Dreharbeiten zum Zeitzeugenprojekt

"Fulda erzählt": Mit persönlichen Geschichten Teil des Museums werden

Vor den Dreharbeiten (v.l.n.r.): Wissenschaftliche Museumsmitarbeiterin Katja Galinski, Museumsleiter Dr. Frank Verse und Zeitzeuge Joachim Zint.
Fotos: Maria Franco

28.09.2020 / FULDA - In der Villa Schmitt am Fuldaer Paulustor standen in dieser Woche einige Drehtermine an. Der Grund: die ersten Zeitzeugeninterviews für die geplante Jubiläumsausstellung "Als die Demokratie zurückkam – 75 Jahre Verfassung in Hessen und Fulda" wurden vor der Kamera aufgenommen. Das Projekt "Fulda erzählt" ist auf Initiative des Vonderau Museums entstanden. Die Resonanz ist mehr als positiv: "Wir haben damals den Aufruf gestartet und wussten nicht, wie viele sich melden werden. Inzwischen haben sich 35 Personen mit spannenden Geschichten vorgestellt", erklärt Museumsleiter Dr. Frank Verse im O|N-Gespräch. 


Im Mai 2021 wird die Ausstellung im Rahmen des Hessentages eröffnet. Darin wird die schrittweise Rückkehr zur Demokratie in Hessen und Fulda nach der NS-Diktatur thematisiert. Hierfür laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren: Das Projekt startete Ende Juni 2020 mit ersten Gesprächen und Begegnungen. Zeitzeugen, die als Kinder oder Jugendliche die Nachkriegsjahre - 1945 bis 1949 - erlebt hatten, erhalten hierdurch die Möglichkeit, ihre Erinnerungen zu schildern. "Uns interessiert, wer beispielsweise an den Veranstaltungen im Amerika-Haus teilgenommen oder auch Kurse in der wiedereröffneten Volkshochschule besucht hat. Aber auch, wie die Erziehung und der Schulbesuch nach Kriegsende verlaufen sind", so Katja Galinski, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Vonderau Museums. 

Galinski hat die Erstgespräche geführt. "Die Zeitzeugen haben uns die verschiedensten Themen aufgezeigt - nicht nur bezogen auf den Zweiten Weltkrieg. Auch Söhne, Töchter und Enkel haben sich gemeldet." Wichtig sei auch gewesen, ob Erinnerungsstücke vorzeigbar sind. "Das sind natürlich einzigartige Dokumente aus der Zeit."

An Geschichtsschreibung teilhaben

Das Besondere des Ganzen: "Wir möchten die Historie der Region dokumentieren. Es gibt einmal die Geschichte, die auf Sitzungen des Gemeindesrates zurückgehen, - wir suchen aber die persönlichen Geschichten", so der Museumsleiter. Wie haben die Menschen diese Zeit erlebt? Wie sind sie vor Ort mit den Gegebenheiten umgegangen? Dies sind nur einige Fragen, die im Vordergrund stehen. Mit "Fulda erzählt" bestehe die Möglichkeit, an der Geschichtsschreibung teilzuhaben. "Das Vonderau Museum kann als ihr Museum gesehen werden. Durch die persönlichen Erlebnisse werden die Zeitzeugen Teil des Museums." 

Zeitzeuge Joachim Zint 

Joachim Zint ist einer der Zeitzeugen, der sich an dem Projekt beteiligt. Für den pensionierten Richter ist es ein besonderes Anliegen. "Ich habe schon immer Interesse an Geschichte gezeigt und bin selbst im Geschichtsverein aktiv." Der 83-Jährige hat einiges zu erzählen. Er ist am 24. April 1937 in der Fuldaer Frankfurter Straße geboren worden - und erlebte eine Kindheit in einer bewegenden Zeit. Einer Zeit des Krieges. Kaum wurde er in der Hindenburg-Schule im Jahr 1943 eingeschult, prägten Voralarme den Alltag. Schließlich bekam er die Bombenangriffe am 11. und 12. September 1944 hautnah mit. Dies sind nur einige prägende Erlebnisse aus seinem Leben. 

Weitere Eindrücke aus der Kriegs- und Nachkriegszeit warten auf die Besucher im nächsten Jahr. Für die Ausstellung werden noch Gegenstände, Fotos oder Dokumente mit Bezug zu Fulda gesucht, die mit persönlichen Erinnerungen verknüpft sind: Demokratisierung, erste Wahlen 1946 (Plakate, Flugblätter, Mitgliedsausweise), Amerika-Haus in der Rabanusstraße und amerikanisches Jugendprogramm German Youth Activities (GYA) in der Marienstraße. Auch Objekte aus der NS-Zeit und Nachkriegszeit (Kleidungsstücke, Briefe, Tagebücher, Spielzeug, Notbehelfe) werden benötigt. (Maria Franco) +++

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