"Der giftigste Ort der Welt"?
K+S nach YouTube-Video belastet: Unternehmen wendet sich an die Mitarbeiter
Archivfotos: O|N/Kevin Kunze
27.04.2024 / HERINGEN (W.) -
Ein YouTube-Video sorgt derzeit für immensen Gesprächsstoff. Der populäre Kanal "Simplicissimus" hat nach langer Recherche einen Beitrag über die Untertagedeponie Herfa-Neurode (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) veröffentlicht. In dem Video "Der giftigste Ort der Welt" beschuldigen sie den größten Arbeitgeber der Region, K+S, diverse Verfehlungen und Gefahren gerade bei Umwelt- und Sicherheitsthemen zu ignorieren. Aber wie hoch ist der Wahrheitsgehalt?
K+S wollte das Video gegenüber OSTHESSEN|NEWS nicht öffentlich kommentieren, die Mitarbeiter des Kasseler Weltkonzerns wurden intern allerdings über die Positionen des Unternehmens informiert. Dieses interne Schreiben liegt unserer Redaktion jetzt vor. Darin wird deutlich, dass sich das Bergbauunternehmen von den Vorwürfen distanziert und klarstellt, dass einige Passagen klar der Unwahrheit entsprechen.
YouTube-Kanal stelle "kein reguläres journalistisches Format dar"
Danach werden in dem internen Schreiben, die Mitarbeiter zur Historie des YouTube-Kanals informiert, dabei heißt es vonseiten des Kasseler Unternehmens: Der Kanal "produziert aufwändige, meinungsstarke Beiträge, die vermeintliche Skandale aufdecken und Unternehmen in ein schlechtes Licht rücken. Das ist das Geschäftsmodell von Simplicissimus.Um einen Skandal zu beschwören und unter den Zuschauern Angst zu verbreiten, werden Verbindungen geschaffen, wo keine existieren, und Fakten aus dem Zusammenhang gerissen und verdreht. Die vorgefasste Meinung zieht sich durch den ganzen Film. Die im Journalismus übliche Trennung zwischen objektiver Berichterstattung und Meinung gilt hier nicht. Überhaupt stellt Simplicissimus kein reguläres journalistisches Format dar."
Unternehmen beantwortete den Fragenkatalog ausführlich
"Im Spätsommer 2023 hat Simplicissimus die Recherche wieder aufgenommen und nun die Themen Untertagedeponie, Entsorgung salzhaltiger Wässer, Einstapelung im Grubenfeld Springen und Haldenabdeckung miteinander verknüpft. So wird K+S als Konzern dargestellt, der aus Geldgier die Umwelt verschmutzt und einen Giftmüll-GAU riskiert. Da absehbar war, wie der Beitrag ausfallen würde, haben wir alle Anfragen schriftlich beantwortet, Antworten vor der Kamera jedoch abgelehnt, um zu vermeiden, dass diese im Kontext falsch dargestellt werden", erklärt K+S intern die eigene Belegschaft zu dem Prozess auf.Fragenkatalog wurde den Mitarbeitern ebenfalls zur Verfügung gestellt
Zudem wurden den Mitarbeitern der komplette schriftliche Fragenkatalog inklusive der Antworten des Unternehmens transparent via der internen Mitteilung übermittelt. Auch dieser liegt OlN vor.Im Video wird unter anderem die Untertagedeponie Herfa-Neurode als giftigster Ort der Welt bezeichnet, auch hier stellt sich K+S energisch im internen Schreiben dagegen: "Es ist inzwischen üblich, dass die Untertagedeponie Herfa-Neurode in Medienberichten so bezeichnet wird. Da Giftigkeit keine messbare Größe ist wie Temperatur, kann die Behauptung kaum widerlegt werden. Der spektakuläre Titel garantiert im Internet hohe Klickzahlen und damit Werbeerlöse. Dabei manipuliert er das Publikum und lässt in ihren Köpfen ein falsches Bild der Untertagedeponie entstehen als ein Ort, an dem Mensch und Umwelt einer ständigen unkontrollierbaren Gefahr ausgesetzt sind."
Das Video konnte seit der Veröffentlichung am vergangenen Sonntag rund 1,2 Millionen Aufrufe generieren. Viele Menschen reagierten in den Kommentaren fassungslos. Es bleibt abzuwarten, ob der größte Arbeitgeber im Landkreis Hersfeld-Rotenburg nach den heftigen Vorwürfen nachhaltig Schaden in Kauf nehmen muss. (Kevin Kunze) +++