Eisenbahnbrücke mit Geschichte

„Bimbel-Strecke“ ist heute Highlight des Kegelspielradwegs

Historische Aufnahme der Klausmarbacher Brücke mit der gerade überfahrenden "Bimbel"
Fotos: Karl-Heinz Burkhardt

22.08.2018 / BURGHAUN - Wer von der B27 bei Burghaun in Richtung Steinbach abbiegt, den zweiten Weg rechts durch den Wald in Richtung des Weilers Klausmarbach befährt, dem tut sich ein imposantes Bauwerk auf. Dabei handelt es sich um die alte und größte Eisenbahnbrücke der ehemaligen Bahnstrecke Hünfeld-Wenigentaft. Im deutschen Eisenbahnverkehr erlangte sie einst große Bedeutung.



Infolge dieses Streckenneubaus  wurde sie 1906 eingeweiht und vor genau 70 Jahren, im Jahre 1938, erweitert. Der von Pfeilern getragene mächtige Viadukt mit seinen sechs Bögen ist eine „imposante und erhaltenswerte Bauleistung und Ingenieurkunst“. Die 130 Meter lange Brücke überspannt eine Talhöhe von 32 Metern. Entsprechend damaliger Bautechnik wurde sie aus reinem Sandstein errichtet. Ihre Bögen mussten sowohl ihr Eigengewicht als auch die Last der darüber fahrenden Züge tragen.

Da die Verbindung Hünfeld-Wenigentaft in den 1930er Jahren als Entlastungsstrecke zur Bahnverbindung Fulda-Bebra sowie zur Entlastung des Kali-Verkehrstransportes aus der Werra-Region geplant war, erfolgte die Erweiterung des Viadukts durch ein zweites, bergseitig errichtetes Bauwerk. Es entstand 1938 in Betonbauweise mit einer Sandsteinverblendung. 1942 erlag die zweigleisige Trassierung der Gesamtstrecke allerdings den Sparzwängen.

Dort, wo heute der 27 Kilometer lange Kegelspielradweg über die Klausmarbacher Brücke verläuft, auf der Radler, Wanderer und Spaziergänger auf Bänken verweilen und einen Ausblick ins Haunetal genießen können, rollten früher täglich Güter- und Personenzüge. Man nannte die Strecke „Die Bimbel“. Diesen Namen trug sie durch das ständige Gebimmel der auf der Lokomotive aufgehängten Glocke. Damit machte sie sowohl an Halte- und unübersichtlichen Stellen sowie an Bahnübergängen auf  sich aufmerksam.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte die „Bimbel-Srecke“ nicht mehr durchweg befahren werden. Zwischen den Bahnhöfen Treischfeld und Wenigentaft (Sowjetzone) war der Verkehr unterbunden. In Richtung Westen behielt sie jedoch große Bedeutung – und damit auch die Klausmarbacher Brücke. Täglich chauffierten Züge Menschen aus dem Raum Eiterfeld, Steinbach und Burghaun zum Bahnhof Hünfeld und zurück. Schnaubende Loks  zogen in Waggons Mineraldünger, Futtermittel, Bau- und Betriebsstoffe, Filter- und Druckkesselanlagen aus den Firmen Ley und Ebner & Co. in Leibolz von A nach B.  

Wegen des Bahnverkehrs im Werra-Gebiet, wo Kalizüge wechselnd durch Hessen und Thüringen fahren mussten, gestattete die US-Army am 17. September 1945 den Sowjets, die Durchfahrt von Kalizügen zwischen Vacha-Unterbreitzbach über Philippsthal und Widdershausen nach Gerstungen. Als Gegenleistung erlaubten die Sowjets die Kaliabfuhr von Philippsthal durch späteres DDR-Gebiet über den Bahnhof Wenigentaft-Mansbach nach Hünfeld bis zum Bahnhof Hanau. Man sah darin eine Alternative zu Fahrten über die Hersfelder Kreisbahn, was die US-Army jedoch ablehnte. Die Siegermächte verständigten sich im August 1945 zunächst auf eine Wiederaufnahme des Reisezugsverkehrs, der wegen der Errichtung der Zonengrenze aber alsbald endete. Am 7. Juni 1948 erfolgte schließlich die Einstellung des Bahnverkehrs im Streckenabschnitt zwischen Treischfeld und Wenigentaft.

So kam es auch, dass auf der verbliebenen Bahnroute Hünfeld-Eiterfeld ab dem 29. Mai 1972 der Personenverkehr ruhte, bis auch der Güterverkehr zwischen Eiterfeld und Treischfeld am 1. Januar 1976 eingestellt wurde. Der letzte Güterzug zwischen Hünfeld und Eiterfeld rollte am 31. Dezember 1991. Damit hatte die Klausmarbacher Brücke, die alle Kriegswirren überstanden hatte, ihre eigentliche Bedeutung verloren. Man war sich aber einig, dass der Viadukt erhalten bleiben sollte. Bereits 1992 schlug die Hünfelder Stadtverordnetenversammlung vor, auf der stillgelegten Strecke einen Radweg zu errichten, um so gleichzeitig den sanften Tourismus zu fördern. Dieser Vorschlag fand bei den benachbarten Gemeinden Zustimmung und zugleich Eingang in das Gutachten zur Errichtung des Biosphärenreservats Rhön.

2003 erfolgte die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Kegelspielradweg, an der sich der Landkreis Fulda, die Stadt Hünfeld, die Marktgemeinden Burghaun und Eiterfeld sowie die Point-Alpha-Gemeinde Rasdorf beteiligten: die Geburtsstunde des heutigen Kegelspielradwegs. Nach Beendigung aller Bauarbeiten und umfangreicher Sanierungen an und auf dem Viadukt war mit der offiziellen Einweihung des Radweges am 27. April 2007 auch dessen Fortbestand gesichert. Info-Tafeln auf der Brücke geben heute Aufschluss über das Bauwerk. Hängeschlösser am Sicherheitszaun mit Eingravierungen von Verliebten lassen hoffen, dass es auch noch in 100 Jahren stehen wird. (pm)+++

Ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten erinnert heute noch an die einstige Bedeutung des Viadukts



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