Palliativ-Round Table bei Mediana

In Würde sterben: "Tod und Trauer wieder in die Mitte der Gesellschaft rücken"

In Würde sterben - damit beschäftigten sich Experten beim Mediana Roundtable am Montagabend.
Symbolbild: Pixabay

19.11.2019 / FULDA - Wie gehen Betroffene, Angehörige und Freunde mit dem Tod eines Menschen um? Wie kann man sich am besten darauf vorbereiten, sodass der Sterbende auch in Würde sterben kann? Keine einfachen und vor allem keine alltäglichen Fragen. Um darauf Antworten zu finden und ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, kamen am Montagabend Experten zu einem "Palliativ-Round Table" bei Mediana zusammen. "Dieses wichtige Thema bedarf Aufklärung und Information", sagte Mediana-Geschäftsführer Bastian Hans bei der Begrüßung des Podiums und der Gäste. 



"Noch vor einigen Jahren waren die Menschen mit dem Tod alleine. Das muss heutzutage nicht mehr sein", bringt es Dr. Thomas Sitte vom Stiftungsvorstand Deutsche PalliativStiftung gleich zu Beginn der Veranstaltung auf den Punkt. Denn heutzutage gibt es verschiedene Angebote, Einrichtungen und Hilfen, die den Menschen in solch schwierigen Situationen den Alltag erleichtern - und später den Betroffenen in Würde sterben lassen können. "Es sterben junge und es sterben alte Menschen. Das Schlechteste, was man machen kann, ist Abwarten." Denn um den Wünschen gerecht zu werden, sei eine Vorsorgevollmacht unumgänglich. "Was geht und was nicht geht, weiß in Deutschland nicht jeder. Die Versorgung hier in Fulda empfinde ich aber als absolut super. Es ist ein Leuchtturm im unruhigen Gewässer."

Doch man könne immer noch mehr machen. Deshalb gehörte auch Johanna Kapp, Fachanwältin für Erbrecht, zum Teil des Round Tables: "Was passiert, wenn ein Mensch durch eine Krankheit oder einen Unfall nicht mehr selbst in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen?" Wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt, kann das ganz schnell zu einer zusätzlichen Zerreißprobe für alle werden. "Es ist ein Irrglaube, dass in solchen Fällen Kinder oder der Ehepartner Entscheidungen treffen können. Ein gerichtlicher Betreuer schaltet sich in solchen Situationen ein", informiert sie. Und das ist vermutlich ein Betreuer, der weder der Betroffene, noch die Angehörigen kennen. "Dieser entscheidet dann über viele Handlungen, beispielsweise über freiheitsentziehende Maßnahmen." Um solche Dinge zu vermeiden, sollten laut Kapp fünf Dinge unbedingt schon im Vorfeld geregelt sein: eine Generalvollmacht, die Betreuungsverfügung, eine Patientenverfügung, die familienrechtliche Anordnung und die Bestattungsanordnung.



Eine plötzliche Krankheit, ein schwerer Unfall: es kann jeden von uns treffen. Genau diese unvorhersehbaren Ereignisse lassen uns Menschen oft verzweifeln. Doch niemand soll in seiner Not oder in seiner Angst alleine gelassen werden. Dafür gibt es beispielsweise das PalliativNetz Osthessen: Geschulte Mitarbeiter kümmern sich um Menschen, deren Diagnose in wenigen Wochen oder Monaten zum Tode führt. "Ängste, Nöte, Sorgen und viele Fragen beschäftigen sie", erzählt Anette Gaul-Leitschuh. Auch sie versorgt Menschen, hauptsächlich zu Hause, aber auch in Pflegeeinrichtungen, die sich tagtäglich mit dem Tod auseinandersetzen müssen. Schon Symptome wie Atemnot, Übelkeit oder Juckreiz sorgen bei Betroffenen und deren Angehörigen für große Beunruhigung. Die Engagierten vom PalliativNetz Osthessen sind in diesen Fällen zur Stelle - und nicht nur zum vereinbarten Termin: "Auch wenn der Mensch in Not ist, wir kommen sofort." Schon über 700 Todesfälle hat das PalliativNetz in diesem Jahr begleitet. "Manche sterben innerhalb von Stunden, manche betreuen wir auch sieben oder acht Jahre."



Für Elke Hohmann, Geschäftsführerin der Deutschen Palliativstiftung, ist der Job eine Herzensangelegenheit - zu dem sie durch den Tod ihrer Eltern gekommen ist. "Als meine Mutter vor einigen Jahren gestorben ist, war es einfach nur furchtbar. Meinem Vater haben wir geschworen, dass es bei ihm anders laufen wird" - auch durch eine vorher abgeschlossene Patientenverfügung. "Auch das Palliativteam hat eine großartige Arbeit geleistet. Die Zeit war schön und intensiv und möchte ich auf keinen Fall missen." Sie findet es wichtig, die Themen Tod und Trauer wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. "Vor 40, 50 Jahren war das noch ganz normal. Heute ist der Tod ausgeklammert worden. Wir müssen den Menschen wieder Mut machen und sich mit dem Thema auseinander zu setzen."

Das sieht auch Wilfried Wanjek vom ambulanten Hospizdienst so. "Der menschliche Aspekt gehört zum Sterben dazu. Natürlich kommen bei einer Diagnose wie einer unheilbaren Krankheit viele Fragen im Kopf und im Herzen auf." Da kommt der ambulante Hospizdienst ins Spiel: denn nachdem die Medizin und die Pflege geregelt sind, kümmern sie die Ehrenamtlichen um das Menschliche: "Wir sind da und hören einfach zu." (Luisa Diegel) +++

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