Umsetzungsphase erfolgreich

Halbzeitbilanz beim Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg

Johannes Mies (rechts) und Franceska Zahnreich (links) informieren über die ökologisch aufgewerteten Flächen des Bundesforstes im Oberwald
Fotos: Dieter Graulich

14.09.2019 / GREBENHAIN - Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, des Regierungspräsidiums Gießen, vom Vogelsberg- und Wetteraukreis sowie mehrere Bürgermeister und Mitglieder der Umwelt- und Naturschutzverbände blickten im „Berggasthaus“ an der Herchenhainer Höhe gemeinsam mit dem Projektteam auf eine gelungene und ereignisreiche erste Halbzeit der Umsetzungsphase des Naturschutzgroßprojektes Vogelsberg zurück.



Anja Püchner, Vorsitzende des Trägervereins Natur- und Lebensraum Vogelsberg betonte in ihrer Begrüßung, dass bereits sehr viele Projekte umgesetzt wurden und man auf einen sehr guten Weg sei, das Gesamtprojekt weiter nach vorne zu bringen. Ein besonderes Highlight sei Anfang Juli dieses Jahres die Auszeichnung des Projektes zur „UN-Dekade Biologische Vielfalt“ mit der Überreichung des „Vielfaltbaumes“ durch Ministerin Prisca Hinz gewesen. Mit dieser Auszeichnung lenken die Vereinten Nationen den Blick auf vorbildliche Projekte, die dem weltweiten Rückgang der Naturvielfalt entgegenwirken.

Projektleiter Ruben Max Garchow und dessen Stallvertreterin Michaela Fedeli informierten dann über die bisher abgeschlossenen und teilweise noch laufenden Teilprojekte. So wurden bei den Biotopeinrichtenden Maßnahmen im Offenland bisher 154 Projekte mit Kosten von rund 503.000 Euro abgeschlossen. Schwerpunkte waren Entbuschungen, Wiederherstellung von Brachflächen, Umwandlung von Ackerflächen und Waldflächen in extensives Grünland, Wiesendrusch und die Einsaat desselben. Im Bereich Wald und Moor gab es bisher 16 Projekte mit Kosten von 235.000 Euro. Hier lagen die Schwerpunkte bei der Renaturierung Hochmoor und Übergangsmoore sowie der Entfichtung von Quellstandorten. An den Vogelsberg Teichen wurde intensiv gearbeitet und etliche Kilometer Gewässer wurden renaturiert, nun können dort Groppe und Bachforelle wieder ungehindert wandern. Insgesamt wurden 498.200 Euro für 26 Projekte verausgabt.

30 Projekte gab es bisher im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Diese gliederten sich auf in: Erstellen der Newsletter, Beteiligung an der Ausstellung im Infozentrum Hoherodskopf, Infotafeln, Bergmähwiesenpfad, Artikel, Wanderungen und Veranstaltungen.

Bei den Artenmaßnahmen lag der Schwerpunkt bei der Bekämpfung von Lupinen (Neophyten) mit insgesamt 27 Projekten. Hier sind für dieses Jahr erneut Flächen Breungeshain, Herchenhain, Ober-Moos, Rudingshain, Rebgeshain und Bermuthshain vorgesehen. In anderen Bereichen wurden bisher sehr gute Erfolge erzielt: Waldsiedlung bei Breungeshain nur noch wenige Einzelexemplar, zwei Bergmähwiesen bei Breungeshain, auf denen 2018 das erste Mal ausgestochen wurde, waren dieses Jahr nicht mehr befallen. Gute Erfolge gab es nach dem diesjährigen ersten Durchgang am Breungeshainer Hang. Große Exemplare seien gut zu bekämpfen und könnten mit etwas Anstrengung meist auch mit kompletter Wurzel ausgestochen werden. Bei Massenvorkommen von kleinen Pflänzchen werde die Bearbeitung sehr schwierig und sei nur bis Anfang Juni möglich, danach müsse ein erster Schnitt erfolgen, um die Pflänzchen wiederzufinden. Generell seien dies sehr arbeitsintensive und damit kostenintensive Maßnahmen.

Über die sich im Projektgebiet liegende Luftmunitionsanstalt Hartmannshain informierten danach die beiden Sachbearbeiter des Bundesforstbetriebs Schwarzenborn, Franceska Zahnreich und Johannes Mies. So sei auf den bis Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche Waldwiesen des Gebietes 1936 mit dem Bau des Munitionsdepots „Luftmunitionsanstalt Hartmannshain“ begonnen worden. Bis 1945 erweiterte sich diese bis auf eine Größe von 225 Hecktar. Im März 1945 erfolgte die Sprengung durch Deutsche-Truppen nach Entdeckung durch die Alliierten Streitkräfte. Von 1978-1990 befand sich ein NATO-Lager im heutigen Gewerbegebiet der Gemeinde Grebenhain. Bis 2013 erfolgte die Entmunitionierung des ehemaligen Muna-Geländes und ab dem gleichen Jahr eine ökologische Aufwertung der Liegenschaft durch den Bundesforstbetrieb Schwarzenborn. Die Maßnahmen für die Bundesforst-Flächen waren im Pflege- und Entwicklungsplan des Naturschutzgroßprojektes festgelegt und für die Umsetzung ließ der Bundesforst eigens eine Fachplanung anfertigen. Bei der Exkursion im Oberwald zeigte Revierleiter Bauer zunächst kleinere Bereiche, auf denen Fichten entfernt wurden, um stattdessen einen Edelholz-Laubwald zu etablieren. Zu den gepflanzten Bäumen zählen unter anderem Spitzahorn, Bergahorn, Flatterulme sowie Elsbeere. Neben dem durch die Trockenheit bedingten problematischen Käferbefall bei Fichten waren auch bei den Rotbuchen ebenfalls Schäden durch die Trockenheit zu beobachten. Jedoch seien die Boden- und Feuchtigkeitsverhältnisse im Vogelsberg im Vergleich zu anderen Regionen noch verhältnismäßig gut, sodass den Fichten nach wie vor eine gewisse Überlebenschance eingeräumt werde. Mit Douglasien sollen die Fichten im Revier jedenfalls nicht ersetzt werden, da sie dem Standort nicht gerecht werden. Aufgrund der Tatsache, dass der Holzmarkt zurzeit mit Fichtenholz überschwemmt wird bleiben darüber hinaus Bereiche, die als nächstes für die Entfichtung vorgesehen waren, vorerst stehen bis sich die Marktlage wieder gebessert hat. 

Des Weiteren wurde ein Feuchtlebensraum besichtigt, der vom Bundesforst in der Senke eines ehemaligen Fahrweges angelegt wurde. Der Bereich war durch bereits vorhandene Erlen schon als feuchter Standort gekennzeichnet und bot sich deshalb besonders gut an, um dort ein kleines Stillgewässer zu schaffen. Nun stelle es für Amphibien einen wertvollen Lebensraum und für Fledermäuse sowie den Schwarzstorch einen potentiellen Jagdgrund dar. (gr) +++

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