Vor dem Saisonstart gegen Dortmund

Luchse-Trainer LÖRSCH im Interview - "Können sich auf junge Wilde freuen"

Arno Lörsch geht in seine zweite Saison als Trainer der Luchse Lauterbach ....
Fotos (4): Tobias Herrling

29.09.2016 / EISHOCKEY - Es wird wieder heiß auf dem Eis: die Eishockey-Cracks der Lauterbacher Luchse starten am Sonntag (18 Uhr) in die neue Spielzeit der Regionalliga West gegen die Eisadler Dortmund. Im Sommer hat sich bei den Vogelsbergern einiges getan. Grund genug für ON|Sport, sich mit Trainer Arno Lörsch über den Kader, Saisonziel und das weitere Konzept der Lauterbacher Luchse zu unterhalten.


ON|Sport: Herr Lörsch, als wir uns im letzten Jahr unterhielten, sagten Sie, sie wollen ein abwechslungsreiches, interessantes und physisches Eishockey in Lauterbach spielen lassen. Inwieweit hat die Mannschaft in der letzten Runde, die ja sehr erfolgreich verlaufen ist, Ihre Vorstellungen bereits umgesetzt?

Arno Lörsch: Ich denke, ein abwechslungsreiches und intensives Eishockey haben wir sicherlich geboten. Der physische Faktor kam ein bisschen zu kurz, weil die Spieler der Mannschaft, die ich letztes Jahr übernommen habe, nicht wirklich aus dem physischen Bereich kommen. Spieler wie Benni Schulz oder Jens Feuerweil sind eher technisch versierte Spieler und in dieser Liga kannst du selten beides haben. Da musste ich mich mit meinen Ansprüchen reduzieren. In diesem Jahr haben wir aber bei der Verpflichtung der neuen Spieler schon darauf geachtet, dass eine physische Komponente mitkommt. Sie wird vielleicht nicht die dominante Rolle spielen in diesem Jahr, aber sie wird mit dabei sein.

ON|Sport: Sie haben im letzten Jahr des Öfteren bemängelt, dass Ihre Mannschaft „in ihren alten Trott“ falle. War das, neben der Integration der neuen Spieler, ein Hauptaugenmerk in der Vorbereitung, diese Situationen künftig zu vermeiden?


Arno Lörsch: Auf jeden Fall. Wenn du immer wieder in alte Muster zurückfällst, dann passiert es dir, dass du in gewissen Punkten im Spiel nicht die Fitness, nicht die Bereitschaft hast, die du brauchst, um 60 Minuten ein hohes Tempo zu gehen. Wir haben aber zudem unser System geändert, gerade im Offensivbereich. Und im Defensivbereich haben wir ein bisschen korrigiert. Das lässt eigentlich gar nicht zu, dass die Jungs in alte Muster verfallen.

ON|Sport: Was heißt das konkret? Wie soll Ihre Mannschaft in diesem Jahr spielen?

Arno Lörsch: Wir werden ein „2-1-2“ spielen. Also ein deutlich aggressiveres Forechecking spielen und den Gegner viel früher in der eigenen Zone so unter Druck setzen, dass wir versuchen, ihm Raum und Zeit zu nehmen für die erste gute Entscheidung. Das haben wir im letzten Jahr nicht so gemacht, weil wir im personellen Bereich dafür die Spieler gar nicht hatten. In der Vorbereitung haben wir das in jedem Spiel auch gespielt und etabliert. Kinderkrankheit des Systems ist aber, dass wir neben einer relativ hohen Torausbeute auch viele Gegentore kassieren. Aber in der Vorbereitung kannst du nicht alles haben. Wir haben zuletzt verstärkt am Defensivkonzept gearbeitet und sind auf einem guten Weg. Mit der Umsetzung bin ich zufrieden.

ON|Sport. Am Sonntag geht es mit dem Heimspiel gegen die Eisadler Dortmund mit der neuen Spielzeit los. Aus der letzten Runde kennt man sich eigentlich bestens. Wie schätzen Sie die Eisadler in diesem Jahr ein?

Arno Lörsch: Schwierig. Dortmund hat zwölf Abgänge, darunter einige namhafte. Im Gegenzug setzt man auch ein bisschen auf die junge Karte und hat aus dem eigenen Nachwuchs einiges hochgezogen. Bis auf Christian Gose haben sie auf spektakuläre Neuzugänge verzichtet. Ich denke, sie werden schwer zu bespielen sein und auch über das Tempo kommen. Zudem haben sie einen neuen Trainer und eine andere Philosophie. Aber ich halte es wie immer: wir werden uns nicht nach dem Gegner richten und unser Spiel durchziehen. Was beim ersten Spiel immer hinzukommt, ist der Faktor Nervosität. Da hat die Heimmannschaft naturgemäß immer mehr Probleme.

ON|Sport: Im Sommer gab es doch einige Veränderung im Kader. Viele Leistungsträger sind geblieben, einige Spieler haben sich verabschiedet. Neue, talentierte sind zu den Luchsen gestoßen. Ist Ihre Mannschaft stärker als im letzten Jahr?

Arno Lörsch: Ich glaube, dass wir den Kader insgesamt tiefer aufgestellt haben. Nicht breiter durch mehr Masse, sondern tiefer durch mehr Qualität. Wir haben drei Sturmreihen, die nahezu alle auf dem gleichen Niveau spielen. Es hat sich insgesamt einiges entwickelt, weil die Qualität eben da ist. Aber wir sind quantitativ nicht mehr so aufgestellt, deswegen lauert natürlich die Gefahr von Verletzungen, die uns möglicherweise zurückwerfen könnten.

ON|Sport. Die Runde startet mit einem Heimspiel. Der Zuschauerschnitt im letzten Jahr lag bei etwa 500, 600 Fans – ein guter Wert. Auf was dürfen sich die Zuschauer im Luchsbau in diesem Jahr freuen?

Arno Lörsch: Sie können sich auf junge Wilde freuen. Wir betreiben ja auch so ein bisschen „Jugend forscht“. Die Zaungäste beim Training haben schon gestaunt, wie schnell die Jungs sind. Das ist ja auch die Würze beim Eishockey. Es ist die schnellste Mannschaftssportart der Welt und wenn du Spieler hast, die das umsetzen, dann ist das schon ein Aspekt, bei dem der Zuschauer sagt: „Oh ja, das gefällt mir gut“.

ON|Sport. Thema „Jugend forscht“: Am Montag wurde die Kooperation mit den Frankfurter Löwen offiziell bestätigt. Inwieweit passt diese Zusammenarbeit zum Konzept der Luchse und was erhoffen Sie sich als Trainer durch diese Kooperation?

Arno Lörsch: Zunächst einmal bestätigt das unser Konzept als Verein. Wir wollen mit jungen Spielern und nicht mit – ich nenne es mal salopp – abgehalfterten Spielern arbeiten. Wir wollen den jungen Spielern eine Perspektive bieten, dass es über die Regionalliga vielleicht in die nächste Liga geht. Bei uns bekommt jeder zum ersten Mal viel Eiszeit im Erwachsenen-Eishockey. Das ist ein großer Unterschied zwischen der DNL als höchste Nachwuchsliga und dem Seniorenbereich. Ich als Trainer erwarte mir diesbezüglich mehr Freiheiten hinsichtlich der Breite, wie wir uns aufstellen. Wir haben vier bis sechs Spieler im Fokus, die den Kader breiter machen wollen. Wie tief sie ihn von der Qualität machen, hängt von ihnen ab, wie sie sich in ihren Vereinen und bei uns entwickeln und wie oft sie eben auch zum Zug kommen.

ON|Sport: Diese Nachwuchskräfte betreiben einen enormen Aufwand, verbringen viele Stunden auf der Autobahn und absolvieren mindestens zwei Spiele an einem Wochenende. Haben Sie keine Bedenken, dass diese Faktoren die Spieler hindern könnten, bei den Luchsen ihre Leistung abrufen zu können?

Arno Lörsch: Wenn man in die Spitze will, muss man außergewöhnliche Dinge tun. Dazu zählt in erster Linie die Investition von Zeit und Geduld. Jedes Jahr scheiden etwa 60 bis 70 Spieler aus der DNL aus. Wer dann den nächsten Schritt schaffen will, der muss vorher diese Zeit und diesen Aufwand betreiben. Die Jungs sind 18 oder 19, die stehen sportlich gesehen in ihrem Hochleistungsalter. Die haben eine ganz kurze Regenerationszeit und können jeden Tag ihren 'Speed' gehen. Wenn der Spieler aber nicht bereit ist, diesen Schritt zu gehen, wird er es nicht packen. Aus der DNL2 in die Oberliga zu gehen, ist unmöglich. Er muss den Schritt über die Regionalliga machen und hoffen, dass er einen Kooperationspartner findet, der ihm die Zeit und Spielpraxis gibt, dass er Fehler machen kann und lernen kann.

ON|Sport: Sie gehen in Ihre zweite Saison bei den Lauterbacher Luchsen. Das Konzept, das verfolgt wird, ist klar zu erkennen. Welche Ziele sollen denn in Lauterbach mittel- bis langfristig erreicht werden?

Arno Lörsch: Ich habe letztes Jahr dem Verein gesagt: „Lass‘ uns mal in der Regionalliga eine Basis bilden, auf der wir uns einen Namen machen. Regionalliga ohne Luchse – das gibt es nicht.“ Zudem soll es immer das Ziel sein, unter die ersten sechs zu kommen. Wenn denn dann einmal – und diese Überlegungen gibt es – eine Oberliga Mitte kommen sollte, dann muss das das nächste Ziel sein. Aber das muss nicht nur sportlich erreicht werden, sondern auch wirtschaftlich und strukturell. Unser Ziel ist es daher zunächst, in der Regionalliga eine feste Größe zu werden. Wenn das erfolgreich war, muss man sich hinsetzen und fragen: „Was kann der Verein? Was will der Verein?“ Und dann gibt es zwei Möglichkeiten: wir schreiben uns weiter auf die Fahne, junge Spieler zu entwickeln. Dann haben wir einen Ausbildungsauftrag. Oder wir wollen uns aber mit Höherem messen.

ON|Sport: Werfen wir einen Blick auf die Liga in dieser Saison. Die hat sich in ihrer Zusammensetzung verändert und wird – gerade in der Breite - als wesentlich stärker eingeschätzt. Als Ziel wurde, wie im letzten Jahr, das Erreichen der Zwischenrunde ausgerufen. Das dürfte in dieser Saison schwieriger werden, oder?

Arno Lörsch: Definitiv. Letztes Jahr war es für mich überraschend einfach, sechster zu werden. Es war ja selten daran zu zweifeln, dass wir das überhaupt erreichen. Das wird dieses Jahr nicht so sein. Es sind Mannschaften dazu gekommen, die ganz andere Möglichkeiten haben. Wenn es schlecht läuft und du Verletzte oder Gesperrte hast, kann es ein, dass es über die „Ehrenrunde“ (Sprich als Erster oder Zweiter in den Play-Downs, Anm. d. Red.) gehen kann. Das wäre sehr schade. Aber auch das gehört zu einer Entwicklung dazu, weil du nicht jedes Jahr auf einem Niveau spielen kannst. Nach den ersten zehn Spielen wird sich zeigen, wo die Reise hingeht.

ON|Sport: Abschließende Frage: es ist eine Kooperation mit dem Fußball-Hessenligisten Borussia Fulda angedacht. Was muss man sich darunter vorstellen?

Arno Lörsch: Es war schon lange geplant, auf einen größeren Verein zuzugehen und abzuklopfen, inwieweit eine Zusammenarbeit möglich ist. Fulda ist dann vorletzte Woche auf uns zugekommen und hat angeboten, über eine generelle Partnerschaft nachzudenken. Sebastian Möller (Sportmanager Borussia Fulda, Anm.d.Red.) hat sich dann mit unserem Vorstand getroffen und uns zum letzten Heimspiel gegen Steinbach eingeladen. Da sind dann einige Ideen entstanden, beispielsweise gemeinsame Fanartikel oder das Ticketing gemeinsam zu machen. Es soll ein regelmäßiger Austausch stattfinden. Aber was sich daraus genau entwickelt, das werden die Vorstände miteinander besprechen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lörsch! (Tobias Herrling) +++

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