"Priester- , aber auch Gläubigermangel"

Kritik im Dekanatsrat in Richtung Würzburg - Herbstvollversammlung in Bad Neustadt

Dekan Dr. Andreas Krefft sprach in der Herbstvollversammlung des Dekanatsrates über die Grundorientierungen der Pastoral der Zukunft
Fotos: Marion Eckert

24.10.2016 / BAD NEUSTADT - In der Herbstvollversammlung des Dekanatsrates Bad Neustadt stand das Thema "Pastoral der Zukunft" mit den Grundorientierungen "Communio" (Gemeinschaft erfahren), "Missio" (Räume entdecken) und "Creatio" (Projekte entwickeln)  sowie dem Schwerpunkt, wie Gemeindeleitung künftig vor Ort aussehen könnte, im Mittelpunkt der Diskussionen.



Zunächst gaben Heinz Manger und Hildegard Schiebe einen kurzen Überblick über die Herbstvollversammlung des Diözesanrats, die am vorigen Wochenende in Würzburg stattfand. Vorgestellt wurden dort zwei Modelle zur zukünftigen Gemeindeleitung. Ein Vorschlag sieht vor, dass ein Team von ehrenamtlich engagierten Personen gemeinsam Verantwortung und Leitung in ihrer Gemeinde übernehmen, die Teil eines größeren pastoralen Raums ist. Im zweiten Modell sollen Hauptamtliche (Gemeinde- oder Pastoralreferenten, Sozialpädagogen) mit dem Pfarrer ein Leitungsteam bilden. Kritik übte Hildegard Schiebe, da das Votum des Diözesanrates, das in einer außerordentlichen Vollversammlung am 2. Juli 2016 bei der Herbstvollversammlung stattfand, gar nicht erst zur Sprache kam. In dem Votum ging es unter anderem um Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Menschen vor Ort. "Unsere Arbeit wird totgeschwiegen. Von einem Sprechen auf Augenhöhe ist das weit entfernt", so Schiebe.

Ein Schlüsselsatz des vergangenen Wochenendes - der ihr eindringlich im Gedächtnis blieb - stammt vom Theologen Karl Rahner: "Jeder Getaufte ist ein geweihter Seelsorger." Schiebe weiter: "Das ist unsere Grundvoraussetzung für unsere Entscheidungen." Es dürfe nicht beiseite geschoben, sondern müsse ernst genommen werden. Doch stellte sie die Fragen: "Sind Pfarrer überhaupt Leitungsteamfähig? Können Sie abgeben? Haben Sie es gelernt und würden sie es lernen?" Denn nach geltendem Kirchenrecht habe letztlich der Pfarrer beziehungsweise Bischof doch das letzte Wort. Für Hildegard Schiebe ist das Hauptproblem im derzeitigen Prozess im Bistum Würzburg mangelnde Kommunikation, unter anderem sei auch daher vom Diözesanrat eine Diözesansynode angeregt worden.

Dekan Dr. Andreas Krefft oblag es, den Mitgliedern des Dekanatsrates die Grundorientierungen der Pastoral der Zukunft "Communio", "Missio" und "Creatio" vorzustellen. Leidenschaftlich und voller Engagement zeigte er anhand verschiedener persönlicher Erlebnisse auf, in welcher Vielfalt es Kirche und Gemeindeleben heute schon gebe. Die Voraussetzungen seien überall andere, schon zwischen Bad Neustadt und den Pfarreien in der Rhön. "Communio", das seien die bekannten und vertrauten Orte, Räume und Veranstaltungen, die Kirche vor Ort, das Gemeindehaus, die Gottesdienste, Andachten und Prozessionen, alles was "schon immer" vorhanden sei. Bei "Missio", da gehe es um das Entdecken neuer Räume, um den Aufbruch, um sich vom Leben und Glauben überraschen zu lassen. "Auf den Weg machen und den vertrauten Raum verlassen, zu den Menschen gehen und das Christsein zeigen", fasst es Dekan Dr. Krefft zusammen. "Creatio" - hier gehe es um die kreative Entwicklung von neuen Dingen, was aber letztlich nur gemeinsam gelingen werde.

Den Titel der aktuellen Berichterstattung über ein Gespräch mit Bischof Friedhelm Hofmann "Neuordnung wegen Priestermangel" kritisierte Dekan Krefft. "Wir haben Priestermangel, aber wir haben auch Gläubigenmangel." Vor diesem Hintergrund sei das Thema von künftiger Gemeindeleitung durch Ehrenamtliche zu betrachten. So sprach sich Dekan Krefft für die freiwillige Zusammenarbeit von Pfarreiengemeinschaften aus, wie es in Bischofsheim, Oberelsbach und mit den Walddörfern nun angedacht sei. Ähnliche Überlegungen gebe es auch in Bad Neustadt und Umgebung. Natürlich sei im Rahmen des Kirchenrechtes, der Pfarrer der Leiter einer Pfarrei, doch jede Gemeinde, egal wie klein sie auch sei, müsse Ansprechpartner und engagierte Menschen vor Ort haben, die zumindest wissen wo der nächste Pfarrer beziehungsweise Seelsorger zu erreichen sei.

Christian Klug, Dekanatsreferent, wollte hören, ob die Menschen sich freuen, endlich auch in der Gemeindeleitung aktiv werden zu können, oder ob die Bedenken überwiegen. In der Diskussion wurde sehr schnell deutlich, dass sich die Menschen überfordert und nicht vorbereitet fühlen. Dass der Wille zum Engagement zwar vorhanden, aber zugleich große Unsicherheiten herrschen über das was möglich und machbar ist. Außerdem seien nur noch knapp 7 Prozent der Kirchensteuerzahler Gottesdienstbesucher, machte Dr. Thorsten Kapperer aufmerksam. "93 Prozent ist es egal was wir uns überlegen, sie nehmen es nicht an." Höchstens wenn es in die augenblickliche Lebenssituation passe, eine Taufe oder Beerdigung anstehe. (Marion Eckert) +++

Dr. Andreas Krefft

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