Hepatitis-Behandlung

Anspruch auf kostenintensive Therapie: Geduldeter Ausländer verklagt Landkreis


Symbolbild: Pixabay

19.07.2018 / FULDA - Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt hat am Dienstag entschieden, dass Asylbewerbern in Deutschland eine kostenintensive medizinische Therapie zusteht, wenn diese aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist. Das gilt zumindest dann, wenn der Aufenthalt des Erkrankten in der Bundesrepublik nicht nur kurzfristig ist. Per einstweiliger Anordnung wurde der Landkreis Fulda nun verpflichtet, die Kosten für eine Behandlung eines an Hepatitis C erkrankten Geduldeten aus Aserbaidschan zu übernehmen.



Ursprünglich hatte der Landkreis die Kostenübernahme mit der Begründung abgelehnt, dass in Krankheitsfällen von befristet geduldeten Ausländern medizinische Leistungen nur auf niedrigem Niveau erbracht werden müssten. Diese Haltung, argumentierte das Sozialgericht jetzt, verstieße gegen das Verfassungsrecht. Das Grundgesetz sehe einen Anspruch auf Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums für alle vor. Neben der ärztlichen Behandlung von akuten Erkrankungen gelte dies nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auch für die Gewährung von Leistungen, die zur Sicherstellung der Gesundheit angebracht seien.  Bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen dürfe nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenziert werden. Das Gericht ist der Ansicht, dass zu diesen alle nach dem Recht der gesetzlichen Krankenkassen beziehungsweise der Sozialhilfe erforderlichen Therapiemaßnahmen gehören. Nach Angaben des Gerichts ist der Beschluss unanfechtbar und damit rechtskräftig.

Ende 2015 war der Mann aus Aserbaidschan mit seiner Frau aus den Niederlanden kommend ohne Ausweispapiere nach Deutschland eingereist. Er beantragte eine Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen und die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Bereits im Oktober 2016 wurde bei dem 54-Jährigen eine chronische Hepatitis-C-Infektion diagnostiziert, ein ärztliches Gutachten ergab, dass bei einer antiviralen Therapie eine Heilungschance von 90 Prozent läge. Im April 2018 beantragte der Mann, dessen befristete Duldung Anfang September ausläuft, den Landkreis Fulda durch einstweilige Anordnung durch das Sozialgericht zur Kostenübernahme zu verpflichten.

Über den Widerspruch des Landkreises, der Aserbaidschaner sei zur Ausreise in die Niederlande verpflichtet, wurde bisher nicht entschieden. Da nicht absehbar sei, wann eine Abschiebung mit den nötigen Ausreisedokumenten vollzogen werden könne, urteilte das Landessozialgericht, spreche die voraussichtliche Therapiedauer von zwölf Wochen nicht gegen die Erforderlichkeit der Therapie. (mr) +++

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