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Weinanbau heute – Nachhaltigkeit in einem traditionsreichen Gewerbe


Fotos: Fotolia

16.08.2017 / REGION - Rheinhessen zählt als größtes Weinbaugebiet Deutschlands. Zusammen mit anderen wichtigen Rebflächen leistet diese besondere landwirtschaftliche Nutzung einen wichtigen Beitrag bei der Erhaltung der Kulturlandschaft und somit auch für den Tourismus. Auch in anderen Regionen Deutschlands spielt der Weinbau eine große Rolle. Eine nachhaltige Herangehensweise sorgt dafür, die Qualität zu sichern und langfristig mit der Natur im Einklang wirtschaften zu können.

Entlang des Rheins oder der Mosel wird hierzulande bereits seit über 2.000 Jahren Wein angebaut. Immer noch ist dieses Gewerbe geprägt von viel Handarbeit und Gespür für die Natur. Die oftmals steilen Hanglagen machen den Einsatz helfender Geräte und Maschinen häufig nicht möglich, tragen jedoch zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei. Wie kaum in einem anderen Bereich der Landwirtschaft ist die Ernte und das Ergebnis vom Können der Weinbauern abhängig. Ein ökologischer und nachhaltiger Umgang mit der Umwelt sichert hier das Überleben des arbeitsintensiven Gewerbes auch in der Zukunft.

Herausforderungen für die moderne Landwirtschaft



Einerseits bringt die Globalisierung einen größeren Konkurrenzdruck durch ausländische Produkte mit sich. Zusätzlich wachsen die Anforderungen durch den zunehmend spürbaren Klimawandel und die Ressourcenknappheit. Langanhaltende Dürre wirkt sich ebenso umfassend auf den Geschmack der Trauben aus wie ein verregneter Sommer.

Mit ihrem Handeln und verschiedenen Eingriffen ist es dann möglich, die Entwicklung der Ernte noch in einem gewissen Rahmen zu steuern oder zu beeinflussen. Doch auch hier wird heute mehr als noch vor einiger Zeit auf nachhaltige Maßnahmen geachtet. Dieser Gedanke zieht sich dabei durch alle Bereiche des Weinbaus:

• Ökologisch verträglicher Anbau
• Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen
• Regionale Vertriebspartner
• Sozialverträgliche Arbeitsplätze

Klasse statt Masse

Noch vor einigen Jahren war für viele Winzer das oberste Gebot, einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Bei der Züchtung neuer Rebsorten stand dabei häufig die höhere Ausbeute über der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Die Folge war ein massiver Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln, die sich langfristig negativ auf das ökologische Gleichgewicht auswirken. Der Druck hier mitzuziehen war groß, denn andernfalls drohten große Ernteeinbußen, wenn der Weinberg von Schädlingen heimgesucht wurde, oder das Klima Schimmel- und Pilzbildung begünstigte.

Inzwischen hat hier jedoch ein Wandel stattgefunden. Vorreiter wie Eduard Rebholz setzen schon lange auf mehr Nachhaltigkeit. Sowohl beim Anbau als auch bei der Arbeit im Keller wird versucht, das Erzeugnis durch so wenig wie möglich künstlichen Einfluss von außen zu verfälschen. Zusätze um beispielsweise die Süße des Weines zu verstärken sind seit jeher tabu. Um dennoch jedes Jahr – den widrigen Umständen zum Trotz – ein gutes Ergebnis zu erzielen gehört viel Wissen und Erfahrung beim Ausbau der Weine dazu. Und auch dann werden die Resultate noch ganz naturgemäß schwanken.

Dennoch wurden zugunsten der Qualität auch von offizieller Seite aus bestimmte Maßnahmen auf den Weg gebracht. So werden etwa Investitionen in Maßnahmen zum Schutz der Bodenerosion oder der Bau von Steinmauern als wichtiger Lebensraum vielfältiger Kleinlebewesen von Bund- und Länderseite aus gefördert.

Erhalt der regionalen Identität und Beitrag zum Tourismus

Gerade im Weinbau und bei der späteren Vermarktung des Ertrages spielt die regionale Identität eine wichtige Rolle. Traditionelle Sorten gilt es so an- und auszubauen, dass sie die charakteristischen Eigenschaften eines speziellen Landstrichs widerspiegeln. Jedes Jahr stellen das unbeständige Klima und der zur Verfügung stehende Boden die Winzer vor eine neue riesige Aufgabe.

Die Weinberge prägen noch deutlicher als andere landwirtschaftlich genutzte Flächen unsere Heimat. Die über Jahrhunderte entstandene Kulturlandschaft zieht dabei verschiedene Vorteile aus den begrünten Hängen. Die wichtigsten Punkte hierbei sind wohl der Erosionsschutz bei den oftmals steilen Lagen an den Hügeln. Die spezielle Anbauform bietet zudem Unterschlupf und Lebensraum für eine große Zahl unterschiedlicher Tiere.

Der Weinbau ist mit einer Vielzahl an kulturellen Traditionen und Bräuchen verbunden, die ebenfalls fest mit der regionalen Identität verknüpft sind. Nicht nur die Weinberge selbst, auch Weinfeste, Wanderwege oder Verkostungen wirken als großer Anziehungspunkt für Touristen. Somit leisten die Winzer nicht nur durch die Landschaftspflege, sondern durch ihr gesamtes Engagement einen wichtigen Beitrag zur regionalen Wirtschaft.

Nachhaltigkeit im Weinbau – Was bedeutet das?

Das Thema Nachhaltigkeit zielt auch beim Weinbau auf mehr als nur umweltverträgliche Anbaumaßnahmen ab. Insgesamt sind drei unterschiedliche Teilbereiche von Bedeutung:
  
• Ökologie: Hier werden Aspekte wie der sparsame Umgang mit Ressourcen wie Wasser oder Energie genauso berücksichtigt, wie der Schutz und Erhalt des Bodengefüges. Zu letzterem gehört unter anderem die Vermeidung unnötiger Emissionen wie beispielsweise hohe Konzentrationen von Nitrat. Pflanzenschutz- und Düngemittel sollten möglichst wenig auf das ökologische Gleichgewicht einwirken. Des weiteren fallen Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität unter diesen Punkt. Vermeidung von Gentechnik und regionale Vertriebsstrukturen sind ebenfalls ein wichtiges Kriterium.

• Ökonomie: Zum nachhaltigen Wirtschaften gehört es jedoch auch, dass die Winzer von ihrer geleisteten Arbeit leben können. Maßnahmen zur Verbesserung der Vertriebsstrukturen, Einsparpotentiale bei Verbrauchsmaterialien oder Energiegewinnung aus nachhaltigen Quellen sind Beispiele dafür. Eine geschickte Positionierung auf dem Markt, das Ausarbeiten und Hervorheben spezifischer Stärken kann ebenfalls für einen sicheren Absatz der Produkte sorgen. Darüber hinaus gilt es, den Betrieb zukunftssicher zu gestalten. Investitionen in neue Reben, die Entwicklung neuer Sorten oder auch eine Risikoabsicherung gegen Ernteausfälle müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

• Sozialaspekt: Der Weinbau ist vor allem zur Erntezeit auf den Einsatz einer großen Zahl zusätzlicher Hilfskräfte angewiesen. Der Umgang mit Saisonkräften, aber auch die passende Strukturierung des Betriebes im Rest des Jahres kann hier nachhaltig ausgerichtet sein und allen Beteiligten ein faires und sicheres Einkommen verschaffen.

Der Weinbau nimmt im Rahmen der Landwirtschafte dabei eine besondere Stellung ein, da er Flächen beansprucht, die sonst nicht in anderer Weise genutzt werden könnten. Er ist über Jahrhunderte gewachsen und zu einem festen Bestandteil der jeweiligen Region geworden. Deshalb ist es wichtig, den Fortbestand der Branche durch nachhaltige Bewirtschaftung zu sichern.

Nachhaltiger Weinbau mit wachsendem Marktanteil

Die Nachfrage nach Bio-Zertifikaten und nachhaltiger Produktion ist auch bei Weinen immer mehr zu beobachten. Ähnlich wie in der Landwirtschaft stellen immer mehr Winzer ihre Produktion von konventionellem auf ökologischen Anbau um. Auch hier darf das Prädikat erst nach einer gewissen Übergangszeit genutzt werden. Mit den Investitionen muss deshalb immer in Vorleistung gegangen werden. Oftmals ist zudem wieder ein höherer Arbeitsaufwand notwendig, um dieselben Erträge zu erzielen.

Da sich nachhaltig angebauter Wein geschmacklich nicht von herkömmlich Produziertem unterscheidet, gehört eine gewisse Überzeugung der Winzer dazu, sich für diesen Weg zu entscheiden. Dennoch können die Mehrkosten nach einer gewissen Zeit durch die Verwendung eines entsprechenden Labels auch an den Konsumenten weitergegeben werden. Viele sind inzwischen bereit für ein Produkt, das nachhaltig hergestellt wurde und beispielsweise auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet, mehr Geld zu bezahlen.

Wichtig ist hierbei, den nachhaltigen Gedanken überzeugend nach außen zu tragen und zu kommunizieren. Gerade die Verknüpfung mit dem Tourismus kann hier helfen, das eigene Produkt bekannter zu machen und Einblick in die jeweiligen Produktionsbedingungen zu gewähren. Auf diese Weise wird auch die Kundschaft sensibilisiert und vertrauter mit dem ungeheuren Arbeitsaufwand, der die Branche immer noch kennzeichnet.

In einigen Weinregionen Deutschlands gibt es gezielte Kooperationen der Tourismusverbände mit den Winzern, um die jeweilige Kulturlandschaft noch attraktiver für Besucher zu machen. So können neben dem Gastgewerbe auch andere ansässige Unternehmen von Touristen profitieren. Zudem setzen einige Betriebe auch vermehrt auf eigene Angebote, die weit über die üblichen Weinverkostungen hinausgehen. Geführte Wanderungen durch die Anbauflächen oder Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Weingut schaffen neue Möglichkeiten, einen Einblick in die kulturellen Besonderheiten einer Region zu erlangen. +++

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