"Warum hilft uns niemand?"

Ex-HOWA- und GHC-Mitarbeiter sind wütend und verzweifelt

Hochmut kommt vor dem Fall: Mario-Sebastian Fertig und Stephan Krause strotzten vor Selbstbewusstsein
Fotos: O|N

23.08.2019 / REGION - "Das sind Gauner", bringt es ein ehemaliger Geschäftspartner von Stephan Krause und Mario-Sebastian Fertig auf den Punkt. Gegen die beiden einst so selbstbewusst auftretenden Gastro-Jungunternehmer, die in der Region jede Menge Scherben bei den Angestellten und in den Lokalitäten hinterlassen haben, ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Fulda in mehreren Fällen, wie deren Sprecher Harry Wilke am Donnerstag bestätigt. Es gibt Strafanzeigen wegen Insolvenzverschleppung, wegen nicht gezahlter Krankenkassen- und Sozialversicherungsbeiträge und auch wegen Diebstahls von Gastro-Inventar. Doch die Liste der Vorwürfe gegen die als Gründerpreisträger ausgezeichneten 31-Jährigen ist noch wesentlich länger - und Zorn und bittere Enttäuschung unter den ehemaligen Angestellten sind riesengroß.


"Auf lhre heutige Anfrage teile ich lhnen mit, dass es derzeit fünf Verfahren gegen verschiedene Unternehmen der HOWA-Unternehmensgruppe gibt, die nach § 240 ZPO insolvenzbedingt unterbrochen sind", teilt uns heute der Fuldaer Arbeitsrichter Wolfgang Dylla mit. "Außerdem sind zwei Rechtsstreitigkeiten zur Höhe festzustellender lnsolvenzforderungen anhängig, die sich direkt gegen die lnsolvenzverwalterin über das Vermögen der HOWA Gastronomie in der Bayerischen Spielbank Bad Kissingen GmbH & Co. KG bzw. über das der HOWA Gastronomie Guckaisee GmbH & Co. KG richten." Zahlreiche Mitarbeiter sahen sich von nackter Existenzangst bedroht, weil die Gehälter monatelang ausgeblieben waren und sie entsetzt feststellen mussten, dass sie auch nicht krankenversichert sind.

Unter der Brücke schlafen oder den Strick nehmen?

Eine ehemalige Angestellte des Bad Kissinger Stadt-Cafés benennt ihre Situation so: "Ich saß auf der Straße, ohne Job, ohne Geld, konnte meine Miete nicht zahlen und wurde beim Arbeitsamt weggeschickt, weil ich nicht ordentlich angemeldet war. Ich wusste nicht, ob ich unter der Brücke schlafen oder mir gleich einen Strick nehmen soll", klagt sie. "Ohne die Hilfe einer anderen beherzten Ex-Mitarbeiterin der HOWA hätte ich aufgegeben." Eine andere ehemalige Mitarbeiterin ärgert sich am meisten darüber, dass sich trotz der laufenden Verfahren nichts tut. "Die erscheinen einfach zu keinem Gerichtstermin - und niemand tut etwas!", empört sie sich.

Nicht nur bei dieser Frau überwiegt die Wut, dass in der Rhön eigentlich "nach kurzer Zeit der Verblendung" alle Bescheid gewusst hätten, dass mit den beiden "Super-Gastronomen", die vor allem ständig den Mund zu voll genommen hätten, etwas nicht stimmen konnte. Die Insolvenzen seien doch für jedermann absehbar und unabwendbar gewesen, klagt sie. Stundenzettel seien getürkt worden und das Inventar diverser Gaststätten irgendwohin gebracht und eingelagert worden, um es schon vorab aus der Insolvenzmasse zu "retten", sagt sie. Deswegen gibt es Anzeigen wegen Diebstahls, die bereits letztes Jahr beim Polizeipräsidium Osthessen gestellt wurden. Diverses Gastronomieequipment der geschlossenen Gaststätten soll inzwischen als Angebot bei Online-Kleinanzeigen wieder aufgetaucht sein.

Wie großspurig waren die beiden Jungunternehmer 2016 in Rhön und Vogelsberg mit einem angeblich unschlagbaren neuen Konzept angetreten. Sie wollten den um sich greifenden Leerstand ländlicher Gasthäuser auf einen Schlag beenden und pachteten die Guckai-Stuben und den Ziegelhof in Poppenhausen, den Talblick auf dem Hoherodskopf, die Rimbachfarm in Steinau an der Straße und die Krone Post in Gersfeld. Obwohl sich schon nach kurzer Zeit die Stimmen mehrten, die von unbezahlten Überstunden und Rechnungen sowie ausbleibenden Gehältern munkelten, wurde, Krause und Fertig noch mit dem hessischen Gründerpreis für ihren unternehmerischen Mut und Weitblick geehrt. Das brennt den heute auf der Straße stehenden Ex-Angestellten besonders auf der Seele. "Sie hätten den Preis wegen der massenhaften Vernichtung von Arbeitsplätzen bekommen müssen", sagt ein Betroffener bitter.

Doch das letzte Kapitel in dem Trauerspiel HOWA und GHC-Service OHG ist noch nicht geschrieben. Die Ermittlungen mögen sich hinziehen, doch den strafrechtlichen Folgen werden sich die Verantwortlichen stellen müssen. (Carla Ihle-Becker)+++

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