtschaft, die ihre Dynamik immer mehr lähmen, müssen zurückgedrängt werden.  

Dabei geht es nicht um das Zurückdrehen der sozialen Errungenschaften oder um Einschnitte in Einkommensstrukturen der arbeitenden Bevölkerung.  Es geht um unnötige Einmischung in die Verhandlungsfreiheit, in die Vertragsfreiheit aller am Wirtschaftsprozess Beteiligten. Zielrichtung muss es sein, die Kräfte der Wirtschaft nicht unnötig zu lähmen, sondern zum Wohle aller Beteiligten sich freier entfalten zu lassen. In vielen Bereichen greift heute der Staat regulierend ein, nicht immer zum Wohle der Betroffenen und auch oft gegen deren freien Willen. Beispielhaft sei genannt die Organisation des Arbeitsumfeldes, der Arbeitszeiten oder des Arbeitsplatzes. Die Wirtschaft braucht kein einseitiges Bestimmungsrecht des Arbeitnehmers über einen häuslichen Arbeitsplatz. Die freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schafft für beide Seiten ein viel höheres Maß an Effizienz. 

Konkrete Forderungen der MIT 

 
Sozialversicherung 
In den vergangenen Jahren ist durch Gesetzgebung aber auch durch ausufernde Rechtsprechung der Sozialgerichte die Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer dramatisch erhöht worden. Beispielhaft sei die Rechtsprechung zum sogenannten "Schattenlohn" genannt.  

Auch die permanente Erweiterung der Sozialversicherungspflicht auf jede Form der beruflichen Tätigkeit sieht die MIT als krasse Fehlentwicklung. Inzwischen wird fast jede Form selbständiger Tätigkeit der Sozialversicherungspflicht unterworfen. Diese Entwicklung führt zu einem Verlust an Flexibilität und Freiheit im Wirtschaftsleben.  

Das alleinige Verlassen und am Ende Ausruhen auf staatlichen Hilfsmaßnahmen ist die Konsequenz. Die Eigenverantwortung tritt in den Hintergrund. Hinzukommt eine wachsende rechtliche Unsicherheit. In jedem Fall wird die Freiheit des Einzelnen, über seinen Status selbst entscheiden zu können, unzumutbar eingeschränkt.  

Gleiches gilt für die Ausdehnung der Sozialversicherungspflicht auf Gesellschafter von Personen- und Kapitalgesellschaften. Auch hier wird die marktwirtschaftliche Grundordnung durch einseitige Einschränkungen unterminiert.  

Steuerrecht 
Die aktuellen Steuerbelastungen der Leistungsträger sind nicht länger hinnehmbar. Das gilt gleichermaßen für Unternehmer wie Arbeitnehmer. Die Progression muss auf ein leistungsgerechtes Niveau abgesenkt werden. Dies führt nur kurzfristig zu Mindereinnahmen des Staates, denn durch mehr verfügbares Einkommen steigt der Binnenkonsum und die Investitionstätigkeit der Wirtschaft. 

Die Steuerlast für nicht in die Privatsphäre überführte Gewinn (thesaurierte Gewinne) muss deutlich gesenkt werden. Dies schafft die Möglichkeit im Unternehmen Reserven zu bilden und damit mehr Stabilität auch für Arbeitsplätze zu erreichen. 

Für die aktuell durch die Krise erwirtschafteten Verluste müssen die Regelungen zur Verrechnung von Verlusten mit früheren oder mit zukünftigen Gewinnen erweitert werden. Der sogenannte Verlustrücktrag muss mindestens über zwei Jahre mit unbegrenzter Höhe der Verrechnung ermöglicht werden. Dadurch können Liquiditätshilfen in Form von Rückflüssen von früher gezahlten Steuern ermöglicht werden. 

Zur Verbesserung der Anpassungsfähigkeit an Beschäftigungsschwankungen sollte die Grenze für Minijobs auf 800 Euro angehoben werden. Dies würde insbesondere in dem Bereich der Hotellerie und Gastronomie aber auch im Pflegebereich dazu führen, dass die notwendigen Anpassungen an Auslastungsschwankungen mit wirtschaftlich vertretbaren Kosten erreicht werden können. 

Unternehmensfinanzierung  
Fast alle mittelständischen Unternehmen haben zur Überbrückung des Shutdown Liquiditätskredite in Anspruch nehmen müssen. Die Rückzahlung kann in vielen Fällen zur finanziellen Überforderung und damit zu wirtschaftlichen Aus der Unternehmen führen. Die Mittelstandsvereinigung schlägt vor, dass die Tilgung der Liquiditätskredite mit einer bestimmten Quote den Unternehmen erlassen werden soll. Voraussetzung dafür sollte sein, dass die vor der Corona-Krise vorhandenen Arbeitsplätze erhalten und über den Zeitraum auch bestehen bleiben. 

Vorsorgemaßnahmen 
Neben den unmittelbar auf die Wirtschaft einwirkenden Forderungen im Finanzierungsbereich oder im Steuerrecht muss staatliche Vorsorge betrieben werden, die in einem viel höheren Maße als bisher Vorsorge dafür trifft, solche weitgehenden Zwangsmaßnahmen zu verhindern.  Präventionsmaßnahmen müssen so ausgerichtet werden, dass die Ultima Ratio Shutdown möglichst verhindert werden kann.  

Aus Sicht der Mittelstandsvereinigung lässt sich dies durch mehr Kapazitäten im Bereich der Untersuchung, stärkere Einbindung vorhandener Hilfsdienste einschließlich Katastrophenschutz erreichen. Auch müssen die Kliniken aufgerüstet werden, um im Falle einer erneuten Pandemie Patienten ohne Restriktionen behandeln zu können. Ziel muss es sein, durch entsprechende Prävention auf die lokalen Unterschiede im Ausbruch einer Pandemie angemessen reagieren zu können. Die Stilllegung eines ganzen Landes wie Deutschland muss in jedem Fall verhindert werden. (pm)+++

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