Regelung der Organspenden

Widerspruchslösung ist vom Tisch - Mehrheit stimmt Entscheidungslösung zu

Der Bundestag hat entschieden
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16.01.2020 / BERLIN - Der Bundestag hat sich am Donnerstagvormittag nach langer intensiver Debatte über die künftige Regelung von Organspenden mehrheitlich gegen die von Gesundheitsminister Jens Spahn(CDU) favorisierte so genannte doppelte Widerspruchslösung ausgesprochen. Durchgesetzt hat sich dagegen in der entscheidenden dritten Lesung mit 432 Ja-Stimmen zu 200-Ablehnungen die Entscheidungslösung, die eine parteiübergreifende Abgeordnetengruppe um die Grüne Annalena Baerbock vorgeschlagen hatte. Unterm Strich bleibt dadurch die bisherige Regelung bestehen, nach der eine Organspende nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen möglich ist.

Neu ist, dass jeder Bundesbürger künftig turnusmäßig bei der Verlängerung von Pass oder Personalausweis im Bürgerbüro gefragt wird, ob er sich als Organspender zur Verfügung stellen will. Für diese wichtige Entscheidung des Bundestags war die Fraktionsdisziplin bei den Parteien ausgesetzt worden, die Abstimmung erfolgte namentlich.

Demzufolge bleiben Organspenden auch künftig nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Mit überraschend deutlicher Mehrheit hatte der Bundestag den Vorstoß einer Abgeordnetengruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn abgelehnt, die bisherige Regelung quasi umzukehren und jeden als Spender zu deklarieren, der nicht ausdrücklich widersprochen hat. 292 Parlamentarier unterstützten Spahns Antrag, 379 Abgeordnete stimmten dagegen, drei enthielten sich. Die vorhergehende Debatte hatte leidenschaftlich das Pro und Contra der beiden unterschiedlichen Gesetzesentwürfe beleuchtet, ohne der Gegenseite die grundsätzliche Zielrichtung beider Vorschläge abzusprechen, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Immerhin warten derzeit rund 9.000 Patienten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Der jetzt mehrheitlich angenommene Gesetzentwurf beinhaltet, dass jeder Bürger mindestens alle zehn Jahre beim Abholen eines neuen Personalausweises im Bürgeramt auf das Thema Organspende angesprochen wird. Gleichzeitig soll auch auf die Möglichkeit hingewiesen werden, eine Entscheidung zur Organspende in ein zentrales Onlineregister einzutragen. Vermehrte Aufklärung und Information über niedergelassene Ärzte soll ebenfalls dazu führen, dass sich mehr Menschen für eine Spende ihrer Organe entscheiden. 

Deutsche Bischofskonferenz begrüßt Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Organspende


Anlässlich der Debatte und Entscheidung im Deutschen Bundestag zum Thema Organspende erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: "Der Deutsche Bundestag hat heute mit einer deutlichen Mehrheit ein Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende beschlossen. Die Deutsche Bischofskonferenz unterstützt nachdrücklich das mit dem Gesetz verfolgte Anliegen, in Deutschland die Zahl der Organspenden wirksam zu erhöhen.

Wir glauben, dass das heute beschlossene Gesetz geeignet ist, die erfreulich große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung praktikabel und nachhaltig in eine individuelle Bereitschaft zur Organspende zu überführen. Das Gesetz gewährt weiterhin eine möglichst große Entscheidungsfreiheit bei der Organspende und trifft dennoch Maßnahmen, die dazu führen, dass die Menschen sich verstärkt mit der Frage der Organspende befassen.

Zudem hält das Gesetz praktische Regelungen bereit, wie z. B. die Einführung eines Organspenderegisters, die die Abläufe und Strukturen bei der Organspende weiter verbessern werden. Die Verabschiedung dieses Gesetzes setzt ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender (medizin)ethischer und grundrechtlicher Prinzipien, auf denen das Wertefundament unserer Gesellschaft fußt. Wir begrüßen die Entscheidung des Deutschen Bundestages deshalb sehr." (ci)+++


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, während der Debatte über neue Organspende-Regeln.
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