700 Jahre Wippershain

Buntes Markttreiben im alten Ortskern rund um die 3. Straße / 9. Straße


Fotos: Gudrun Schmidl

22.05.2017 / SCHENKLENGSFELD - Wippershain – das Dorf mit Aussicht bis zur Wasserkuppe hat einiges zu bieten, ganz besonders zu seinem 700. Dorfjubiläum. Das Festwochenende mit dem grandiosen, ausverkauften Konzert der Dorfrocker am Freitag, dem Festkommers am Samstag und dem Markttag am Sonntag, zu dem die Besucher aus allen Himmelsrichtungen strömten, wurde am Freitag rund um das Festzelt nach sintflutartigem Regen fast zur Schlammschlacht, dafür wurden der Festausschuss, alle Einwohner und Gäste am Samstag und Sonntag mit strahlendem Sonnenschein verwöhnt.



Los ging das bunte Markttreiben um 10.00 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche, die nach dem 30-jährigen Krieg 1680 wieder aufgebaut und anschließend 1783 restauriert wurde und seit Sonntag von zwei eigens zum Dorfjubiläum angefertigten Quilts, an den Emporen hängend, geschmückt wird.
Es war die Idee von Barbara Leister, aus jedem Haushalt ein Stück Stoff zu erbitten. Gemeinsam mit weiteren helfenden, geschickten Händen gestaltete sie die Quilts mit Stoffquadraten aus 80 Jahre alter Bettwäsche mit Monogramm, Paradekissen, Tischdecken, Kopftüchern, Schürzen und vielen verschiedenen Stoffen mehr, die Geschichten erzählen und in ihrer Gesamtheit sehr kostbar sind.

Das stellte Pfarrerin Imke Leipold in den Mittelpunkt des Festgottesdienstes, der von dem Posaunenchor Erdmannrode und Gerhard Krems an der Drehorgel musikalisch gestaltet wurde. Der „Werkelmann“, so nennt man einen Drehorgelspieler in seiner Heimat, ist aus enger Verbundenheit mit Wippershain eigens aus Niederösterreich angereist. Er ist der Sohn von „Klees Martha“, einer Wippershainerin, die einen Österreicher geheiratet hat. Viele seiner Sommerferien verbrachte er bei der Verwandtschaft in dem osthessischen Dorf, seine Streiche sind unvergessen.

Die Gottesdienstbesucher und alle, die inzwischen an der Kirche warteten, verfolgten die offizielle Markteröffnung mit dem Spielmannszug Eiterfeld-Arzell. Anschließend boten die 14 Kinder des evangelischen Kindergartens und ihre Erzieherinnen mit ihrem Singspiel „Die Vogelhochzeit“, begleitet von Hessen-Helmut an der Drehorgel, was besonders Niedliches für alle Sinne. Nach dem gelungenen Auftritt füllten sich die Straßen, die keine Namen haben, dafür aus Nummern bestehen. Dafür gibt es einen Grund. Vor der Gebietsreform war Wippershain politisch eigenständig und besaß auch „normale“ Straßennamen. Das änderte sich mit der Eingemeindung in die Großgemeinde Schenklengsfeld. Weil die Wippershainer ihren Ortsnamen im Adressfeld behalten wollten, mussten die kürzeren Straßenbezeichnungen her. So wurde zum Beispiel aus „Wippershain Hersfelder Str. 5“ die „Wippershain 12. Str. 5“.

Die Straßen mit Nummern waren festlich geschmückt, am Straßenrand oder auf angrenzenden, kreativen Höfen lockten viele interessante Verkaufsstände mit „Handgemachtem“ aus Holz, Weiden, Häkelgarn, Stoffen und aus „Ausgedientem“. Alte Handwerkskünste zeigten zum Beispiel Rechenmacher aus Mecklar, ein Schmied war vor Ort, ebenso wurde vorgeführt, wie am Spinnrad Wolle gesponnen wird oder Körbe in Handarbeit geflochten werden. Eine witzige Idee war der „Rötkäppchenstand“ der Wippershainer Turnerfrauen. Während die Oma schlief, Rotkäppchen an ihrem Bett wachte, wurde an der Theke Rotkäppchensekt – mit Wippershainer Jubiläumsemblem – ausgeschenkt. Für die Kinder gab es zur Belustigung allerlei Material rund um das beliebte Märchen.

Die Kinder hatten auf jeden Fall viel Spaß. Ob beim Bogenschießen, beim Kettcarfahren, bei einer Fahrt in der Kutsche oder beim Kamelreiten. Ein Besuch bei der Kälberaufzucht Berlet lohnte, die einen Blick in den Stall gewährte. Hühner und Tauben gab es an anderer Stelle zu bestaunen. Der Kindergarten, der Kapazitäten frei hat und Kinder ab 2 Jahre aufnimmt, ist ein kleines Paradies für die Kinder selbst und für junge Eltern, die dringend einen Kindergartenplatz suchen. Er hatte an diesem Tag für alle Interessierten seine Tür geöffnet.

Kulinarisch wurde alles geboten, was an einem solchen Tag erwartet wird. „Der Laden“ mit Restaurant und Biergarten hatte selbstverständlich geöffnet und geschickt platziert konnte man an jeder Straßenecke – so auch an der Ecke 3. Straße/9. Straße – Hunger und Durst stillen. Bestenfalls mit musikalischer Unterhaltung, denn der Spielmannszug Eiterfeld-Arzell zog durch die Straßen und formierte sich immer wieder für Platzkonzerte vor schmucken Fachwerkhäusern, gepflegten Gärten
und fröhlichen Besuchern aus nah und fern.

Die Wippershainer sind bekannt für ihre Eigenständigkeit und Kreativität. Bei der Vorbereitung ihres Dorfjubiläums haben sie zudem Engagement und ein gutes Gespür bewiesen. Mit einer großen gemeinsamen Silvesterfeier sind sie in ihr Jubiläumsjahr gestartet. Eröffnet wurde bereits im Januar ein Erzählcafé im „Poarhuss“, das bereits neun Mal zum Erzählen, Verweilen, Erinnern, zum kulinarischen Genuss mit Schlachtekohl und Heringssalat oder zur Mottoparty „60er Jahre“ einlud. Die Räumlichkeiten waren auch eine beliebte Anlaufstelle beim Markttag, denn hier gab es nicht nur einen Einblick in Wohnräume aus drei verschiedenen Jahrzehnten, sondern auch viele Fotos aus der Vergangenheit mit hohem Erinnerungswert zu bestaunen.

Fazit: Wippershain wurde im Jahre 1317 als „Wyprechteshain“ erstmals erwähnt und präsentierte sich 700 Jahre später als lebenswertes Dorf mit Aussicht und Weitblick. Einen weiten Blick über das Jubiläumsdorf und darüber hinaus konnten ganz Mutige auch aus luftiger Höhe bei Hubschrauberflügen genießen. (Gudrun Schmidl) +++











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