Etat dennoch verabschiedet

"Es ist eine Katastrophe": Nachtragshaushalt 13,2 Millionen Euro im Minus

Die Gewerbesteuern fehlen - Heringen (W.) hat massive finanzielle Probleme
Archivfoto: Dennis Schmelz

23.09.2017 / HERINGEN (W.) - Schweren Herzens, mit gewaltigen Bauchschmerzen hat die Heringer Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend den Nachtragshaushalt 2017 auf den Weg gebracht. Während SPD und CDU (13 Ja-Stimmen) dem Etat geschlossen ihren Segen erteilten, gaben vier GfH-Vertreter dem Zahlenwerk keine Chance. Elf Mandatsträger aus den Reihen von WGH und GfH enthielten sich ihrer Stimme.



Der Nachtragshaushalt wiegt schwer auf den Schultern der Stadt: Er wartet mit einem Defizit von rund 13,2 Millionen Euro auf. Und das, obwohl mächtig an der Gebührenschraube gedreht wurde. Schuld an der Misere tragen Gewerbesteuerrückzahlungen beziehungsweise -ausfälle. Im Ursprungshaushalt, der auf Anweisung der Kommunalaufsicht überarbeitet werden musste, hatte der Fehlbetrag bei 10,48 Millionen gelegen. Insgesamt hat sich ein exorbitanter Schuldenberg in Höhe von 102 Millionen Euro angehäuft.

„102 Millionen Schulden und ein Haushaltsdefizit von über 13 Millionen Euro lesen sich wie eine Katastrophe. Es ist eine Katastrophe!“, betonte Bürgermeister Daniel Iliev. „Wenn es kommt, dann knüppeldick“, meinte der Rathauschef mit Blick auf den Gewerbesteuereinbruch. Als größtes „Sorgenkind“ erachtet Iliev das Ganzjahresbad. „Die hohen Kosten fressen uns auf, da bin ich ehrlich.“ Die Ausgabepolitik der letzten Jahre falle der Stadt nun auf die Füße. Als Beispiele nannte er – neben dem Fritz-Kunze-Bad – Kraftwerkstraße, öffentliche Einrichtungen, Baumaßnahmen „in Dimension von Großstädten“ sowie „unnötige“ Rechtsstreite.

Der Sitzungsverlauf kam einer Abrechnung mit Ex-Bürgermeister Hans Ries (WGH) gleich. „Einer Person ist es gelungen, die Stadt innerhalb von zwölf Jahren völlig zu ruinieren“, untermauerte Eckhard Bock (CDU). „De facto sind wir pleite.“ Ute Marhold (WGH) konterte: „Wie ein Mantra wird hier wiederholt, dass wir und unser ehemaliger Rathauschef zu viel Geld ausgegeben hätten. Klar, hat es ein Schweine-Geld gekostet, Heringen schön zu machen.“

Alfred Rost warnte: „Wenn wir den Nachtragshaushalt heute Abend nicht beschließen, nehmen wir in Kauf, Schlüsselzuweisungen, Mittel aus dem Landesausgleichsstock und die kommunale Selbstverwaltung zu verlieren.“ Keinem Stadtverordneten werde es leichtfallen, dem Etat grünes Licht zu geben, warf er einen prüfenden Blick ins Rund.

Bei diesem Schuldenberg könne einem schwindelig werden, merkte Manfred Wenk (GfH) an. „Als Unternehmer hätte ich längst Insolvenz anmelden müssen.“ Über Jahre hinweg hätte Heringen mehr ausgegeben als eingenommen. „Dabei hat die Kommunalaufsicht untätig zugesehen“, unterstrich der Fraktionssprecher.

Mit dem Nachtragshaushalt läutet die Stadt Heringen einen rigiden Konsolidierungskurs ein, der mit Gebührenerhöhungen – sprich: Einschnitten für die Bürger – verbunden ist. Um Heringen zukünftig in die schwarzen Zahlen zu führen, hat Bürgermeister Daniel Iliev einen Plan, der von drei Pfeilern getragen wird: Kurzfristige Maßnahmen (Gebührenerhöhungen, Personalkostenreduzierung, Einsparungen durch Neuverträge im Energiebereich und auf dem Gebiet der investiven Maßnahmen). Mittelfristige Umsetzungen (Schaffung von Einsparpotentialen in städtischen Einrichtungen). Langfristige Auswirkungen (Haushaltsausgleich 2019). Es gelte, mit Realismus und Weitsicht voranzugehen. (Stefanie Harth) +++

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