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Innovationsagenda 2025: Deutschland soll mehr in Erfindungen investieren

Innovationen benötigen Kapital. Die Rahmenbedingungen für Investitionen sollen durch eine Agenda künftig bessergestellt werden
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15.08.2017 / REGION - Für seinen Erfindergeist war Deutschland lange Zeit weithin bekannt und wurde beneidet. Der wirtschaftliche Motor brummte unter anderem stets so gut, weil schlaue Köpfe immer wieder neue innovative Produkte und Konzepte ersannen. Wirtschaftsminister Gabriel setzt auch jetzt wieder auf die Geisteskraft der Deutschen und will für Investitionen in Bildung und Forschung künftig bessere Rahmenbedingungen schaffen.



Verschiedene Erfindungen aus unserem Land haben die Gesellschaft weltweit nachhaltig verändert. Gutenbergs Buchdruck, der erste Motorwagen von Carl Benz oder Konrad Zuses erster Computer Z3 – ohne diese Innovationen ist das heutige Leben inzwischen nicht mehr denkbar. Daneben hatten Neuerungen und Erfindungen auch immer einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft. Um Deutschland für die Zukunft zu rüsten und die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt weiter in die richtige Richtung zu bringen, hat Sigmar Gabriel (SPD) sich die Innovationsagenda 2025 ausgedacht.

Mit diesem großangelegten Konzept will er Investitionen in die wirtschaftliche Zukunft stärker unterstützen. In den verschiedensten Bereichen sollen die Weichen gestellt werden, dass private Geldgeber künftig weniger zurückhaltend agieren.

Symposium mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft

Im Januar hatte Gabriel dazu Experten aus unterschiedlichen Ländern zu einem Symposium eingeladen. In Berlin trafen sich insgesamt zehn Vertreter aus den verschiedensten Bereichen. Gabriel legte zu Beginn die Marschrichtung fest. „Sparen, Schulden tilgen, kein Risiko eingehen“ – dieses Konzept hat für ihn keine Zukunftsfähigkeit, wenn es darum geht, die Wirtschaft weiter anzukurbeln. „Damit schaffen wir (…) keine nachhaltigen Impulse für Wachstum und Beschäftigung“, so der Minister.

Unter anderem hielt Kent Walker, Senior Vice President und General Counsel bei Google von den Inovationspotenzialen der digitalen Wirtschaft. Beim Gespräch mit den Experten ging es dann um konkrete Ansatzpunkte für notwendige Investitionen.

Vernetzung von privatem und öffentlichem Sektor

Mariana Mazzucato, italienisch-amerikanische Professorin für Innovationsökonomie aus Rom merkte beim Symposium an, dass Deutschland sehr wohl über eine gute Forschungsinfrastruktur verfüge. Allerdings ist diese hierzulande noch unzureichend mit der Wirtschaft verknüpft. Beide Gebiete könnten durch gezielte Zusammenarbeit noch viel stärker voneinander profitieren.

Der Impuls dafür kann am sinnvollsten durch die öffentliche Hand gesteuert werden, so Mazzucato. Der private und der öffentliche Sektor können gemeinsam durch Investitionen in spezifische Bereiche effektiv an der Lösung verschiedener Probleme arbeiten. Dabei werden auch immer wieder Innovationen angestoßen.

Susanne Hahn vom Zukuftslabor der Daimler AG betonte die Wichtigkeit einer gut ausgebauten Forschungsinfrastruktur zusammen mit den dafür nötigen Geldgebern. Dies sorge dafür, dass schlaue Köpfe aus Deutschland auch hier arbeiten können und die Innovationen im eigenen Land entwickelt werden können. Auch nach außen wirken entsprechend gute Bedingungen dann als Anziehungspunkt für Fachkräfte und Investoren aus aller Welt.

Erfindungen und Patente als Spiegel des Innovationsvermögens

Deutschland ist immer noch an vorderster Spitze in Europa was die Patentanmeldungen betrifft. Rund 16 Prozent der Patente wurde an deutsche Tüftler oder Unternehmen und Forschungseinrichtungen vergeben. Auf Platz zwei und drei liegen Frankreich und die Schweiz mit sieben und fünf Prozent.

Allerdings legen die anderen Länder ein deutlich höheres Tempo vor, um diesen Vorsprung in Zukunft schrumpfen zu lassen. Die Zuwachsrate bei den deutschen Patentanmeldungen betrug zuletzt nur 1,1 Prozent. Belgien hingegen konnte sich auf sieben Prozent steigern, Italien auf 4,5 Prozent. Die größte Konkurrenz stellt jedoch die Konkurrenz aus Asien dar.

Hier scheint sich die Kopierkultur langsam zu wandeln und es werden verstärkt auch eigene Innovationen entwickelt und zum Patent angemeldet. China trumpft dabei mit einer Zuwachsrate von 24,8 Prozent auf.

Patente helfen dabei, die Rechte an neuen Innovationen zu schützen und von den Investitionen schlussendlich auch profitieren zu können. Dabei müssen einerseits verschiedene Kriterien erfüllt werden, andererseits soll ein umfangreiches Regelwerk dafür sorgen, dass die Erfindung auf dem Markt vor Plagiaten geschützt werden kann. Sowohl das nationale als auch das europäische Patentamt und die entsprechenden Stellen in weiteren Ländern arbeiten dabei zusammen.

Diese Absicherung spielt eine wichtige Rolle für den wirtschaftlichen Profit, der selbstverständlich hinter den Investitionen in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte oder Technologien steckt. Wenn Innovationen nicht ausreichend vor Nachahmung geschützt werden können, wird es schwierig werden, künftig Geldgeber für weitere Projekte zu gewinnen.

Wirtschaftsmotor Kreativität

„Kreativität ist die menschliche Eigenschaft, die wir nicht hoch genug einschätzen können“, sagte der stellvertretende rheinland-pfälzische Ministerpräsident Volker Wissing auf dem Innovationskongress des Microsoft Forums in Berlin Ende Juni. „Eine Fähigkeit, die viele Menschen in Deutschland haben und die unabdingbar für unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ist“, so Wissing in seiner Keynote.

Auch bei dieser Veranstaltung blieb am Ende ein ganz deutliches Fazit: Nicht nur für große Industrieunternehmen, die bei den Patentanmeldungen weit vorne liegen, auch für kleine und mittelständische Unternehmen stellt die Innovationskraft eine gute Möglichkeit dar, die Marktposition auch in der Zukunft sicherzustellen.

Investitionen seien hier vor allem auch bei der Bildung notwendig. Um den Innovationsgeist zu stärken sollte dabei bereits in den Schulen begonnen werden. Neben den wichtigen MINT-Qualifikationen sei es auch wichtig, eine Gründerkultur zu etablieren und die Jüngsten mit den Möglichkeiten in diesem Bereich vertraut zu machen, so Wissing.

In den letzten Jahren hat sich die hiesige Start-Up-Kultur zu einer Wachstumsbranche gemausert. Eine Studie des Regionalmanagements Berlin Südwest (RMSW) zeigte, dass vor allem Start-Ups, die mit akademischer Unterstützung ins Rennen gingen zur positiven Entwicklung der Wirtschaft beigetragen haben. Über 700 Unternehmen wurden dabei befragt. Es zeigte sich, dass sie dabei rund 17.000 neue Arbeitsplätze schaffen und einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro erwirtschaften konnten.

Deutschland auch bei Investitionen bereits Spitzenreiter

Der Innovationsanzeiger der EU-Kommission, der regelmäßig die Forschungs- und Innovationsleistung der einzelnen Länder untersucht zeigt, dass Deutschland auch hier an vorderster Stelle steht. Neben Schweden, Dänemark, Finnland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich besteht hierzulande die größte Innovationskraft.

Dabei wird vor allem in die digitale Infrastruktur, Schulung und Ausbildung im digitalen Bereich investiert. Gerade hier sehen viele großes Innovationspotential. Insgesamt bleibt Europa jedoch immer noch weit hinter anderen Länder zurück. International betrachtet wird hierzulande nur ein Bruchteil dessen in Innovationen gesteckt, wie dies beispielsweise in Kanada, den USA oder auch in Südkorea oder Japan der Fall ist.

Rückläufig waren in der letzten Zeit jedoch Investitionen im Bereich des Risikokapitals. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen scheinen das Marktpotential von Innovationen noch nicht so richtig erkannt zu haben. Gründe für die Zurückhaltung ist oftmals Unsicherheit. Die unsichere politische Lage durch den Brexit, die Wahl Trumps als US-Präsident, aber auch der akute Fachkräftemangel wirken für viele Investoren als unberechenbare Kriterien.

Innovation braucht Kapital

Innovationen brauchen einerseits Zeit, um etwa bis zur Marktreife entwickelt zu werden oder auch um sich dann entsprechend etablieren zu können. Dabei profitieren gerade kleine Unternehmen oder Start-Ups noch nicht im selben Umfang von finanzieller Unterstützung wie etwa große etablierte Industriekonzerne. Diese werden einerseits steuerlich begünstigt und hätten weniger Probleme Investoren zu finden.

In diesem Bereich ist eine stärkere Zusammenarbeit notwendig. Denn die etablierten Marktgrößen können durch die Kooperation mit kleinen innovativen Start-Ups selbst profitieren. In anderen Ländern funktioniert dies bereits viel besser als in Deutschland.

„Trägheit wäre Gift für die Zukunft der deutschen Wirtschaft“, sagte Sigmar Gabriel zu seiner geplanten Innovationsagenda 2025. Investitionen seien der Schlüssel für eine gesunde Weiterentwicklung und müssen künftig bessere Rahmenbedingungen bekommen. Mit seinem Projekt will er die Weichen stellen, um die Innovationskultur auf solide Beine zu stellen damit sie weiterhin als Zugpferd unserer Wirtschaft wirken kann. +++

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