17. Waldberger Mundartabend

"Koisseggunde und Loachkraut üm halwer ochd!"

Vater und Sohn auf Rhön-Grabfeld-Art: Fredi Breunig (li) und Martin Wachenbrönner
Fotos: ara

17.10.2017 / SANDBERG - Ein herrlicher Herbsttag endete mit einem traumhaften Abendhimmel, dessen späte Rottöne den Weg nach Sandberg beleuchteten, wo sich gut 150 Besucher des Mundartabends eingefunden hatten. Wer den Weg gefunden hatte, war in der Lage die Eintrittskarte zu lesen. „Mie fange üm halwer ochd ou“, war noch leicht zu erkennen, aber der „Siewezedrr Waldbaricher Mundordowed“ forderte schon vertiefte Kenntnisse der Sprache der Walddörfler.



Der 17. Waldberger Mundartabend seiner Art sei eigentlich schon der 18. Abend, wie Brigitte Meyerdierks feststellte, die seither durch den Abend führt. Der allererste Abend fand damals in Bad Brückenau statt und hatte nur wenige Zuschauer locken können. Ein Jahr später hatten die Organisatoren im Sandberger Ortsteil Waldberg ihre Zelte für den Neustart aufgeschlagen, um mittlerweile im Sandberger Pfarrer-Straub-Haus zum immer ausverkauften Mundartabend zu laden.

Übersetzung inklusive
Die Künstler sind in all den Jahren dieselben geblieben, allein ihre Beiträge sind jedes Mal andere. Die Organisatoren des Abends sind Martin Raab und Edmund Bühner und beide treten seit Jahren erfolgreich als „Owannig“ auf den Bühnen der Region auf. Ihre Musik eröffnete den kurzweiligen Abend, der allerhand handfeste Ratschläge fürs menschliche Zusammenleben, Infos der Politwelt oder gar kulinarische Feinheiten der Großgemeinde parat hielt.

Das Loblied auf das Bayerische Reinheitsgebot amüsiert die Zuhörer, die ohne großes Warmlaufen eine Einheit mit den Künstlern bildeten. Der Applaus für den ersten Beitrag brandete auf die Bühne, Edmund Bühner war allerdings etwas verdrossen, da das erste Lied Owannings normalerweise niemals klappen würde…

Mit dem Lied „Borümm“, also „Warum“ ging es weiter, wobei auch der unbedarfte Zuhörer aufgrund fundierter Übersetzung der Protagonisten stets auf seine Kosten kam. Als Brigitte Meyerdierks „Mick“ Klaus Kirchner, den gebürtigen Sandberger aus Bischofsheim ansagte, sinnierte sie über sein Lied „Koisseggunde“, wo sie glaubte, dass es von einer Frau handelte. Als gebürtige Niederbayerin tut sie sich mit manchen Rhöner Ausdrücken immer noch schwer. Mick übersetzte dann in „keine Sekunde“. Da er zu Beginn nur zwei Lieder spielen durfte, wie er ernsthaft versicherte, schloss er mit dem Lied übers „Hömm“ (das Hemd) erst einmal ab.

Musiker und Moderatorin samt Publikum scheinen alle schon lange miteinander bekannt zu sein, somit wurde auch viel Persönliches ausgetauscht, der Abend schien fast wie ein Familientreffen. Edmund Bühner fasste das im Vorbeigehen in einen kurzen Satz zusammen: „Mir köenn do alle zomm!“ (Wir gehören alle zusammen).

Zur Familie gehören natürlich auch Vater und Sohn, verkörpert von Fredi Breunig als dem allwissenden bauernschlauen Vater und Martin Wachenbrönner als dem aufmerksamen Sohn, der sich bei den Hausaufgaben helfen ließ. Manch komplizierte Rechenaufgabe sollte praxisnah ermittelt werden, so wollte der Vater die Rechenaufgabe 12 mal 12 an zwölf Wirtshausabenden mit jeweils zwölf Maß Bier ermitteln. Den Satz im Schulbuch „Alkohol tötet die Gehirnzellen ab“, wischt er mit einer Handbewegung weg, „Schmarrn, do däd ich doch wos merg“! Und natürlich werden auch Fang- und Scherzfragen entlarvt. Der Satzanfang „Gehen zwei Waldberger Wirtshaussänger an einer Wirtschaft vorbei“ wird gleich als Fangfrage erkannt, „die kehren nämlich immer ein“!

Nehmen sie nen Alten!
Die vier flotten Damen der „Kaufmannsware“ rieten den Frauen „Nehmen sie nen Alten“ und bekamen ebenfalls einen brausenden Applaus. Ihr komödiantisches Talent zeigten sie mehrmals auf der Bühne, etwa beim musikalischen Wettstreit von Angelika Enders und Edith Hüttner mit Trompete und Tube gegen Theresa Seiffert und Ilona Zirkelbach (Klarinetten). Dass sie nach einem Lehrgang in Reit-im-Winkl quasi die Jodelköniginnen von Rhön-Grabfeld seien, stellten Edith und Angelika dann auch noch gekonnt unter Beweis. Von der Lautstärke her sind sie das auf jeden Fall. Applaus bekamen sie trotzdem, bzw. gerade deswegen! Das sind die Einlagen, die das Publikum erwartete.
Edith Hüttner sang und jauchzte in den höchsten Tönen, „ich könnt´ vor Lust vergehn, wenn ich einen Bierbauch seh´“.
In einem ihrer neuesten Lieder singen Kaufmannsware über die Sandberger Bürgermeister und berichten von der Treibjagd des Landrates mit allerhand regionalen Politikern, in deren Verlauf Dorothee Bär „mit Pumps und Minikleid im Waldesboden stecken bleibt“! Der Beifall für diese Lieder war ihnen gewiss, zumal sie mit einer Einlage mit handgemachten Jagdhörnern aus Gartenschlauch und Einfülltrichtern zusätzlich die Lachmuskeln strapazierten. Dass sie auch ganz anders können, bewiesen sie in ihrer Zugabe, ohne die sie nach ihrem A-Cappella-Gesang nicht von der Bühne durften. „Mir wolle äbbes seng, wos zu Häzze gät“, leitete Edith Hüttner das Loblied auf die Rhön ein, für das sie ebenfalls großen Applaus ernteten.

Nach zehn Jahren noch einmal
Eigentlich bringen Gotthold und Eustach immer einen neuen Sketch mit nach Sandberg, diesmal beugten sie sich dem Wunsch, das zehn Jahre alte Stück von der Onlinemeldung des Zuckerrübenkontingentes, bei dem der Bauer Gotthold (Martin Wachenbrönner) seinen Freund Eustach (Fredi Breunig) um Unterstützung am Computer bittet, nochmals zu spielen. Statt der Diskette sollte „die Kette“ in den Computer gesteckt werden und die Maus baumelte noch in der Falle, die Gotthold vom Speicher holte. Komische Missverständnisse mit den Beratern an der Telefonhotline, gemischt mit einer großen Portion Bauernschläue rundeten das köstliche kleine Theaterstück ab.

Lieder über die Dörfer
„Drr Mick“ (Klaus Kirchner) hatte Lieder über die Ortsteile mitgebracht, Sandberg, Waldberg und Sachmalwasser besang er, über Langenleiten wird er demnächst eines schreiben. Bei der „Perle der Rhön – Saand“ stand Brigitte Meyerdierks gemeinsam singend mit ihm auf der Bühne, den Refrain sang das Publikum aus voller Kehle mit. Da Mick in seinem Lied über Waldberg das Loachkraut besungen hatte, fühlte sich Martin Raab verpflichtet, „bevor mich jetzt hunnerd Läud donoch froche“, zu erklären, was es mit dieser kulinarischen Spezialität auf sich hat. Jedoch versuchen wird es keiner können, „denn doss ässe mir sälwer“! Im letzten Lied des Abends von „Owanning“ ging es ums Wasser. „Wasser, Wasser für alle Läud, Wasser, Wasser schöpfe mir häud“, wurde bei verdunkelter Bühne gesungen. Edmund Bühner begleitete Martin Raab (Gesang und Akkordeon) auf dem Alphorn.

Brigitte Meyerdierks, im Alltag Bürgermeisterin von Bad Brückenau, begrüßte einige Ehrengäste. Der stellvertretende Bürgermeister von Sandberg Roland Bühner war gekommen, ebenso der stellvertretende Bürgermeister von Bad Brückenau Dieter Seban und die Geschäftsführerin vom Kloster Kreuzberg Angelika Samaruga.

Einen speziellen Gast holten Meyerdierks und Owanning sogar auf die Bühne. Steffie Kammermeier, Autorin und Regisseurin aus München, hatte einen Film über Dialekt in Rhön und Grabfeld gedreht, der zu Jahresbeginn im Bayerischen Fernsehen gezeigt worden war. Bei den Dreharbeiten hatte sie sich in die Gegend verliebt, erklärte Kammermeier und lachend „der Dialekt hier ist verrückt“. Sie appellierte an diejenigen, die die regionale Sprache noch sprechen, sie zu bewahren und weiterzugeben. Mit den Waldbergern verbindet sie mittlerweile eine gute Freundschaft. Für ihren Einsatz für den Dialekt und das Engagement beim Filmdreh dankte ihr Edmund Bühner mit emotionalen Worten.

Kostenlos aber nicht umsonst
Die Künstler spielten an diesem Abend ohne Gage, alle Helfer vor und hinter den Kulissen unterstützen mit ihrem Einsatz einen guten Zweck. Seit über 35 Jahren gibt es Behinderten-Skifreizeiten von der „Stiftung Sicherheit im Skisport“ SIS und den DSV-Skiwachtlern. Seit nunmehr 30 Jahren ist Martin Raab Leiter dieses Projektes, das jedes Jahr 100 geistig und körperlich beeinträchtigten Kindern eine unvergessliche Erlebniswoche im Schnee ermöglicht.

Kinder aus fast 30 Schulen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg aus sozial schwachen Verhältnissen nehmen an den SIS-Behinderten-Skifreizeiten in Siegsdorf teil. Martin Raab hatte eine kurze Präsentation mit Fotos der letzten Freizeiten vorbereitet und berichtete von den strahlenden Kinderaugen, die für die ehrenamtlich tätigen Helfer schöner als jedes Dankeschön seien. Für dieses Projekt werden die Eintrittsgelder verwendet und kommen direkt ohne Abzüge den Kindern zugute. (ara) +++

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