Serie: Faszination Mythen und Sagen

Die Fremden und der Mord in der Marbacher Mühle


Foto: Marius Auth

21.02.2018 / REGION - Vor vielen Jahren stand in der Nähe von Marbach eine alte Mühle. Eines nachts klopfte es an der schweren Eichentüre: „Bitte, habt Mitleid“, baten zwei Wanderer die Müllersleute. „Wir brauchen für die späte Stunde ein Dach über dem Kopf, einen Kanten Brot und einen Platz, an dem wir schlafen können.“ Der Müller willigte ein.



Doch beide Freunde wurden getrennt - den einen brachte man in eine kleine Kammer unter das Dach, der andere verschwand mit dem Müller treppabwärts. Betrübt lag der erste Wanderer in seinem Bett, die Not der Mühleneigentümer war ihm nicht verborgen geblieben. Wohin er auch blickte, entdeckte er nur Verfall und Unordnung, die besten Tage hatte das große Anwesen längst hinter sich gelassen. Endlich schlief er ein.

Am nächsten Morgen, der Fremde hatte sich vorgenommen, dem freundlichen Ehepaar zu helfen, ging er in die Stube um seinen Weggefährten zu suchen. „Sag, Müller, wo ist mein Freund? Schläft er denn noch?“ fragte er. Sein Gastwirt war über die Frage bestürzt und gab ausweichende Antworten. „Habt Ihr ihn endlich erkannt?“ fragte der Jüngling aufgeregt weiter. „Es ist doch euer Sohn, der endlich nach Hause gekehrt ist!“ Aber anstatt sich zu freuen, seinen Sohn, den er seit 14 Jahren nicht mehr gesehen hatte, zurückzuhaben, erbleichte der Müller.

Laut jammernd brach der alte Mann zusammen. Und nun erfuhr der Wanderer, dass das Müllerehepaar in der Nacht ihren eigenen Sohn, den sie längst für tot gehalten hatten, hinterhältig erschlagen und beraubt hatten. Die Leiche, so erzählte der aufgelöste Müller, hatte man im nahen Entenpful versenkt. Die zwei Alten zeigten ihre Tat am selben Tag an und wurden alsbald zum Tode durch das Rad verurteilt.

Es wird erzählt, dass die verstorbenen Seelen der Familie keine Ruhe fänden. Bis heute soll man, in Nächten, in denen der Mond besonders hell scheint, Irrlichter über dem See, in der die Leiche des Sohnes vermutet wird, sehen können. (Miriam Rommel) +++

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