Volkstrauertag auch heute noch notwendig

Gedenkfeier am Ehrenfriedhof auf dem Schlossberg

Ehrenfriedhof Ulrichstein: Kyffhäuservorsitzender Klaus-Dieter Semmler und Bürgermeister Edwin Schneider am Ehrenmal (von links) nach der Kranzniederlegung am Ehrenmal auf dem Schlossberg
Foto: gr

19.11.2019 / ULRICHSTEIN - "Viele von Ihnen waren bestimmt schon auf einem der zahlreichen Soldatenfriedhöfe. Erinnern Sie sich, was Ihnen dabei durch den Kopf gegangen ist? Ich empfinde Kriegsgräberstätten und Soldatenfriedhöfe als Zeichen für die Versöhnung zwischen den Völkern. Dort ruhen Soldaten der kriegsbeteiligten Länder unter einer Erde. Über ihren Gräbern weht der gleiche Wind und scheint die gleiche Sonne. Hier wird die Sinnlosigkeit des Krieges besonders deutlich", so Bürgermeister Edwin Schneider am Sonntagmorgen auf dem Ehrenfriedhof auf dem Ulrichsteiner Schlossberg.



Er bedauerte, dass der Volkstrauertag inzwischen ein Gedenktag sei, mit dem viele Menschen in unserer heutigen Gesellschaft nichts mehr anzufangen wissen, weil sie den Sinngehalt dieses Tages nicht kennen: "Volkstrauertag – das hat doch irgendetwas mit Krieg, mit Soldaten, mit Schicksalen, mit den Erlebnissen einer anderen Generation, mit Vergangenem, mit Tod und Trauer zu tun, so lauten viele Antworten auf die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung des Volkstrauertages".

Brauchen wir, nachdem wir zum Glück so lange keinen Krieg in unserem eigenen Land hatten, überhaupt noch einen Volkstrauertag? Ist der Volkstrauertag tatsächlich etwas Altmodisches, Verstaubtes und Vergangenes, ein Relikt des 20. Jahrhunderts, das in unserem Jahrhundert keinen Platz mehr hat?

Das seien sicherlich Fragen, die sich viele stellen, die sich nicht näher mit dem Volkstrauertag beschäftigt hätten und seine Bedeutung nicht kennen. Bedenkt man aber, dass niemals in der Geschichte der Menschheit so viele Menschen Opfer von Kriegen, brutaler Gewalt und Terroranschlägen geworden sind wie im vergangenen und diesem Jahrhundert, stellt sich die Frage vielleicht anders.

Es waren aber nicht nur "hunderttausende Tote", die in den beiden Weltkriegen Leben oder Gesundheit verloren. All diese Menschen unterschiedlichster Nationalität hatten Wünsche und Hoffnungen auf eine Zukunft, die aufgrund menschenverachtender Politik brutal zerstört wurden. Millionen Frauen litten nach dem Tod ihres Mannes Not und mussten ihre Kinder alleine erziehen. Millionen Kinder haben ihren Vater nie kennen gelernt und mussten ohne ihn aufwachsen.

"Der Volkstrauertag ist notwendig, gibt er doch den Menschen die Möglichkeit, inne zu halten, sich wieder einmal die Fol-gen von Krieg und Gewalt zu vergegenwärtigen, die eigene Haltung zu überdenken und an die Verantwortlichen, die Politiker und jeden Einzelnen zu appellieren, andere Wege einer Konfliktlösung zu finden", so Bürgermeister Schneider.

Klaus-Dieter Semmler, Vorsitzender der Kyffhäuserkameradschaft Ulrichstein wies in seiner Ansprache bei der Gedenkstunde darauf hin, dass Albert Schweitzer einmal gesagt habe: "Die Soldatengräber sind die großen Prediger des Friedens.“ Er wünschte, dass weltweit die Menschen in Regierungsverantwortung diese Worte wahrnehmen. Denn dann werde, das hätten wir Deutsche selbst mit Frankreich und Polen erleben dürfen, Versöhnung über den Gräbern möglich. Dann könne Frieden beständig sein.

Während eine Abordnung des Evangelischen Posaunenchors Ulrichstein das Lied „Ich hat einen Kameraden“ spielte, legten Bürgermeister Edwin Schneider und der Kyffhäuservorsitzende Klaus-Dieter Semmler gemeinsam am Ehrenmal einen Kranz nieder.

Der Ehrenfriedhof auf dem Ulrichsteiner Schlossberg ist im Vogelsbergkreis die einzige Gedenkstätte auf der nur Kriegsopfer begraben sind. (gr) +++

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