Im Wortlaut

Lollsrede des Bürgermeisters: "Von wegen Nullbilanz und Stagnation"


Fotos: Carina Jirsch

14.10.2019 / BAD HERSFELD - Mit der Ansprache des Bürgermeisters und dem Anzünden des Feuers beginnt traditionell das Bad Hersfelder Lullusfest. Die diesjährige Lollsrede von Thomas Fehling im Wortlaut:



Werter Herr Feuermeister,
sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Gäste aus unseren Partnerstädten Šumperk und L'Haÿ-les-Roses,
sehr geehrte Gäste aus Malmesbury,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Kinder,
und dieses Jahr zum ersten Mal: lieber Kastanienmeister Krümel,
verehrte Gäste aus nah und fern!

Bad Hersfeld kann Hessentag! So darf ich im Rückblick auf die letzten Monate feststellen, dass in 2019 aus dem Duo unserer Höhepunkte, den Festspielen und dem Lullusfest, mit dem Hessentag ein Trio geworden ist - und zwar ein sehr erfolgreiches! 862.000 Besucher haben wir zum Hessentag begrüßen können, viel mehr als erwartet. Sehr viele dieser Gäste haben sich in unserer Stadt wohl gefühlt und uns eine positive Rückmeldung darüber gegeben.

Von den Erfolgsfaktoren möchte ich zwei herausstellen. Zum einen haben unsere Planungen funktioniert, insbesondere die Verkehrs- und Sicherheitsmaßnahmen haben gegriffen, trotz allen Pulverdampfs im Vorfeld! Was wurde im Vorfeld des Hessentages gemeckert: Es würde alles zusammenbrechen, wenn wir die Innenstadt so absperren würden. Im Nachhinein geben selbst die größten Zweifler zu, dass es sehr gut funktioniert hat. Man darf auch mal auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung vertrauen. Deshalb an dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an alle städtischen Kolleginnen und Kollegen, die trotz Urlaubssperre und tausenden Überstunden einen großartigen Job gemacht haben!

War es nicht eine Wohltat, mit Kindern über die Dippelstraße flanieren zu können, ohne Verkehrslärm und Abgase? Zahlreiche Mitbürger haben die Gelegenheit genutzt, mal den Stadtbus oder das Fahrrad zu nutzen. Und siehe da: Es funktionierte prima. Inzwischen haben wir viele Anfragen, das Nahverkehrs-Angebot auch zu anderen Festen, wie Lolls oder Weihnachtsmarkt, zu erweitern.

Noch viel bedeutsamer ist aber das tolle Engagement, das die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und aus dem Umland zeigten! Rund 2.000 ehrenamtliche Helfer – viele von ihnen hatten sogar extra Urlaub genommen - haben dem 59. Hessentag sein Gesicht gegeben. Dafür einen herzlichen Dank an alle Mitwirkenden! Sie waren tolle Gastgeber!

Es ist beachtlich, was wir erreichen können, wenn wir alle an einem Strang und auch noch in die gleiche Richtung ziehen. Leider hielt das „Wir“-Gefühl nicht lange an. Denn kaum war der Hessentag vorüber, und die Egoismen und politischen Gehässigkeiten gingen weiter wie vor dem Hessentag. Dabei wäre es für die Stadt und Sie als Bürgerinnen und Bürger von unschätzbarem Vorteil, wenn die Verantwortlichen auf allen Seiten auch in Zukunft mehr Teamgeist zeigen würden und auf die kleingeistigen Machtkämpfe verzichten würden.

Und trotz alledem: Was bleibt vom Hessentag? Nun, doch sehr viel. Zunächst haben wir - durch die mediale Aufmerksamkeit über Monate hinweg - unsere Stadt Bad Hersfeld sehr positiv in das Bewusstsein aller Hessen gebracht. Zweitens bleibt die gesicherte Erfahrung vorhergehender Hessentage, dass viele Besucher der Großveranstaltung unsere Stadt erneut besuchen werden. Auch darauf freue ich mich sehr.

Drittens bringt uns der Hessentag nachhaltige Investitionsvorhaben, die wir sonst nicht oder nur sehr viel später erreicht hätten. Einiges davon nutzen wir schon, anderes werden wir in naher Zukunft umsetzen: Die Neugestaltung des Stadions an der Oberau oder die komplette Neugestaltung unseres Nahverkehrs-Knotenpunktes in der Breitenstraße. Wir haben im Vorfeld des Hessentages den gesamten Stiftsbezirk mit zukunftsorientierter Breitbandausstattung und mit modernem Beleuchtungskonzept technisch aufrüsten können. Dies wird den Festspielen und neuen Formaten, wie dem Wintermarkt oder dem Weinfest, zugutekommen. Der neue Park-and-Ride-Parkplatz am Bahnhof ist ebenfalls ein Hessentags-Projekt. Große Teile des Zentrums, vom Kurpark bis zum Bahnhof, sind nun mit kostenfreiem WLAN ausgestattet.

Das neue Verwaltungsgebäude in der Breitenstraße 57 wird in Kürze in Betrieb gehen und viele verstreute Fachbereiche zusammenführen, um Ihnen dort dann einen innenstadtnahen und vor allem barrierefreien Service anbieten zu können. Und auch die barrierefreie Radfahrer- und Fußgängerbrücke über die Fulda kommt nun doch noch. Über den Hessentag hinaus hat das letzte Jahr viel Gutes für unsere Stadt gebracht. Einige Beispiele: 

Die Bad Hersfelder Festspiele haben ihren Erfolgskurs der vergangenen Jahre fortgesetzt. Intendant Joern Hinkel konnte in diesem Jahr 96.000 Besucher begrüßen; erstmals wurde mit dem „heute journal“ in einer bundesweiten Nachrichtensendung aus der Stiftsruine berichtet. Die Gesamtauslastung lag bei 86 Prozent und das Einnahmeziel von über vier Millionen Euro wurde erreicht. Auch für uns als Wirtschaftsstandort können wir positive Unternehmensentwicklungen in der Stadt vermelden. Zum Beispiel bauen RS Components mit ihrer britischen Muttergesellschaft ihre Geschäfte am Eichhof aus – mit einer Gesamtinvestition von rund 65 Millionen Euro.

Die Firma Summacom aus dem Saarland hat sich im Schilde-Forum angesiedelt. Sie sind jetzt mit 50 neuen Vollzeitarbeitsplätzen am Start – Tendenz steigend! Die Hochschule der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung am Seilerweg wird mit unserer Hilfe ihre Expansion nicht im Rheinland, sondern in Bad Hersfeld durchführen. Es werden weiter junge Menschen in unsere Stadt kommen! Dazu gesellen sich die nach wie vor steigenden Studentenzahlen der Technischen Hochschule Mittelhessen im Schilde-Park. Das Neubaugebiet am Schieferstein entwickelt sich.  

In Sachen Glasfaseranbindung für schnelles Internet greift die Breitbandinitiative Nordhessen jetzt in allen Stadteilen. Hier haben Entscheidungen also schon ganz konkret Früchte getragen. Für andere Stadtentwicklungsziele haben wir unlängst wichtige Weichen für die Zukunft unserer Stadt gestellt: Die Sanierung des Wever-Geländes hat durch den Architektenwettbewerb großartige Visionen und Vorschläge erbracht. Im Dreieck zwischen Schilde-Park, Klinikum und Bahnhof werden wir ein städtebauliches Schmuckstück mit viel neuem (und vor allem bezahlbaren) Wohnraum umsetzen.

Die Schließung des Herkules-Marktes war für uns ein Schlag in die Magengrube. Mit dem neuen Stadt-Archiv, dem neuen Verwaltungsgebäude und den wirtschaftlichen Aktivitäten des VR-Bankvereins gibt es aber tolle Möglichkeiten zur Wiederbelebung dieses Quartiers. Der Wandel von einer Problemzone zu einem städtebaulichen Highlight ist greifbarer Nähe. In den letzten Monaten haben wir mehrere Gewerbegebiete für heimische Unternehmen oder Neuansiedlungen ausgewiesen.

Wir hoffen, dass das Planfeststellungsverfahren für die Sanierung der Autobahn A 4 nun abgeschlossen wird. Die Stadt hat zusammen mit der Bürgerinitiative gegen Lärm und dem Lärmschutzbeirat deutliche Verbesserungen beim aktiven Lärmschutz erreichen können, unter anderem durch unsere Lärmsensoren entlang der Autobahn. Ein schönes Beispiel, wie unsere gemeinsamen Smart City-Aktivitäten ganz konkreten Bürgernutzen bringen.

Meine Damen und Herren,

es ist also viel passiert und es wird noch viel passieren in unserer Stadt. Aus meiner Sicht kann von „Stagnation“ oder „Nullbilanz“, wie man von denjenigen hört, die die positive Entwicklung offenbar nicht wahrhaben wollen, überhaupt keine Rede sein. Mit dieser Einschätzung bin ich offensichtlich auch nicht allein. Die von mir aufgezeigten Maßnahmen in der Vergangenheit und unsere Planungen für die Zukunft werden sehr wohl von den Menschen in und um Bad Hersfeld wahrgenommen.

Das zeigen auch die Einwohnerzahlen: Das Statistische Landesamt geht davon aus, dass bis 2030 die Bevölkerung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg abnehmen wird. Aber nicht bei uns! Bad Hersfeld stemmt sich wie "ein gallisches Dorf" erfolgreich gegen diese Bedrohung! Die letzten offiziellen Bevölkerungszahlen zeigen, dass wir in den letzten zweieinhalb Jahren sogar einen Zugewinn von 300 Einwohnern verzeichnen. Dies ist ein klares Zeichen für die Attraktivität des Wohn- und Arbeitsstandortes Bad Hersfeld.

Für diese Anziehungskraft ist es auch von enormer Wichtigkeit, dass Bad Hersfeld ICE-Standort bleibt, denn darin liegt für unsere Stadt und das Umland eine unglaubliche Chance. Sobald alle Streckenverbesserungen der Bahn zwischen Frankfurt und Osthessen erledigt sind, ist Bad Hersfeld nur noch etwa 55 Minuten von Frankfurt entfernt. Dann liegen auch wir im „Speckgürtel“ des Rhein-Main-Gebietes, was die Bevölkerungszahl weiter nach oben bringen dürfte. Für den Erhalt unseres Bahnhofs als ICE-Haltepunkt werden wir mit aller Kraft kämpfen.

Attraktion, Neues und Gutes – was meines Erachtens für Bad Hersfeld im Allgemeinen gilt, zeichnet auch das Lullusfest 2019 aus. Neu sind zum Beispiel einige der Fahrgeschäfte, die Sie gleich als Erste ausprobieren können. Eine weitere Neuerung bietet wir in diesem Jahr den Lullusfest-Besuchern: Wer mit dem Stadtbus zum Lullusfest fährt, hat die Möglichkeit, seine Fahrkarte gegen ein Freilos für die große Freiverlosung am 21. Oktober einzutauschen. Sammeln Sie also Ihre Fahrkarten während der Lollswoche, auch Zeitkarten erkennen wir an - mit etwas Glück gewinnen Sie tolle Preise am Abschlusstag!

Neu ist aber auch die Symbolfigur des Kastanienmeisters Krümel, die in diesem Jahr erstmalig den kleinen Lolls-Schwestern und Lolls-Brüdern das Lullusfest näherbringen wird. Unser allererster Kastanienmeister ist der fünfjährige Ian. Er wird gleich beim Festumzug mitlaufen, in der Lollswoche gemeinsam mit dem Feuermeister kranke Kinder im Klinikum besuchen und als "Glücksfee" bei der Freiverlosung fungieren. Lieber Krümel, lieber Ian, herzlich willkommen beim Lullusfest! Machen wir nun das Trio der drei Großveranstaltungen 2019 komplett. Entzünden wir also das Lollsfeuer, das von jetzt an bis Sonntagabend brennen wird!

Und nun, Herr Feuermeister, hören Sie:

Bürgermeister:
Wir zünden an uralten Brand,
Was soll er künden dem deutschen Land?

Feuermeister:
Am guten Alten woll’n fest wir halten!

Bürgermeister:
Und warum hüten in treuer Hut
Wir Tag und Nacht des Feuers Glut?

Feuermeister:
Wie die Väter in Ehren
Woll’n wir uns bewähren!

Bürgermeister:
Das Feuer brennt mit hellem Schein,
Was soll der Bürger Losung sein?

Bürgermeister und Feuermeister:
Hersfeld, die Stadt, sie trägt im Schild,
Ein Kreuz und einen Löwen wild.
In Kreuz und Leid hab’ Löwenmut
Und trau auf Gott, es wird wohl gut. +++

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